Der Vorstandschef von Mercedes, Ola Källenius, warnt davor, angesichts des Kriegs in der Ukraine überstürzt auf russische Energie zu verzichten. Es sei richtig, mit Bedacht vorzugehen, wenn es um die Energieversorgung gehe. "Ich stehe voll und ganz hinter der Politik der Regierung", sagte Källenius beim Bremer Unternehmerforum an diesem Donnerstag. Diese handle "absolut logisch und rational".
Es sei dagegen der größte Fehler in diesem Konflikt, sich in dieser Phase selbst mehr zu schwächen. Die Aggression Russlands könne man nur begrenzen, wenn man selbst stark bleibe. Sein Eindruck sei, dass Deutschland "mit höchstmöglicher Geschwindigkeit" daran arbeite, sich aus der Abhängigkeit von Russland zu befreien. Dabei dürfe aber nicht übereilt vorgegangen werden. Es gehe darum, das Land bestmöglich zu schützen.
Källenius machte die möglichen Auswirkungen eines plötzlichen Ausstiegs am Bremer Werk von Mercedes deutlich. Dort sei für die Lackierung der Fahrzeuge Gas zum Heizen notwendig. Sollte Gas nicht mehr zur Verfügung stehen, dann gehe es nicht nur um etwas weniger Gewinn für Mercedes. "Dann steht das ganze Werk, und die Wirtschaftsleistung ist null", sagte Källenius. Das habe zugleich Folgen für alle Zulieferer in der Region. "Dann ist hier die Hölle los."
Källenius sprach als Gast bei der Veranstaltung der Unternehmensverbände im Lande Bremen. Das Unternehmerforum im Parkhotel stand unter der Überschrift "Nachhaltig und digital – die Zukunft der Automobilindustrie". In seinem Vortrag lobte Källenius das Netzwerk in Bremen, hier gebe es den richtigen Unternehmergeist. Sollte hier jedoch etwas erodieren, dann schade das der Attraktivität des Standorts: "Das Gerüst drumherum ist unglaublich wichtig."
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Mercedes-Chef berichtet von großer Unsicherheit
Gibt es noch eine Normalität, wo mitten in Europa doch Krieg herrscht? Das fragte Marc Beise, Leiter der Wirtschaftsredaktion der "Süddeutschen Zeitung", Källenius im Gespräch. "Nein, es ist nichts normal", sagte der Manager. "Aber gleichzeitig versuchen wir, mit kühlem Kopf unser Geschäft aufrechtzuerhalten." Seit zwei Jahren sei man bereits im "Taskforce-Modus" – nun komme noch der Krieg dazu. Die Unsicherheit sei groß.

Ola Källenius zeigte sich in Bremen mit Blick auf die Elektromobilität optimistisch. Vielleicht sei es gar nicht verkehrt, nicht als Erster auf der Party gewesen zu sein, sagte er mit Verweis auf Tesla: "Dann hast du für den Höhepunkt der Party noch Energie übrig."
Optimistisch zeigte sich Källenius, dass die Elektromobilität an Fahrt gewinnt. "Jetzt hat der Überholvorgang begonnen", sagte er zur Produktion in Bremen. Eine Evolution reiche bei diesem Technologiewandel nicht aus: "Es ist eine Revolution." Bis zum Ende der Dekade will Mercedes eine vollelektrische Flotte haben. Wo die Märkte soweit sind, heißt es dazu einschränkend.
Vor einigen Jahren seien die deutschen Autohersteller mit dem Elektroauto noch zu "rational" umgegangen, konstatierte der Vorstandschef, während in Kalifornien schon an "sexy" Fahrzeugen gearbeitet worden sei. Im Jahr 2015 habe es mit Blick auf Teslas Autos aber einen Sinneswandel gegeben: "Da haben wir angefangen, den Hebel umzulegen." Vielleicht sei es gar nicht verkehrt, nicht als Erster auf der Party gewesen zu sein: "Dann hast du für den Höhepunkt der Party noch Energie übrig."