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Erfahrungsberichte aus Bremen Parken? Kein Problem! Handwerker entdecken Lastenräder für sich

Lastenräder sind stark im Kommen. Seit einiger Zeit entdecken auch Handwerker und Zulieferbetriebe ihre Vorteile. Wir haben mit Unternehmern aus Bremen gesprochen, die nicht mehr (nur) aufs Auto setzen..
30.05.2023, 05:00 Uhr
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Parken? Kein Problem! Handwerker entdecken Lastenräder für sich
Von Jürgen Hinrichs

Die Schleifmaschine ist enorm schwer, bestimmt 50 Kilo oder mehr. Unmöglich, sie allein aufs Rad zu heben, dafür braucht Stefan Peters' Hilfe, auch später beim Abladen. Passen tut‘s aber schon, die Fläche reicht aus, und manövrierfähig ist das Lastenrad auch noch, kein Problem. Peters kann damit sogar rückwärtsfahren, was sehr praktisch ist. Er hat außerdem ein Dach über dem Kopf, sitzt quasi in einer Fahrerkabine. Der Antrieb elektrisch, sonst wär‘s bei einem maximalen Zuladegewicht von 160 Kilogramm nicht zu schaffen. Die Muskeln hat keiner, jedenfalls nicht für eine längere Strecke. Ein Mobil, kurzum, mit allen Schikanen. Ein Transporter. Braucht Peters dafür einen Führerschein? „Nein“, sagt er, „das ist doch ein Fahrrad.“ Immer noch ein Rad also, aber eines mit vier Rädern und für den professionellen Gebrauch.

Peters, 61 Jahre alt, ist Parkettleger. Er hat in der Bremer Überseestadt einen kleinen Betrieb, „Holz und Wein“, wobei der Weinvertrieb in den Kisten, die dekorativ aus Holzresten gefertigt sind, mehr ein Zubrot ist, „ein Gag für die Werbung“, sagt der Unternehmer. Kein Gag, überhaupt nicht, sondern voller Ernst ist bei ihm der Ansatz, mit Lastenrädern zu arbeiten. „Den Rest hat mir damals der Dieselskandal gegeben, darüber habe ich mich tierisch geärgert“, erzählt Peters. Ganz kann er zwar nicht auf seine Fahrzeuge verzichten, weil zum Beispiel 50 Quadratmeter Parkett dann doch zu viel wären, um mit dem Rad durch die Stadt gefahren zu werden, zwei seiner Autos hat Peters aber abgeschafft und sie durch Lastenräder ersetzt.

Sie sind zu viert, den Chef mitgerechnet. Einer seiner Kollegen hat keinen Führerschein, „für ihn ist das mit den Lastenrädern natürlich besonders vorteilhaft“. Für die anderen nicht immer, wenn das Wetter schlecht ist oder der Wagen fehlt, um zwischendurch gemütlich Pause zu machen. Dafür gebe es mit den Rädern vor allem im engen Bremer Viertel ein unschlagbares Plus: Kein Problem, einen Parkplatz zu finden.

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„Meine Mitarbeiter müssen schon auch Lust haben, mit dem Rad unterwegs zu sein, und das haben sie in der Regel“, sagt Peters. Sind die Baustellen im niedersächsischen Umland, wird das Auto genommen. Dann bleiben die E-Cargobikes auf dem Hof, stehen nutzlos herum. Was tun damit?

Aus dieser Frage entstand die Idee verschiedener Lastrad-Enthusiasten in der Stadt, für das Handwerk einen Verleih zu organisieren. „Wir wollen ein Konzept erarbeiten und uns damit bei der Stadt um Fördergelder bewerben“, erklärt Peters. Am Ende solle eine App stehen, als Vehikel im Netz für den Verleih der Räder.

Die Handwerkskammer begrüßt solche Initiativen. „Das ist ein Thema, mit dem wir uns befassen“, sagt Oliver Kriebel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. Lastenräder seien für die Betriebe der richtige Trend und könnten Schule machen. Noch scheint das aber nicht so zu sein. Als die Kammer vor ein paar Wochen zusammen mit der Umweltorganisation BUND eine Informationsveranstaltung zu Lastenrädern anbot, musste sie mangels Anmeldungen abgesagt werden. Nach der Sommerpause soll ein neuer Anlauf unternommen werden.    

Kleinteile in den Innenstädten mit einem 7,5-Tonner auszuliefern, ist weder nachhaltig noch wirtschaftlich.
Selim Ben Aissa, Geschäftsführer der City Log GmbH 

Die Haustechnik-Firma Hurtzig im Gete-Viertel muss nicht mehr überzeugt werden. Sie benutzt das gleiche Lastenrad wie Parkettleger Peters. „Das hat sich bewährt“, sagt Hurtzig-Geschäftsführer Arnd Knüfer. Eine schöne Sache, witzig, meint er, „und sie kommt gut bei den Leuten an“. Das Gros der Lieferungen werde aber weiterhin mit Autos erledigt.

Auf einem ganz anderen Level mit Lastenrädern unterwegs ist die City Log GmbH, ein Tochterunternehmen des Bremer Großhandelsunternehmens Cordes & Graefe. Es fährt in verschiedenen deutschen Städten und demnächst auch in Wien Ware des Haustechnik-Giganten zu den Baustellen. Nach Angaben von City-Log-Geschäftsführer Selim Ben Aissa schickt er jeden Tag knapp 60 Lastenräder los, sechs davon in Bremen. Cordes & Graefe hatte seine Entscheidung für die Lastenräder so erklärt: „Kleinteile in den Innenstädten mit einem 7,5-Tonner auszuliefern, ist weder nachhaltig noch wirtschaftlich.“

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