Noch ist es nur ein Modell im Maßstab 1:10. Eine Plattform auf vier Beinen, die breiten Tellerfüße mit Goldfolie umwickelt. Die mit Kratern übersäte Mondoberfläche, auf der das Landegerät steht, ist eine Tapete. Seit Jahren bereits beschäftigen sich die Airbus-Ingenieure mit der Frage, wie ein "Lunar Lander" aussehen könnte – ein ferngesteuerter Roboter, den Europa aus eigenem Antrieb zum Mond schießen will. Auch für die Fachmesse "Space Tech Expo" haben sie das Modell wieder hervorgeholt und auf ihrem Stand aufgebaut. Nächste Woche gibt es eine neue Chance, das nötige Geld zusammenzubekommen.
Jedenfalls steht das Mondlandegerät auf der Wunschliste, die die Europäische Weltraumagentur Esa den zuständigen Ministern ihrer 22 Mitgliedsländer vorgelegt hat. Die treffen sich nächste Woche in Paris, um über das Budget für die kommenden drei Jahre zu beraten. Der "Lunar Lander" gilt dabei als Wackelkandidat; die Finanzierung ist nicht gesichert. Die Messe in Bremen bietet also die letzte Gelegenheit, noch einmal Werbung dafür zu machen.
Mehr als 500 Aussteller haben ihre Stände in den Messehallen auf der Bürgerweide aufgebaut – vom kleinen Zulieferer für Ventile und Sensoren bis zu den Branchengrößen Airbus, Ariane oder OHB. Die "Space Tech Expo" gilt als die größte Fachmesse für die Raumfahrtindustrie weltweit. Allerdings genießt sie eher den Ruf einer Geschäftsmesse, weniger als Forum für große Bekanntmachungen. "Die ,Space Tech Expo' ist nicht ganz so politisch ausgerichtet wie die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung ILA in Berlin oder der International Astronautical Congress IAC,", hat Bremens Raumfahrtkoordinator Siegfried Monser beobachtet. "Es ist in erster Linie Europas Treffpunkt für geschäftliche Entwicklungen in der Raumfahrt."
Verhandlungen sind Chefsache
Fraglich also, ob die politische Botschaft von Bremen bis Berlin durchdringt. Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke), die die Messe am Dienstag mit ihrem Grußwort eröffnete, hat es in den vergangenen Wochen zumindest versucht. Sie kam immerhin bis zum Bundeskanzler, der sich per Video zuschaltete, als sie ihre Wünsche vortrug: Vom Mondlandegerät bis zu störungssicheren Kommunikationssatelliten. Dass die Bundesregierung die Geldbörse dieses Mal nicht so weit aufreißen will wie vor drei Jahren bei der letzten Esa-Ministerratskonferenz, beunruhigt die Senatorin, muss aber noch nicht das letzte Wort sein. "2019 war das Budget auch zuerst schmaler", sagt Vogt. Mittlerweile deute sich an, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht nur seine Raumfahrtkoordinatorin Anna Christmann nach Paris schickt, sondern an einem der beiden Verhandlungstage selbst am Konferenztisch Platz nimmt. "Das werte ich als gutes Signal", sagt Vogt.
Für die Esa steht einiges auf dem Spiel. "Europa ist bereits eine große Raumfahrtmacht, kann aber noch besser werden", versichert Geraldine Naja, Esa-Direktorin für Kommerzialisierung, Industrie und Beschaffung. Sie trug auf der "Space Tech Expo" noch einmal die Wunschliste der Europäischen Weltraumagentur vor, die sich auf gut 18 Milliarden Euro für die nächsten drei Jahre summiert, vier Milliarden mehr als im laufenden Esa-Budget. Darin enthalten: eine Venus-Mission, die Fortsetzung der geplanten Mars-Erkundung ohne russische Beteiligung, eine neue Generation der "Copernicus"-Satelliten zur Erdbeobachtung, Wetter- und Navigationssatelliten, Breitband-Internet aus dem Weltall, ein "Abschleppfahrzeug" für Weltraumschrott. Und der Mondlander, der Europas Zugang zum Mond auch ohne fremde Hilfe sicherstellen soll. Aus dem Messemodell im Maßstab 1:10 soll endlich ein weltraumtaugliches Fluggerät werden.