Wer Geburtstag hat, dem gratuliert man. Diese alte Regel gilt auch in der Raumfahrt. Und so schüttelte Jim Bridenstine am Montag viele Hände. 60 Jahre ist immerhin auch ein runder Geburtstag. Da wollen viele ihre Glückwünsche ausrichten; die Gratulationen kommen aus den USA, aus Deutschland, sogar aus Japan und China. Nur, sie galten nicht Bridenstine persönlich, sondern seinem Arbeitgeber. Bridenstine ist Chef der amerikanischen Raumfahrtagentur Nasa. Und die hat am 1. Oktober 1958 ihre Arbeit offiziell aufgenommen.
Bis heute hat die Nasa die Raumfahrt geprägt. Sie hat für Glück gesorgt, aber auch für Unglücke; sie war Vor- und Feindbild. Denn vor 60 Jahren war die Raumfahrt vor allem ein Machtbeweis im Kalten Krieg. Höher, schneller, weiter wurde zur Zielsetzung zweier konkurrierender politischer Systeme. Doch an diese Zeiten will an diesem Montag niemand erinnern.
Im Gegenteil: Einträchtig sitzen da die Chefs der Nasa, der chinesischen Raumfahrtagentur CNSA, ein Vertreter der russischen Behörde Roskosmos und der europäischen Raumfahrtagentur Esa beim International Astronautical Congress in Bremen auf der Bühne. Ihr Thema: Wie können wir jeden in die Raumfahrt einbeziehen?
Die Antwort klingt einfach: Zusammenarbeit. Ein Beispiel gibt Bridenstine mit dem Projekt The Gateway, einer Raumstation, die in naher Zukunft um den Mond kreisen soll. Die Station habe eine offene Architektur. Das heiße, „wir wollen alle daran beteiligen", sagt der Nasa-Chef. Es sei geplant, mit der Hilfe von internationalen Partnern und der Industrie die Möglichkeit zu schaffen, regelmäßig und nachhaltig von der Erde zum Erdtrabanten zu reisen. „Wir werden zum Mond fliegen; und wir werden dort bleiben“, sagt Bridenstine. Für Hilfe von außen sei man dabei offen.
Damit meint der Nasa-Chef auch die Unterstützung von Staaten, mit denen man auf der Erde nicht immer die besten Beziehungen habe. „Wir haben manchmal Interessen, die nicht übereinstimmen“, sagt Bridenstine etwa über das diplomatische Verhältnis mit Russland. Gleichzeitig arbeitete man aber als Partner zusammen auf der Internationalen Raumstation ISS.
China plant eigene Raumstation
Gelingt im All nun das, was auf der Erde gerade zerbröckelt? Sind politische Animositäten also ein Problem der Erde, die mehrere Hundert Kilometer von der Oberfläche entfernt nur Worthülsen sind? Auf den ersten Blick ja. Denn auch China, das noch in diesem Jahr eine Mission auf den Weg bringen will, um auf der Rückseite des Mondes zu landen, plane mit internationalen Kooperationen.
„Wir freuen uns, eine Weltraumgesellschaft mit dem Rest der Welt zu bilden“, sagt CNSA-Vorsitzender Zhang Kejian. Auf der Erde haben China und die USA hingegen gegenseitig hohe Strafzölle verhängt. Tatsächlich ist das All zwar ein luft-, aber kein politikleerer Raum. So plant China etwa eine eigene Raumstation, die 2025 fertig sein soll.
An der ISS darf sich der asiatische Staat nicht beteiligen, weil das gegen US-Gesetze verstoßen würde. Gleichzeitig arbeitet China daran, seine militärische Präsenz im Weltall auszubauen: 2007 schoss die chinesische Armee erfolgreich einen eigenen, ausgemusterten Satelliten ab. Vor wenigen Jahren haben chinesische Hacker erfolgreich einen amerikanischen Wettersatelliten angegriffen und über Tage außer Gefecht gesetzt.
In der Welt, besonders aber in den USA, die seit Jahrzehnten die führende Kraft im Weltall sind, löst das Ängste aus. Unter der Führung von Präsident Donald Trump hat das Land nun Gegenmaßnahmen ergriffen. Die sogenannte Space Force soll ein offizieller Teil der US-Streitkräfte werden. „Wir müssen die amerikanische Vorherrschaft im Weltraum haben“, lautete Trumps Begründung. „Wir wollen nicht, dass China und Russland und andere Länder uns führen. Wir haben immer geführt.“
Bridenstine betont hingegen, dass die Nasa als nicht-militärische Organisation gegründet worden sei. „Der Weltraum ist für friedliche Zwecke“, sagt der 43-Jährige. Das heiße aber nicht, dass er die Space-Force-Pläne ablehne. Sie hätten nur nichts mit der Nasa zu tun. Versöhnlichere Töne kommen derweil von Jan Wörner. Der Chef der Esa, die 22 Mitgliedsländer aus ganz Europa hat, ist der Meinung, dass sich „irdische Probleme überbrücken lassen“. Esa-Astronauten würden beispielsweise Chinesisch lernen.