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Bremer Innenstadt Umzüge und Leerstand: Sögestraße im Wandel

In der Sögestraße gibt es derzeit viel Bewegung. Die Telekom, Rituals und auch WMF ziehen hier aus oder haben das schon getan. Bremen will zukünftig auf weitere Pop-up-Stores setzen.
12.08.2021, 19:31 Uhr
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Umzüge und Leerstand: Sögestraße im Wandel
Von Lisa Schröder

Sommer in der Stadt. Am Donnerstag ist gut etwas los in der City. Menschen in Sandalen und leichter Kleidung schlendern die Einkaufsmeilen entlang. Viele Geschäfte locken mit Rabatten. Und für sein Publikum in der Sögestraße spielt der Straßenmusiker "Here comes the sun". Ein Moment der Leichtigkeit. "Little darling, it's been a long cold lonely winter", stimmt der Mann mit der Gitarre die Beatles an. "It's all right." 

Am vorderen Ende der Sögestraße, entlang von Karstadt, sieht es derzeit nicht danach aus, dass nach den Maßstäben einer Einkaufsstraße alles "all right" ist, in Ordnung. Die Telekom ist aus ihrem Laden ausgezogen. Die Werbung in Magenta verweist auf den Standort in der Lloydpassage: "Auch in Zukunft immer an Ihrer Seite." Ein Stück weiter kündigt WMF an: "Wir schließen! Alles muss raus!" Und Nachbar Rituals ist bereits weg. 

Leerstand ist nicht automatisch ein Problem. Die Sögestraße gehört zu Bremens Toplagen. In diesen Zeiten aber wissen alle Akteure, wie schwer es ist, nach einem Auszug Nachmieter zu finden. Eigentümer müssen sich laut Bremer Experten auf Mieteinbußen einstellen. Leerstand ist bereits ein Problem in der Stadt.

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Im Fall von Rituals gibt es allerdings gute Nachrichten. Die Kette für Körperpflegeartikel ist die Sögestraße ein Stück hinauf gezogen und hat sich dabei vergrößert. Und WMF, Hersteller von Küchenzubehör, will dem Vernehmen nach in Bremens Obernstraße oder Sögestraße bleiben. Ein Aufsteller kündet davon: "Goodbye Sögestraße 3/5! Bald finden Sie uns an neuer Adresse schöner und attraktiver!" Ende des Jahres schließt der Laden hier. Es soll bereits einen Nachmieter geben. Das ist vom Business Improvement District der Sögestraße zu hören.

Geschäfte prüfen ihre Lage und ihren Bedarf und versuchen, ihren Standort zu optimieren, wenn der Mietvertrag ausläuft.
Carolin Reuther, City-Initiative

Bewegungen in der Innenstadt, wie bei WMF und Rituals, könnte es nach Einschätzung von Carolin Reuther in den nächsten Wochen und Monaten noch weitere geben. "Geschäfte prüfen ihre Lage und ihren Bedarf und versuchen, ihren Standort zu optimieren, wenn der Mietvertrag ausläuft. Das können wir verstärkt erwarten", sagt die Geschäftsführerin der City-Initiative. Gerade ist auch der Schmuckhersteller Grüttert nach vielen Jahren aus der Sögestraße weggezogen, um einen neuen Standort in Bremen zu beziehen.

Anschub für die Innenstadt soll zudem von zusätzlichen Pop-up-Stores kommen. Weitere Wettbewerbe für "diverse Pop-up-Stores" werden derzeit geplant, teilt der Sprecher des Wirtschaftsressorts Christoph Sonnenberg mit. "Dabei geht es sowohl um weitere Angebote im Einzelhandelsbereich, als auch um einen Gastronomie-Pop-up-Store. Das ist ein neues Experiment, mit dem wir auch in diesem Segment neue und innovative Konzepte in die Innenstadt holen wollen." Bremen hat mit den Geschäften auf Zeit eine Lösung gefunden, um freie Flächen zu bespielen. Die Gewinner der Wettbewerbe können ihre Ideen für eine gewisse Dauer mietfrei ausprobieren.

Reuther begrüßt, dass Bremen den Weg der Pop-up-Stores weiter forcieren will. "Das ist ein ganz wichtiges Signal. Es schafft Perspektiven. Neuen Konzepten wird so der Start ermöglicht." Bremen könnte damit auch ein Alleinstellungsmerkmal gewinnen, wenn sich die Stadt zu einem Ort für neue Einzelhandels- oder Gastronomiekonzepte entwickle. Am Ende sei der Mix aus großen Filialisten und innovativen Angeboten wichtig.

Kritischer sieht dagegen Ingo Voigt den Ansatz. "Für mich ist das noch keine wirkliche Strategie", sagt der Immobilienexperte. In seinem Geschäft in der Sögestraße 1 sind im Schaufenster die Jalousien heruntergelassen. Dort präsentierte Voigts Unternehmen sonst Immobilien. Früher sei der Standort die beste Werbung gewesen. Doch es gebe Veränderungen. Voigt ist im Immobilienbereich für zwei Banken tätig, nutzt heute ein anderes Büro und wird sich vom Geschäft hier verabschieden. Der kleine Laden hängt mit dem der Telekom zusammen.

Voigt findet die Entwicklungen in der Innenstadt seit vielen Jahren bedenklich. "Wir haben ein ernsthaftes Problem", sagt er mit Blick auf Wegzüge und Leerstand. Zu lange habe die Politik gezögert, etwas zu unternehmen und die Rahmenbedingungen zu verbessern. "Wir haben eine schöne Innenstadt", sagt Voigt. Doch er hofft auf neue und mutigere Lösungen für die Zukunft des Zentrums. Vielleicht könne man sich auch von anderen Städten etwas abgucken.

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In Bremen fallen immer wieder Einzelhandelsimmobilien auf, die über lange Zeit leer bleiben. Seit die SWB ausgezogen ist, steht das alte Kundenzentrum in bester Lage leer. Das Geschäft neben dem Café Knigge ist schon eine ganze Weile leblos.

Grundsätzlich steht die Wirtschaftsförderung Bremen im Austausch mit Eigentümern in der Innenstadt. Im Moment arbeitet die WFB nach Angaben des Wirtschaftsressorts an einem Innenstadtkataster. Das soll alle Einzelhandelsflächen beinhalten und auch einen Überblick über Leerstände geben.

Im Herbst soll dann die Chefin oder der Chef für die Innenstadtgesellschaft feststehen. Vorhaben im Zentrum sollen dann schneller als bisher umgesetzt werden können. Von Kaufleuten war schon lange der Wunsch zu hören, dass in Bremen jemand bei der Innenstadt den Hut aufhaben müsse – ein Ansprechpartner mit Entscheidungsspielraum. "Die Gesellschaft ist formal gegründet worden", sagt Sprecher Sonnenberg zum Stand. Aktuell sei eine Personalberatung mit der Suche nach einer hauptamtlichen Geschäftsführung beauftragt.

Zur Sache

Bremen wirbt weiter um Bundesmittel

Bremen ist zusammen mit weiteren Städten Teil des Projekts "Stadtlabore". Das Vorhaben entstand angesichts der Auswirkungen von Corona, um etwas für die Innenstädte in Deutschland zu unternehmen. In Bremen werden im Zuge des Projekts bisher leer stehende Flächen zu Pop-up-Stores entwickelt. Die Mittel dafür bringt die Stadt selbst auf. "Die Förderung aus dem Bundeswirtschaftsministerium steht noch aus", sagt Christoph Sonnenberg, Sprecher des Wirtschaftsressorts. Voraussichtlich kämen rund 900.000 Euro aus dem Bremen-Fonds zum Einsatz. Die Förderung auf Bundesebene werde aber weiter verfolgt, "um auch mittelfristig weiterhin Wettbewerbe realisieren zu können".

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