Als es in Corona-Zeiten schwer wurde für sein kleines Restaurant, erweiterte "Toscanini"-Betreiber Jon Hatellari seine Außengastronomie. Zu den zehn bis zwölf Plätzen auf der Terrasse am Eingang kamen noch einmal zwölf Plätze auf einer Parkplatzfläche direkt vor dem Restaurant dazu. Ein Parkplatz weniger an der Wachmannstraße in Schwachhausen – aber für Hatellari ein wichtiger Zugewinn. Der Gastronom darf sich freuen. Die Regelung, die mit dem Ende der Pandemie-Beschränkungen eigentlich weggefallen ist, soll weiter existieren – wenn auch in abgeschwächter Form.
In den vergangenen drei Jahren galten für Gastronomen die erleichterten Bedingungen, wenn sie Außenflächen auf öffentlichem Grund nutzen wollten. Die Stadt verzichtete auf die obligatorischen Sondernutzungsgebühren, das Verfahren war vereinfacht – eine formlose E-Mail reichte, vollständige Lagepläne wurden nicht verlangt. "Jetzt gilt wieder das alte Verfahren mit vollständigen Bauvorlagen statt nur einem Foto", sagt Jens Tittmann, Sprecher des Bauressorts. Allerdings fügt er hinzu, die Behörde werde Anträge zur Nutzung von Parkplatzflächen "weiter wohlwollend" prüfen. "Wir kehren nicht zu den den vorherigen restriktiven Auslegungen zurück."
Nicht gerade euphorisch reagieren Anwohnervertreter auf die neue Perspektive. "Mit der Regelung der Außengastronomie während der Pandemie waren wir nicht sonderlich glücklich", sagt Werner Scharf von der Bürgerinitiative "Leben im Viertel". Einige Gastwirte hätten ihre neuen Freiheiten ausgenutzt. Natürlich habe er Verständnis für die prekäre Situation in der Gastronomie. "Aber die verschiedenen Interessen muss man vernünftig abwägen." Auf den Bürgersteigen müsse genügend Platz bleiben für Fußgänger. "Zu zweit nebeneinander zu flanieren darf nicht unmöglich sein", sagt Scharf. Ein weiterer Punkt: keine Ruhestörung zu nachtschlafender Zeit. Seien diese Forderungen erfüllt, sei nichts gegen Außengastronomie einzuwenden.
Behörde registriert immer mehr Anträge für Außengastronomie auf Parkplätzen
Zu Corona-Zeiten sind laut Scharf nur wenige Viertel-Parkplätze von Gastronomen in Beschlag genommen worden. Darunter ein Parkplatz, den die Werder-Kultkneipe "Eisen" mit Kunstrasen belegt hat. "Das hat dann eben einen Parkplatz gekostet, war aber okay", sagt Scharf. Aktuell würden keine Parkplätze für Außengastronomie genutzt. Das könnte sich aber schon bald ändern. Die Anträge gehen jetzt verstärkt bei der Behörde ein, das System fährt hoch. Wie viele Gastronomen ein Auge auf Parkplätze vor ihrer Haustür werfen werden, lässt sich nur schwer ermessen. Die Bremer Gastro-Gemeinschaft (BGG) wagt trotzdem einen Blick in die Glaskugel. "Wenn man zwei Jahre lang seine Fläche erweitert hat und es keine Probleme gab, dann stehen die Chancen gut, diese Fläche weiter nutzen zu können", sagt BGG-Vorsitzender Oliver Trey.
"Toscanini"-Betreiber Jon Hatellari weiß um die Vorteile: "Dadurch haben wir mehr Kunden und können mehr Umsatz machen, so sichern wir unser Überleben." Irgendwelche Beschwerden von Anwohnern sind ihm bisher nicht zu Ohren gekommen. "Zum Glück nicht", sagt Hatellari. Im Gegenteil, die Nachbarn seien froh über das erweiterte Angebot auf der früheren Parkfläche. "Viele Gäste wollen sogar immer auf dem Parkplatz sitzen."
Der BGG-Vorsitzende Trey hält die Rückkehr zu den vorherigen Bestimmungen grundsätzlich für legitim. "Das ist halt wieder so wie vorher", sagt er. Vernünftige Zeichnungen einzureichen und dafür womöglich auch Fachleute zu engagieren, "gehört faktisch zum Job dazu". Einen Wunsch bringt der BGG-Chef dennoch vor: "Generell wäre es schön, wenn die Stadt die Anträge schnell bearbeitet." Bislang habe die Bearbeitung bis zu drei Monate gedauert. Treys Hoffnungen könnten sich erfüllen, die Behörde verspricht mehr Tempo. In der Vorlage für die städtische Deputation heißt es, vollständig eingereichte Vorlagen für Außengastronomie auf öffentlichen Stellplatzflächen würden "zeitnah und wohlwollend geprüft".
Sind Parkplätze knapp, sinken die Aussichten auf gastronomische Nutzung
Weitere Digitalisierungen im Jahresverlauf sollen die Schlagzahl erhöhen. Zur Beschleunigung des Verfahrens können laut Behörde auch die Gastronomen selbst beitragen, indem sie das Antragsformular vollständig ausfüllen und einen aussagekräftigen Lageplan beifügen. Dieser soll wesentliche örtliche Gegebenheiten wie Fahrbahn, Fußweg, Radweg, Parkplatz und die geplante Möblierung mit Maßangaben enthalten. Der Antrag geht dann in die planungsrechtliche Prüfung unter Beteiligung des zuständigen Ortsamts. Ein Wörtchen mitzureden hat auch das Amt für Straßen und Verkehr (ASV), insbesondere wenn es um Außengastronomie auf Parkplätzen geht. Sind Parkplätze knapp, sinken die Aussichten auf gastronomische Nutzung.
Dass er seine Gäste auch weiter auf dem Parkplatz bewirten kann, hofft "Toscanini"-Gastronom Hatellari. Sein italienisches Restaurant kommt inklusive Außengastronomie auf 60 Plätze, jeweils maximal 30 befinden sich drinnen und draußen. Da kann der Verlust der Parkfläche eine empfindliche Einbuße bedeuten. Allerdings ist die Zusage einer "wohlwollenden Prüfung" kein Selbstläufer. "Bei Außengastronomie produziert man Lärm, die Nachbarn wollen aber auch ruhig schlafen können", sagt Ressortsprecher Tittmann.