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Pflegeheim-Insolvenzen Convivo-Häuser finden neue Betreiber

Der Betrieb von mehr als 15 Pflegeheimen in Bremen ist derzeit allein mit verschiedenen Mitteln des Insolvenzrechtes sichergestellt. Für die Häuser der Convivo-Gruppe zeichnet sich aber eine Lösung ab.
20.03.2023, 13:39 Uhr
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Convivo-Häuser finden neue Betreiber
Von Timo Thalmann

Über 1000 vollstationäre Pflegeplätze in Bremen sind aktuell von Sanierungsverfahren betroffen, die mit den Mitteln des Insolvenzrechtes stattfinden. Davon zählen etwa 600 zu der bereits seit Januar laufenden Insolvenz der Convivo-Firmengruppe. Weitere 400 kommen jetzt durch die Hansa-Gruppe hinzu. Das Oldenburger Unternehmen mit seinen 23 Häusern – davon sechs in Bremen und zwei in Bremerhaven – hat am 9. März beim zuständigen Insolvenzgericht ein Schutzschirmverfahren beantragt.

Damit soll eine Sanierung unter Federführung der bisherigen Geschäftsführung möglich werden. Unter Aufsicht des Gerichts können dabei dennoch die Möglichkeiten des Insolvenzrechtes genutzt werden. Ziel sei es, bis Ende 2023 zu einer „schwarzen Null“ zurückkehren, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Hansa hat dafür die Anwaltskanzlei Schultze und Braun als Berater engagiert. Die bundesweit tätige Großkanzlei mit mehreren Hundert Mitarbeitern ist auf Insolvenzverwaltung und Beratung im Sanierungs- und Insolvenzrecht spezialisiert.

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Anders die Convivo-Insolvenz: Statt einer Sanierung aus eigener Kraft stand hier von Beginn an die Suche nach neuen Betreibern für die betroffenen Pflegeeinrichtungen und Wohnanlagen im Fokus. Bislang hat sich offenbar kein Investor gefunden, der die von der Insolvenz betroffenen rund 60 Standorte – davon alleine zehn in Bremen – insgesamt übernehmen will. Dem Vernehmen nach hat das Sozialressort bei dem Vorgang zudem darauf gedrungen, dass die Alloheim-Gruppe möglichst nicht zum Zuge kommt. Das Unternehmen gilt nach Angaben von Reinhard Leopold vom Pflegeschutzbund Biva in der Branche als "besonders verschrien", gegen jede Auflage oder Anordnung einer Aufsichtsbehörde unmittelbar juristisch vorzugehen. Gleichzeitig gebe es gehäufte Berichte über Missstände.

Aber es zeichnet sich eine Vielzahl von Detail-Lösungen ab. Denn der Insolvenzverwalter hat jetzt mitgeteilt, dass der Betrieb aller Bremer Standorte über den 30. März hinaus sichergestellt sei. Nach diesem Datum endet die erste Insolvenzphase. Ab dann zahlt das Arbeitsamt kein Insolvenzgeld mehr an die Mitarbeiter, sodass die Lohnkosten wieder vollständig bei Convivo liegen.

Demnach wird es unmittelbar ab 1. April Übernahmen jeweils einzelner oder auch mehrerer Standorte durch diverse neue Betreiber geben oder die Verhandlungen sind so weit gediehen, dass der Insolvenzverwalter im Laufe des Aprils mit entsprechenden rechtswirksamen Vereinbarungen rechnet. Dritte denkbare Variante: Der Insolvenzverwalter sieht ausreichend Verfügungsmasse, um den Weiterbetrieb inklusive der Ende April fällig werdenden Gehälter aus eigenen Mitteln zu finanzieren, weil neue Investoren zu einem späteren Zeitpunkt einsteigen. "Zu Details oder Zeitplanungen für einzelne Standorte werden wir uns zu gegebener Zeit äußern, wenn Lösungen feststehen und alle offenen Fragen geklärt sind", heißt es in einer Mitteilung. Für die Bewohner ist das in jedem Fall die gute Nachricht, weiterhin in der gewählten Einrichtung bleiben zu können.

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Berücksichtigt man neben Convivo und Hansa noch die Insolvenz der hauptsächlich in Berlin und Brandenburg tätigen Curata Care mit 36 Pflegeheimen sind in diesem Jahr bereits drei große Betreiber in Schieflage geraten, die bundesweit zusammen knapp 12.000 stationäre Pflegeplätze verantworten. Als Gründe werden dabei stets die gleichen Faktoren genannt: Wegen des Fachkräfte-, aber auch generell des Personalmangels ist es für Pflegeeinrichtungen in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, die Einrichtungen hoch genug auszulasten, denn wegen der vorgeschriebenen Personalschlüssel bestimmen Qualifikation und Zahl des Personals die mögliche Belegung.

Kalkuliert werden die Pflegesätze durch die Pflegekassen für eine durchschnittliche Auslastung der Häuser von 95 Prozent, die in der Praxis kaum mehr erreicht werde. Nach der Corona-Pandemie ist diese Quote inzwischen deutschlandweit auf unter 90 Prozent gesunken. Freiwerdende Betten werden aufgrund des Personalmangels nicht wieder belegt. Und selbst diese geringere Auslastung wird inzwischen teurer bezahlt: Die Hansa-Gruppe verweist etwa auf den extrem "kostenintensiven Einsatz von Zeitarbeitenden", die gegenüber der Stammbelegschaft das doppelte bis dreifache kosteten. Hinzugekommen seien allgemeine Preissteigerungen und die gestiegenen Personalkosten aufgrund des Tariftreuegesetzes.

„Über einen gewissen Zeitraum sind solche Auswirkungen zu verkraften. Seit der Corona-Pandemie reiht sich allerdings Krise an Krise. Eine solche Kombination aus externen Herausforderungen war und ist auch für ein vorsichtig planendes Unternehmen über einen Zeitraum von mehreren Jahren nicht durchzuhalten“, lassen sich die Hansa-Geschäftsführer Steffen Krakhardt, Ralf Winstroth und Frank Lutter in einer Firmenmitteilung zitieren.

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