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Manager über die City "In Oldenburg kann man entschleunigen"

Die Menschen sagen uns, dass sie hier entschleunigen können. In der Innenstadt gibt es keinen Autoverkehr, man kann sich frei bewegen und die Kinder getrost laufen lassen, sagt Oldenburgs Innenstadt-Manager.
29.03.2022, 19:00 Uhr
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Von Jürgen Hinrichs

Herr Trawinski, Oldenburg hat die älteste zusammenhängende Fußgängerzone in Deutschland, den perfekten Rundlauf. Ein echtes Pfund, oder?

Steffen Trawinski: Ja, das zeichnet unsere Innenstadt aus, wir sind sehr froh darüber. Lange Straße und Achternstraße bilden eine Ellipse, das ist die 1a-Lage von Oldenburg. Hinzu kommen die Seitenstraßen mit ihrem jeweils ganz eigenen Charakter – Burgstraße und Haarenstraße zum Beispiel, in denen es hauptsächlich inhabergeführte Geschäfte gibt. Es sind sehr enge und für die Menschen vertraute Wegebeziehungen.

Setzen Sie trotzdem Orientierungspunkte? So mancher Tourist wird das erste Mal zu Ihnen kommen und sich noch nicht auskennen.

Das tun wir, unter anderem im Netz. Die Innenstadt wird dort in 3 D-Technik abgebildet. Wer will, kann sich virtuell in ein Café seiner Wahl setzen, über den Rathausmarkt flanieren oder nach bestimmten Geschäften suchen. Darüber hinaus gibt es auch Handfestes: Schilder, die den Weg zum Beispiel zu kulturellen Einrichtungen weisen. Und wir haben unsere Gullydeckel.

Gullydeckel?

Ja, darauf kann man das Relief der Innenstadt sehen. Ein roter Punkt zeigt jeweils an, wo man sich gerade befindet.

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Bekommen Sie Rückmeldungen von Ihren Besucherinnen und Besuchern?

Klar, in alle Richtungen. Oldenburg ist mit 170.000 Einwohnern keine kleine Stadt, wird aber trotzdem als gemütlich empfunden. Die Menschen sagen uns, dass sie hier entschleunigen können. In der Innenstadt gibt es keinen Autoverkehr, man kann sich frei bewegen und die Kinder getrost laufen lassen.

Und das Negative?

Es gibt bei uns, befördert von der Pandemie, einige Leerstände. Das stört natürlich das Gesamtbild. Außerdem wird immer mal wieder darüber geklagt, dass es um den City-Bereich herum zu wenige Autoparkplätze gebe. Ein Thema für auswärtige Besucher, die Oldenburger kommen glücklicherweise zumeist mit dem Fahrrad.

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Der Rundlauf selbst ist es nicht allein, um die Innenstadt attraktiv zu machen. Sie benötigen auch einen guten Mix an Geschäften. Was tut Oldenburg dafür?

Da ist unser Einfluss begrenzt. Die Eigentümer der Immobilien können vermieten, an wen sie wollen, solange das geltende Baurecht unberührt bleibt. Wir sind mit ihnen aber im Austausch, genauso mit den Maklern und fragen uns gemeinsam, was in der einen oder anderen Ecke gut passen würde. Es gibt außerdem zwei Hebel, die genutzt werden können: Eine Veränderungssperre, wenn verhindert werden soll, dass sich Spielhallen ausbreiten. Und den Mietkostenzuschuss für Geschäftsleute, die Leerstände nutzen. Den Zuschuss werden wir sicherlich nicht Ladenketten gewähren, die bundesweit unterwegs sind, oder einem weiteren Handy-Shop, wenn schon zu viele da sind. Damit lässt sich das Angebot steuern.

In Ihrer Fußgängerzone, Sie erwähnten es schon, gibt es vor allem in den Seitenstraßen auffallend viele inhabergeführte Geschäfte. Das sind Unikate, nach denen die Kunden Ausschau halten. Wie gelingt Oldenburg so ein Bestand?

Das hat in erster Linie mit dem großen Engagement der Ladeninhaber zu tun. Es gibt den Zusammenschluss „Oldenburgs gute Adressen“, eine Vermarktungsplattform. Oder die Quartiergemeinschaft der Geschäftsleute in der Haarenstraße. Man kennt sich und bildet ein Netzwerk. Wir unterstützen das, wo immer wir können, möglichst pragmatisch, ohne viel Bürokratie. Oldenburg hat sich gerade durch die kleinen Läden in der sehr kompakten und arrondierten Innenstadt einen besonderen Ruf erworben.

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Klein und schnuckelig – aber reicht das? Brauchen Sie nicht auch die Anker, große Frequenzbringer?

Sicher, keine Frage. Das ist auch wieder etwas, womit Laufwege stimuliert werden. Am nördlichen Ende der Innenstadt gab es früher Saturn, das war so ein Anker. Jetzt haben wir dort „Core“, ein Zentrum für gemeinsames Arbeiten und Genießen. Wie im Einkaufscenter „Schlosshöfe“ am südlichen Ende hat es dort wegen Corona Einbußen gegeben. Das Potenzial ist aber da. Neben „Core“ gibt es eine große Freifläche, die ein Investor nutzen wollte, der aber aufgegeben hat. Jetzt wird überlegt, an der Stelle mit öffentlichem Geld zu investieren. Diese Pole in der Innenstadt sind wichtig, mittendrin steht das C&A-Gebäude leer, auch das sollte wieder ein Frequenzbringer werden.

Bei Ihnen gibt es gerade Diskussionen, die Straße am Schloss während der Sommermonate für den Verkehr zu sperren, um dort unter anderem Kultur stattfinden zu lassen. Sind Sie dabei, die Fußgängerzone weiter auszudehnen?

So könnte man das sehen. Es gibt eben immer noch etwas oben drauf, was wir tun können. Ich wünsche mir zum Beispiel eine Belebung des Julius-Mosen-Platzes im Westen der City. Einzelne Zugänge zu den Hauptsträngen der Fußgängerzone könnten so etwas auch vertragen.

Das Gespräch führte Jürgen Hinrichs.

Zur Person

Steffen Trawinski (36)

ist seit Dezember 2020 Innenstadt-Manager von Oldenburg. Er hat einen Masterabschluss im Fach Öffentliches Management und arbeitet bereits seit vielen Jahren in der Verwaltung der Hunte-Stadt.

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