„Wir fühlen uns an die Wand gestellt.“ Das Thema Nitratbelastung treibt Christian Lohmeyer, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands vom Landvolk Mittelweser, die Zornesfalten auf die Stirn. Der Landwirt fühlt sich durch die neue Düngeverordnung der Bundesrepublik ungerecht behandelt und in seiner Existenz bedroht. „Wir wissen nicht mehr, wie wir unseren Kindern diese Betriebe noch übergeben sollen, wenn wir so in unserer Wirtschaftlichkeit eingeschränkt werden“, sagt er zu den Vorgaben, die in Kürze auf die Landwirte zukommen können.
Die Nitratbelastung von Deutschlands Grundwasser ist zu hoch – immer noch. Bereits im Juni 2018 hatte die EU-Kommission dies angemahnt, im Juli dieses Jahres hat sie ihre Forderungen nach Nachbesserungen Nachdruck verliehen. Sollte Deutschland die europaweit einheitlichen Grenzwerte, die auch von der Bundesrepublik anerkannt wurden, weiterhin überschreiten, werde die EU-Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof einreichen. Und das könnte teuer werden. Die Rede ist von 800.000 Euro pro Tag. Die Bundesregierung hat daher ein weiteres Vorhabenpaket angekündigt. Dazu sollen Landwirte in sogenannten „nitratsensiblen Regionen“ weiter in der Düngung eingeschränkt werden. Zu sehr eingeschränkt findet das Landvolk Mittelweser.
Es sind vor allem drei Punkte an diesem neuen Vorhabenpaket, die den Landwirten und dem Landvolk Mittelweser schwer im Magen liegen. Zum ersten die Ungewissheit, ob tatsächlich die Landwirte allein und ausschließlich für die Nitratbelastung verantwortlich sind. Daran hat vor allem Christian Lohmeyer nach langer Beschäftigung mit dem Thema so seine Zweifel. „Wir sind es nicht allein“, sagt er und verweist auf Beispiele aus Ablassungen von ungeklärtem Abwasser über die gesamte Republik verteilt. In Städten und Gemeinden, in denen es noch Mischkanalisation gebe, bestehe ein großes Problem, wenn diese Systeme – zum Beispiel durch Starkregen oder weil sie nicht mehr für die Größe der Stadt oder Gemeinde ausreichen – überlastet werden.
„Mach den Stall, bring das in Ordnung!"
Der dann entstehende Überschuss werde ungeklärt in Flüsse, Bäche oder gleich in die Nordsee abgelassen. Rechtlich sei das erlaubt. Auf Fragen ob diese Abwässer hinsichtlich ihrer Belastung mit Nährstoffen und chemischen Substanzen überwacht werden, bekam er bisher keine Antwort. „Das ist skandalös“, findet er und verweist auf die strengen Richtlinien, die für Landwirte gelten. „Uns Landwirte fragt niemand, ob wir das finanzieren können. Bei uns wird gesagt: ‚Mach den Stall, bring das in Ordnung! Wenn du das nicht kannst, dann hör auf!‘“ Und das sei auch gut und richtig so. „Ich will, dass wir Landwirte unsere Kanalisation im Griff und vernünftig haben. Das ist der richtige Weg“, macht er deutlich. Doch wenn nicht einmal geklärt sei, ob es tatsächlich allein die Düngung der Landwirte sei, die für die Nitratbelastung verantwortlich sei, „dann kann man unsere Betriebe ruhig gegen die Wand fahren mit solchen Auflagen. Wir können nichts dagegen tun.“

Leidenschaftlich fordert Christian Lohmeyer (von links), dass Landwirte nicht pauschal für die Überschreitung der Nitratwerte verantwortlich gemacht werden. Unterstützung gibt es von Olaf Miermeister und Dirk Kleemeyer.
Ursächlich für diesen Eindruck sind Ungereimtheiten, die dem Landvolk Mittelweser angesichts der Ausweisung von den sogenannten „nitratsensiblen Flächen“ aufgefallen sind, weswegen sich das Landvolk gegen die vorliegende Ausweisung dieser Flächen ausspricht. So wurde an einer Messstelle in der Diepenauer Geest eine deutliche Überschreitung des Nitratwerts festgestellt, die anderen drei Messstellen weisen Werte deutlich unter dem Grenzwert auf, doch die gesamte Region, rund 800 Hektar wurde als „nitratsensibel“ eingestuft, würde damit den neuen Richtlinien unterliegen.
Woher die hohe Nitratbelastung an der einen Messstelle kommt, konnte bisher jedoch nicht geklärt werden, so Landvolk-Geschäftsführer Olaf Miermeister. Eine weitere Messstelle mit zu hohen Nitratwerten befindet sich in der Nähe von Dörverden – zum nitratsensiblen Gebiet wurde deshalb aber die Region weseraufwärts. „Nicht nachvollziehbar“, finden das Miermeister und Fachingenieur Dirk Kleemeyer. Schwer erklärbar ohne weitere Untersuchungen ist für Dirk Kleemeyer zudem die Nitratbelastung im südlichen Bereich des Wasserschutzgebietes von Ristedt.
Die dortigen Landwirte düngen dort sowieso schon geringer, woher kommt also die Überschreitung? Das will das Landvolk geklärt wissen. Die Möglichkeiten dazu, so die Vertreter der Landwirte, gibt es. Sie sollten ausgeschöpft werden, ehe die Bauern als einzige zur Verantwortung gezogen werden, fordert das Landvolk.