Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

"Rock und Wurst" Warum ein Bremer Gastronom eine Energiekosten-Pauschale berechnet

Im letzten Herbst diskutierten Gastronomen wegen stark gestiegener Energiepreise über die Einführung einer Soli-Pauschale. Ein Bremer Gastwirt hat sich dazu entschieden.
14.03.2023, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Warum ein Bremer Gastronom eine Energiekosten-Pauschale berechnet
Von Lucas Brüggemann

Die steigenden Energiekosten seit Ausbruch des Ukraine-Krieges sorgen bei vielen Gastronomen für Sorgenfalten auf der Stirn. Die hohen Preise für Gas und Strom reißen bei vielen ein Loch in die Kasse, einige haben den Betrieb sogar ganz eingestellt. Bereits im vergangenen Herbst wurde diskutiert, ob Kneipiers und Restaurantbetreiber Eintritt oder eine Energiekosten-Pauschale verlangen, um so zumindest einen Teil der gestiegenen Ausgaben wieder aufzufangen.

In Bremen hat sich Gastronom Karsi Müller für die Einführung einer sogenannten Soli-Pauschale entschieden. Für jedes Essen berechnet er in seinem Lokal "Rock und Wurst" seit einigen Monaten zwei Euro mehr. Seine Gäste informiert er darüber auf der ersten Seite seiner Speisekarte. Er wollte die Preise nicht erhöhen, weil das sonst für die Gäste mehr als die berechnete Pauschale geworden wäre, sagt Müller. "Die Pauschale ist ein Kompromiss: Wir tragen ein bisschen und der Gast trägt ein bisschen."

Er betont, dass er den Zusatzbetrag nicht verlange, um die Menschen "auszunehmen", wie er es nennt. Zudem sei die Soli-Pauschale nur zeitweise zu zahlen. "Wenn sich die Energiepreise wieder normalisieren, streichen wir die wieder", sagt Müller.

Im Herbst letzten Jahres hatten bereits andere Restaurants und Hotels die Pauschale eingeführt. Im "The Hearts Hotel" in Braunlage zahlte etwa jeder Gast pro Nacht eine zusätzliche Energiepauschale von drei Euro, weil die Betreiber pro Jahr mit Mehrkosten für Wärme und Energie in Höhe von 200.000 Euro rechneten. "Spätestens im März wären alle Rücklagen aufgebraucht und der ansonsten kerngesunde Betrieb pleite", sagte Geschäftsführer Meik Lindberg damals. Deshalb habe er sich für den Zuschlag entschieden. Auch Restaurants, etwa in Ganderkesee und Osnabrück, hatten eine Energiepauschale von 1,50 Euro pro Gast eingeführt. Dadurch könnten die Preise für Essen und Trinken stabil bleiben, hieß es.

Lesen Sie auch

Die Kunden im "Rock und Wurst" hätten zu 95 Prozent Verständnis, sagt der Gastronom Müller und betont: "Die Pauschale fällt nur bei Speisen an. Wer nur etwas trinkt, oder wenn Kinder nur Fritten bestellen, muss sie nicht gezahlt werden." Ihm sei bei der Einführung wichtig gewesen, dass trotz gestiegener Kosten, die Preise, die Qualität der Speisen und die Portionsgröße gleich blieben. "Von einigen Gästen habe ich gehört, dass in anderen Restaurants die Preise erhöht wurden, aber die Portionen kleiner geworden sind."

Die Pauschale ist ein Kompromiss: Wir tragen ein bisschen und der Gast trägt ein bisschen.
Karsi Müller, Bremer Gastronom

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ist beim Thema Energiekosten-Pauschale für Restaurantgäste zurückhaltend. Der Hauptgeschäftsführer des Dehoga Niedersachsen, Rainer Balke, sagt: "Vertragsrechtlich ist das machbar, aber auch schwierig mit den Gästen zu kommunizieren." Ein einfacher Verweis auf der Internetseite sei beispielsweise nicht zulässig. "Bevor ich einen Vertrag in Form der Bestellung schließe, muss ich wissen, was preislich auf mich zu kommt. Auch wenn ich frei Hand ohne Karte bestelle, muss klar gesagt werden, dass so eine Pauschale berechnet wird", erklärt Balke. Seitens des Dehoga Niedersachsen habe man auf solche Schwierigkeiten hingewiesen und eher von der Einführung einer Energiekosten-Pauschale abgeraten. 

Die Energiekosten, so Balke, sollten in den Verkaufspreis eingerechnet werden. "Wie sich der zusammensetzt, ist den Kunden eigentlich egal. Der Endpreis in der Karte sollte alle Kosten, auch für Energie, widerspiegeln." Im Interview mit dem Handelsblatt erklärte TV-Koch Tim Mälzer vor Kurzem, wie sich die Preise in der Gastronomie errechnen: "Die Faustregel in der Gastronomie lautet: 30 Prozent Wareneinsatz, 30 Prozent Personaleinsatz, 20 Prozent Rahmenkosten wie Pacht und Energie, zehn Prozent versteckte Kosten."

So blieben laut Mälzer noch zehn Prozent als Marge übrig, die in Zeiten hoher Inflation allerdings "fix weg" seien. Gastronomen gerieten "brutal schnell" in die Verlustzone. Er sagte auch, dass Preiserhöhungen einen eher negativen Einfluss hätten: "Das Vertrauen der Stammkundschaft geht aber bei Preiserhöhungen schnell flöten."

Lesen Sie auch

In anderen Bremer Restaurants hat man sich trotz der gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel gegen die Einführung einer Soli-Pauschale entschieden. In den Restaurants Luv und Gallo Nero an der Schlachte und im Metaxa auf dem Peterswerder sind weder die Pauschale noch generelle Preiserhöhungen Thema.

Sami Katibi, Geschäftsführer des Restaurants Jannings im Viertel, sagt: "So eine Pauschale können wir nicht machen." Auch Preiserhöhungen seien schwierig umzusetzen. "Die Einkaufspreise steigen täglich, da können wir die Preise nicht ständig erhöhen." Im Extremfall könne er alle sechs Monate mal 50 Cent mehr für Pizza und Pasta verlangen. "Unsere Stammkunden kennen die Preise, die kommen sonst nicht wieder", sagt Katibi.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)