Hambergen. Als am Sonnabendmittag bei Julian Gelies die Nachricht aufploppte, dass der Heeslinger SC II zum tags darauf geplanten Spiel wegen Personalmangels nicht antreten würde, war der Trainer des FC Hambergen mehr als verwundert. Sofort schoss ihm in den Kopf: „Das ist kein idealer Zeitpunkt.“ Er wusste schon in diesem Moment, wie die Spielabsage von den Konkurrenten VSK Osterholz-Scharmbeck und SV Vorwärts Hülsen aufgefasst werden würde. Alles andere als positiv nämlich. „Wenn ich in ihrer Haut stecken würde, wäre ich sicherlich nicht glücklich“, sagt Gelies, dessen Team von seinem Vorsprung an der Tabellenspitze zuletzt etwas eingebüßt hatte.
Die große Frage, die mit dieser Absage drei Spieltage vor Ultimo eines zuletzt spannender gewordenen Meisterschaftskampfes verbunden ist, lautet: Ist das Wettbewerbsverzerrung? Kann diese Absage vielleicht entscheidend für den Ausgang des Meisterschaftsrennens sein? „Ja, wenn man ehrlich ist, muss man das so sagen“, erzählt der FCH-Coach offen und direkt, auch wenn sein Team der klare Nutznießer in dieser vertrackten Situation ist. Einen faden Beigeschmack hat die Angelegenheit auch für ihn und den FC Hambergen. Keiner aus der Mannschaft wolle sich nachsagen lassen, nur auf diese Weise Meister geworden zu sein. Eine sportliche Lösung wäre ihr deswegen die liebste gewesen, wohl wissend, dass die Situation nun einmal so ist, wie sie ist. „Wir können ja nichts dafür, dass es so gekommen ist. Und wir können sie auch nicht ändern“, sagt Gelies.
Noch am Dienstag habe der Heeslinger SC II versucht, die Partie beim FC Hambergen vorzuverlegen. Von Sonntag auf Sonnabend. Diesem Wunsch konnten die Hamberger so kurzfristig allerdings nicht nachkommen. „Dass Heeslingen die Partie dann komplett absagt, und das auch schon einen Tag vorher bekannt gibt, ist wirklich überraschend. Das konnte man so nicht erwarten“, erklärt der FCH-Coach. Natürlich seien Spielabsagen in Zeiten von Corona ein Stück weit „normaler“ geworden, sagt Gelies weiter. Aber der Zeitpunkt mache die Angelegenheit eben so delikat. Selbst Julian Gelies fühlt sich in seiner Haut nicht wohl. „Es fühlt sich fast so an, als ob man ein schlechtes Gewissen haben müsste“, sagt er. Gänzlich befreien kann er sich von diesem Gedanken jedenfalls nicht. Denn was zum „geschenkten Sieg“ gegen den Heeslinger SC II noch bedacht werden muss, ist das Torverhältnis. Die Partie wird vermutlich mit einem 5:0-Erfolg für Hambergen gewertet werden, was sich entsprechend positiv auf das Torverhältnis auswirkt – und das Zünglein an der Waage zumindest gegenüber dem VSK Osterholz-Scharmbeck spielen könnte.
Ob es – aus Osterholzer Sicht – nicht auch fair wäre, wenn der Heeslinger SC II am finalen Spieltag darauf verzichten würde, gegen den VSK Osterholz-Scharmbeck anzutreten? „Das habe ich nicht zu entscheiden, aber wenn es so kommen sollte, dann werde ich nicht protestieren“, sagt Gelies auf Nachfrage zu einem Szenario, das ausgeschlossen scheint, zumal der dritte Meisterschaftsanwärter SV Vorwärts Hülsen benachteiligt wäre. „Es ist halt maximal blöd“, meint Julian Gelies. Für alle Beteiligten.