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Wohnen und Arbeiten "Produktive Stadt": Wie Bremen neue Quartiere entwickeln will

Die jahrzehntelange Trennung von Wohnen und Arbeiten sei überholt: Bremen will zukünftig stärker auf gemischte Quartiere setzen. Was hinter dem Konzept der "Neuen Orte der produktiven Stadt" steckt.
24.03.2023, 05:00 Uhr
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Von Felix Wendler

Die Arbeitsstätte in der Innenstadt, das Wohnhaus am Stadtrand: Noch immer gehört das innerstädtische Pendeln für viele Menschen zum Alltag. Die Zukunft, so der Wunsch der Bremer Stadtplaner, wird überwiegend anders aussehen. "Die in den vergangenen Jahrzehnten erfolgte Trennung in Wohn- und Schlafstätten einerseits und reine Gewerbegebiete andererseits hat sich nicht bewährt", sagt Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke). Gemeinsam mit dem Haus von Bau- und Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) hat Vogts Ressort Ideen entwickelt, wie sich vorhandene Flächen verstärkt zu gemischten Quartieren entwickeln lassen. Das Konzept trägt den Titel "Neue Orte der produktiven Stadt". Konkret geht es darum, den begrenzten Platz im wachsenden Bremen optimal zu nutzen. Auch angesichts der klimapolitischen Ziele müsse die Bestandsentwicklung intensiver vorangetrieben werden. 

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Wie sollen die neuen Quartiere aussehen?

Die Trennung von Wohnen und gewerblicher Nutzung führe "zu einem hohen Verkehrsaufkommen und langfristig zu einem Verlust der Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit der Stadt", heißt es in dem Bericht. Stattdessen soll sich die Stadtentwicklung zukünftig am Leitbild der produktiven Orte orientieren. An diesen Orten, so das Ziel, "findet Arbeit in hoher räumlicher Nähe, Dichte und Vernetzung untereinander sowie zum Wohnen, zu Bildung, zu Kultur, Versorgung und Freizeitgestaltung (...) statt". Von dieser Strategie versprechen sich die Planer einen wirtschaftlichen Effekt: Arbeitsplätze könnten geschaffen und gesichert, der Standort Bremen gestärkt werden. "Das Konzept trägt damit auch zur finanziellen Stabilisierung des Haushaltes Bremens bei", heißt es weiter.

Welche Beispiele gibt es in Bremen?

Ein Musterbeispiel ist das Tabakquartier in Woltmershausen, in dem die Mischnutzung intensiv vorangetrieben wird. Auf dem Areal der früheren Tabakfabrik entsteht Wohnraum, Gewerbe, Kultur und Gastronomie, das 700-Millionen-Projekt soll 2025 abgeschlossen sein. Im Strategiepapier werden darüber hinaus neun weitere Projekte in verschiedenen Stadtteilen genannt, die den Anforderungen der "Produktiven Stadt" entsprächen. Dazu zählen zum Beispiel die Flächen der Alten Süßwarenfabrik, von Könecke/Coca-Cola und der Silberwarenfabrik in Hemelingen. Auch das brachliegende Hachez-Gelände steht auf der Liste: Im Januar hatte die Baudeputation einen Bebauungsplan auf den Weg gebracht, mit dem das 1,7 Hektar große Areal in der Neustadt neu entwickelt werden kann. Die Entwicklungen auf der Überseeinsel, im Huchtinger Sodenmattquartier und im Vegesacker Steingut-Areal sind weitere Beispiele.

Welche Rolle spielt das Gewerbe?

Kreative und junge Start-Ups, Eventgastronomie, alternative Wohnformen: Die neuen Quartiere sollen zukunftsgewandt sein. Sie bieten "Raum für innovative Projekte, in denen sich ausprobiert und neue Wege aufgezeigt werden können". Damit, das wird in dem Konzept deutlich, ist aber keine reine Ansammlung von Tech- und Dienstleistungsfirmen gemeint. Dem produzierenden Gewerbe wird eine große Rolle beigemessen – wenngleich damit nicht die industrielle Produktion gemeint ist, die auf vielen der Areale früher stattgefunden hat. Vielmehr geht es um "Klein- und Kleinstunternehmen, die kleinteilig, individuell und kundennah produzieren". Als Beispiele der materiellen Produktion werden Mikrobrauereien und Manufakturen genannt. Handwerksbetriebe wie Schneidereien und Fahrradwerkstätten stehen ebenfalls auf der Liste. "Mit der Strategie holen wir neben Dienstleistungen künftig wieder verstärkt sowohl Gewerbe als auch urbane Produktion in die Quartiere zurück", sagt Vogt.

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Was sind die Grundvoraussetzungen?

Damit eine Fläche für diese Form der Quartiersentwicklung infrage kommt, muss sie laut Konzept verschiedene Bedingungen erfüllen. Voraussetzung ist zum Beispiel eine zentrale Lage, wenngleich dieser Aspekt nicht weiter definiert wird. Eine gute ÖPNV-Anbindung wird ebenfalls genannt, wobei diese auch "perspektivisch" sein könne – so ist es zum Beispiel im Tabakquartier, das bislang nur begrenzt durch den Nahverkehr erschlossen ist. Auch das Gewerbe müsse verkehrlich erschließbar sein, heißt es. Eine ausreichende digitale Infrastruktur (Breitbandinternet, Mobilfunkabdeckung) wird ebenfalls aufgeführt.

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