Bernard Timphus bleibt optimistisch. Weltweite Corona-Pandemie hin oder her, verordnete Geschäftsschließung, Maskenpflicht für Kunden und Angestellte. Das alles ist jetzt eben so. Zum 1. August fängt trotzdem eine neue Auszubildende zur Konditorin bei ihm an. „Also glaube ich wohl, dass Stecker auch in drei Jahre noch existiert, wenn die Ausbildung abgeschlossen sein wird“, sagt der Konditormeister und lächelt. Seinen 19 festen Angestellten und den Aushilfskräften Zuversicht zu vermitteln, empfindet er als Teil seiner Aufgabe als Geschäftsführer und Eigentümer des Traditionsunternehmens.
Seit einer Woche ist die Kurzarbeit wegen Corona beendet. Der Kuchen- und Tortenkauf für zu Hause war zwar während der gesamten Dauer der Einschränkungen geöffnet, aber die beiden Cafés an der Knochenhauerstraße und auf dem Marktplatz musste Timphus wie alle Gastronomen über zwei Monate schließen. Seit 18. Mai läuft auch dieses Geschäft wieder, wenn auch noch mit gezogener Handbremse und zahlreichen Auflagen, aber immerhin, es läuft wieder.
In 45 Kolumnen hat Timphus seit dem 21. März an dieser Stelle ganz subjektiv seine Zeit mit Corona und den wirtschaftlichen Folgen geschildert. „Das war auch für mich hilfreich, um regelmäßig die Gedanken zu sortieren“, zieht er nun Bilanz. Und ja, er sei ganz schön müde, gesteht er noch. „Das war für mich als Selbstständiger bislang die schwierigste Zeit meines Lebens.“
„Zwischen hoffen und bangen“ ist die erste Kolumne überschrieben und das gilt nach Timphus Empfinden immer noch. „Es ist ja nicht vorbei“, sagt der 56-jährige. Und das mit der Zuversicht sei bisweilen ganz schön anstrengend. „Irgendwie ist die Zukunft unsicher geworden.“ Er wiegt den Kopf, wenn man einwendet, das sei sie doch im Grunde schon immer gewesen. Ja schon, aber man habe sich Zukunft eben hauptsächlich als ein Weiter so der Gegenwart vorgestellt. „Diese Sicherheit ist jetzt jedenfalls weg.“
Ungewisse Zukunft
Für Timphus ist das Gefühl einer ungewissen Zukunft sehr konkret, wenn er auf die Nachbarschaft seines Konditorei-Cafés in der Knochenhauerstraße schaut: das Restaurant Vapiano geschlossen und die ganze Kette in der Insolvenz. Der Burgerladen nebenan ist ebenfalls leer geräumt und zur Vermietung ausgeschrieben. Ein Geschäft für relativ hochpreisige Outdoor-Jacken zwei Häuser weiter wird in die Obernstraße umziehen. Ungewiss, was an der Stelle folgt. Dazwischen ein Reisebüro und noch ein Gastronom, die ebenfalls beide mit den Veränderungen durch die Pandemie kämpfen.
Etwas weiter in der Jakobi-Straße sucht ein exklusives Schuhgeschäft einen Nachfolger. Der Inhaber eines weiteren Modegeschäfts in der Ecke denkt ebenfalls über seinen Rückzug nach. Und Galeria-Kaufhof ist wohl ab November Geschichte. „Der Lockdown wegen Corona hat den Einzelhandel schon jetzt ziemlich umgepflügt und natürlich denkt man darüber nach, was das für das eigene Geschäft bedeutet“, sagt Timphus.
Einstweilen schwirren ein paar Ideen in seinem und wohl auch in den Köpfen anderer Anlieger. Dabei geht es um die Frage, ob es möglich wird, den Anfang der Knochenhauerstraße zu einer Art Platz umzugestalten. Derzeit ist das alles ein bisschen vollgestellt mit Fahrradständern, einem Denkmal, Pfählen, Blumenkübeln und versenkbaren Pollern, die helfen sollen, die als Fußgängerzone ausgewiesene Straße auch tatsächlich autofrei zu halten. „Diese Poller endlich zu installieren, war ja mal unser größtes Problem“, erinnert sich Timphus an eine Zeit vor Corona.
Bleibende Veränderungen
Jedenfalls könnte ein gut gestalteter und gastronomisch bespielter Platz die Ecke attraktiver machen, findet er. „Noch ist ja auch offen, was mit der Jakobistraße passiert, wenn das Parkhaus hier tatsächlich verschwindet“, spielt Timphus auf die Pläne des Bremer Bauunternehmers Kurt Zech an, der große Teile der Bremer City erworben hat und vieles umgestalten will. Die tatsächlich eingetretenen, bleibenden Veränderungen im eigenen Haus sind dagegen noch überschaubar. „Wir machen jetzt eine Stunde später auf, um neun Uhr und das werden wir auch beibehalten“, berichtet der Konditormeister.
Außerdem hat er jetzt einen Onlineshop, nicht zuletzt dank seiner Söhne. Er selbst ist nach eigenem Bekunden nicht der geborene Nutzer digitaler Werkzeuge. „Mit dem Onlineshop kommen jetzt mehr Anfragen zum Beispiel zu Hochzeitstorten per E-Mail, aber ohne Kontaktdaten, um mal eben zurückzurufen.“ Er findet, dass man im Gespräch die Dinge schneller klären kann, als mit 23 hin- und hergeschickten Mails. Aber das sei wohl eine Generationsfrage.
Die Krise hat für Timphus auch positive Erfahrungen gebracht. „Als Konditor und Handwerker gab es viel Wertschätzung für unser Handwerk und dafür, dass wir irgendwie weitergemacht haben“, berichtet er. Auch die Hilfen des Landes und der Agentur für Arbeit hätten im Nachhinein betrachtet gut funktioniert. Und nicht zuletzt hat ihn die Disziplin der Bremer beeindruckt, die die Regeln und Einschränkungen der Corona-Schutzverordnungen nahezu klaglos akzeptieren. „Das ist nicht überall so“, weiß Timphus von Kollegen aus anderen Regionen zu berichten.
Weitere Informationen
Mit diesem Rück- und Ausblick endet die Kolumne von Bernard Timphus, die am 21. März begonnen hatte. In 45 Folgen hat der Konditormeister ganz persönlich und individuell geschildert, wie er die Pandemie, die Auflagen, die Konsequenzen für sein Unternehmen und die Reaktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Kundschaft erlebt hat.