Im Streit zwischen der Gemeinde Stuhr und der Stadt Delmenhorst um die Ansiedlung des Decathlon-Marktes in Brinkum-Nord hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Mittwoch ein Urteil gesprochen – und der Gemeinde Stuhr recht gegeben. Im Prozess ging es darum, ob die Rechte, die Delmenhorst geltend gemacht hat, überhaupt zum Tragen kommen. Das Gericht entschied, dass der angeführte Paragraf 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) "nicht dem Schutz von Nachbargemeinden" diene, heißt es in einer Pressemitteilung zur Begründung des Urteils.
Wie berichtet, hatte die Stadt Delmenhorst bemängelt, dass mit der Ansiedlung von Decathlon in Brinkum-Nord negative Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche ausgingen und sowohl die Baugenehmigung für den Markt als auch den Bebauungsplan für das Areal beklagt. In erster Instanz am Verwaltungsgericht hatte noch die Gemeinde Stuhr recht bekommen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hatte später den Bebauungsplan für den Markt an der Robert-Bosch-Straße, der seit März 2021 in Betrieb ist, für unwirksam erklärt und wegen Formfehlern sowie die Baugenehmigung aufgehoben. Die Gemeinde Stuhr legte danach aber Revision gegen die Aufhebung der Baugenehmigung ein, sodass das Verfahren nun vor dem Bundesverwaltungsgericht behandelt wurde. Parallel versucht die Gemeinde Stuhr aktuell, durch die Aufhebung und Teilaufhebung von zahlreichen Bebauungsplänen sowie zwei neue Verfahren für das Areal Fehler bei den Plänen zu beheben.
Das Urteil aus Leipzig gibt der Rechtsauffassung der Gemeinde Stuhr nun recht. Der entsprechende Paragraf diene nicht dem "Schutz von Nachbargemeinden". Auch "ein Rückgriff auf das für die Bauleitplanung geltende Gebot der interkommunalen Abstimmung" scheide aus, heißt es in der Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts. "Eine Nachbargemeinde kann sich gegen die Genehmigung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs im beplanten Innenbereich nur dann mit Erfolg wenden, wenn das Vorhaben zu schädlichen Auswirkungen auf deren zentrale Versorgungsbereiche führt", heißt es in der Mitteilung des Gerichts weiter.
„Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt die Stuhrer Rechtsauffassung in jeder Hinsicht", sagte Stuhrs Bürgermeister Stephan Korte in einer ersten Reaktion auf das Urteil. Er betont, dass der entsprechende Artikel "keine drittschützende Wirkung" begründet. "Es kam daher allein darauf an, ob der Sportfachmarkt schädliche Auswirkungen im Sinne erheblicher Umsatzabflüsse nach Stuhr hat und die Delmenhorster Innenstadt schädigt. Dies hat die Gemeinde Stuhr im Planfeststellungsverfahren auch unter Beteiligung der Stadt Delmenhorst intensiv geprüft und verneint", so Korte weiter.
Diese Auffassung sei sowohl vom Verwaltungsgericht als auch vom Oberverwaltungsgericht bereits vorher bestätigt worden. "Bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat das Verwaltungsgericht Hannover festgestellt, dass ein solches Verfahren kein Instrument zur Verhinderung von Wettbewerb ist", sagte Korte. Das Bundesverwaltungsgericht habe nunmehr festgestellt, dass "die Ansiedlung von Decathlon in der Gemeinde Stuhr rechtmäßig" war und ist, betont der Stuhrer Bürgermeister. "Daher ist es für mich nicht nachvollziehbar, warum Delmenhorst den Vorgang dennoch bis zum Bundesverwaltungsgericht treiben musste", sagte Korte. Am Ende habe "der ganze Vorgang nur zu ganz erheblichen Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geführt“.
Von der Stadt Delmenhorst gab es am Mittwoch keine Stellungnahme zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.