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Standortsuche Lilienthal will St. Jürgensland für Windkraft nicht ausschließen

Sollen sich eines Tages im St. Jürgensland die Windräder drehen? Die Lilienthaler Verwaltung möchte diese Möglichkeit zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen sehen. Nun ist die Politik gefragt.
25.10.2024, 14:00 Uhr
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Lilienthal will St. Jürgensland für Windkraft nicht ausschließen
Von Lutz Rode

Bei der Ausweisung möglicher Standorte für die Windenergienutzung im Kreisgebiet soll der Landkreis Osterholz aufgefordert werden, das St. Jürgensland sehr wohl zu berücksichtigen. Das empfiehlt die Lilienthaler Gemeindeverwaltung der örtlichen Ratspolitik. Seit Freitag ist der Vorschlag aus dem Rathaus öffentlich einsehbar – Vorarbeit für die Bauausschuss-Sitzung, die am Montag, 28. Oktober, ab 18 Uhr ansteht. Das Rathaus zeigt den Ratsleuten in einem sechsseitigen Papier zwei Möglichkeiten auf: Entweder sie akzeptieren den vom Landkreis vorgelegten Entwurf des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP), in denen die Flächen im westlichen und östlichen Teil des St. Jürgenslandes keine Rolle spielen. Oder aber sie machen sich dafür stark, dass das St. Jürgensland in die weiteren Standortpläne einbezogen wird und ein pauschaler Ausschluss nicht akzeptiert wird.

Die Verwaltung mit Bürgermeister Kim Fürwentsches an der Spitze plädiert für die letztere Variante – und hat dazu allerlei Argumente zusammengetragen. Geht es nach den Vorstellungen der Rathausspitze, soll das St. Jürgensland Ost und West als Potenzialfläche für die Windkraftnutzung mit in das Raumordnungsprogramm aufgenommen werden, nachdem es beim Landkreis frühzeitig durchs Raster gefallen ist. Inwieweit sich der Betrieb von Windrädern konkret auf die Natur und die Vogelwelt auswirkt, soll im Zuge der erwarteten Genehmigungsverfahren geprüft werden. Insbesondere der Aspekt des Vogelschutzes hatte den Landkreis veranlasst, die Überlegungen zur Windenergienutzung im St. Jürgensland zu verwerfen und die Flächen auszusortieren.

Keine Gefahr für Seeadler?

Die Verwaltung macht unter anderem geltend, dass die Flächen, die in Betracht kommen würden, nur einen geringen Teil der als wertvoll für die Vogelwelt eingestuften Flächen ausmachen. "Es bleiben ausreichend große Flächen für die Aufrechterhaltung der Lebensraumfunktionen und des Biotopverbundes erhalten", heißt es in der Sitzungsvorlage. Die hohe Bedeutung des St. Jürgenslandes als Lebensraum-Verbund stehe außer Frage, sie stehe aber nicht im Widerspruch zu einer Windkraftnutzung. Eine Barrierewirkung für Vögel und negative Auswirkungen auf benachbarte Vogelschutzgebiete sei nicht zu erwarten. Die Verwaltung führt auch an, dass die Nahbereiche der Horste von Seeadler, Rotmilan, Sumpfohreule und Rohrweihe außerhalb der ermittelten Potenzialflächen liegen würden. Weiter weg von den Horsten ließe sich das Tötungsrisiko durch die sich drehenden Windräder durch Schutzmaßnahmen auf ein Minimum senken.

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Auch grundsätzliche Erwägungen bringt die Verwaltung ins Spiel: Der Klimawandel, so heißt es, sei inzwischen vor Ort angekommen. Die ersten Auswirkungen seien schon jetzt zu sehen und würden den Menschen in immer kürzeren Abständen vor Augen geführt. Auch auf die Biodiversität und die im St. Jürgensland bedeutenden Vogelarten würden der Klimawandel erhebliche nachteilige Auswirkungen haben. "Es sollten daher, selbstverständlich unter Berücksichtigung des Artenschutzes, alle verfügbaren Potenziale genutzt werden, um die regenerative Energieerzeugung auszubauen und aus der Nutzung fossiler Energieträger auszusteigen", heißt es in dem Positionspapier aus dem Rathaus.

Sondersitzung des Rates geplant

Bis zum 29. November können die Kommunen ihre Stellungnahmen zum Entwurf des RROP einreichen. Am Montag wird sich zunächst der Bauausschuss mit der Frage befassen, wie die Antwort der Lilienthaler aussehen soll. Um dem Thema gerecht zu werden und den Entscheidungsweg transparent zu machen, ist für Mittwoch, 13. November, ab 18 Uhr eine Sondersitzung des Gemeinderates mit dem finalen Beschluss vorgesehen. Wahrscheinlich werden dann auch Vertreter der Biologischen Station Osterholz (Bios) die Gelegenheit bekommen, ihre Position zum St. Jürgensland zu verdeutlichen. Sie fordert mit Verweis auf die hohe Bedeutung als Lebensraum für die Vogelwelt darauf, die Finger von dem ins Auge gefassten Gebiet zu lassen.

Die Fraktion der Linken hatte beantragt, die Bios-Experten anzuhören. Angedacht ist aber offenbar auch, einen weiteren Fachmann per Video zuzuschalten, den die Verwaltung zurate gezogen hat: Günter Ratzbor betreibt in Lehrte ein Planungsbüro und hat sich insbesondere mit der Vereinbarkeit von Windenergieanlagen und Vogelschutz auseinandergesetzt. Kritiker haben ihm im Zusammenhang mit anderen Planungen vorgehalten, die Vereinbarkeit schön zu reden.

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