Moin Dennis, sag mal, hast Du Deinen Fußballpass eigentlich schon beantragt und das Formular zur Regeländerung ausgefüllt?
Du meinst wohl, ich sollte mich mal wieder sportlich betätigen, was Tobi?
Das kannst Du besser beurteilen als ich. Aber als bekennender Aktivist für Gleichberechtigung hätte ich erwartet, dass Du längst aktiv geworden bist. Haste doch gehört: Frauen dürfen jetzt bei den Männern mitspielen, beim Fußball.
Natürlich habe ich davon gehört. Und wir haben ja auch schon von Janine Lebenstedt, der ersten Frau im Landkreis Osterholz, die im Rahmen des Punktspielbetriebs bei den Männern der dritten Mannschaft des SV Bornreihe mitgespielt hat, groß berichtet. Eine Regeländerung im Dezember hat es möglich gemacht. Danach sind auch Frauen für den Herrenbereich zugelassen. Und Du meinst, das sollte mich animieren, wieder Fußball zu spielen?
Ich meine, dass Du da als glühender Verfechter für vollkommene Gleichberechtigung doch jetzt in den Kampf ziehen müsstest. Ist das nicht eigentlich diskriminierend, wenn Frauen bei den Männern mitspielen dürfen, aber Männer nicht bei den Frauen?
Herr Dohr, Sie merken selbst, dass das Thema ab jetzt an Brisanz erheblich zunimmt, oder? (lacht) Deswegen überlasse ich Ihnen den Vortritt. Was denken Sie denn so darüber?
Meine Güte, Herr Schott. Jetzt könnten Sie ihrem unerbittlichen Kampf für Emanzipation mit ihrer geballten Genderkompetenz an solch prominenter Stelle mal Nachdruck verleihen – und Sie winden sich so schamlos raus? Na gut, dann eben nicht. Also, ich persönlich finde es seltsam und großartig zugleich. Um das zu begründen, müsste man aber wirklich ins Detail gehen, weil es doch ein echt facettenreiches Thema ist. Und eines, dem man an gewissen Stellen auch mit einem Augenzwinkern gegenübertreten muss. Wollen wir?
Wir wollen! Das fängt ja schon mit der grundsätzlichen Frage an, wie das überhaupt funktionieren kann – auf und neben dem Platz. Ich habe da schon einen kleinen Eindruck gewinnen können. Ich habe nämlich einen Bericht im Regionalfernsehen über eine Frau aus Schleswig-Holstein gesehen, die in ihrem Heimatverein bei den Männern mitkickt. Und was soll ich sagen? Es wirkte mitunter etwas befremdlich. Denn bei einer Ecke wurde die Frau in konsequente "Manndeckung" genommen. Das lief dann so ab, dass sie versuchte, sich durch ständiges Hin- und Herlaufen im Strafraum von der Sonderbewachung zu befreien, der Typ aber die ganze Zeit stumpf hinter ihr herlief, während alle anderen Spieler (mehr oder weniger stehend) auf die Ecke warteten.
Guter Punkt. Auf der anderen Seite finde ich den (im Normalfall) deeskalierenden Faktor total gut. Das ist so wie der "Mütter-Effekt", über den wir an dieser Stelle im Februar geredet haben. Frau auf dem Feld – egal ob Mit- oder Gegenspielerin – wirkt auf viele Männer ähnlich wie Mütter am Spielfeldrand. Man will sich dann doch irgendwie von seiner besseren Seite präsentieren. Gerade in unteren Spielklassen ein ziemlich interessanter Aspekt.
Frau neben dem Feld ist ein ebenso interessanter Aspekt. Ich glaube, jeder Frau, die mit Männern in einer Mannschaft spielt, wurde schon diese eine Frage gestellt: Wie funktioniert das mit dem Duschen? So eine Frage kommt übrigens meistens auch nur Männern in den Kopf. Aber ich fand es sehr charmant, wie selbstverständlich Janine Lebenstedt damit umgegangen ist. Entweder sie weicht auf die Schiedsrichterkabine aus, oder aber die Männer lassen ihr den Vortritt und trinken vor der Kabine solange ein Bier. Was das heißt, sollten Sie in Erwägung ziehen, selbst mal in einer Frauen-Mannschaft mitzuspielen, wissen Sie hoffentlich, Herr Dohr.
Jetzt kommt's. Klären Sie mich auf, Herr Schott?
Das liegt doch auf der Hand, Herr Dohr! Wenn Sie nach dem Training oder dem Spiel ungestört duschen wollen, dann können Sie Ihre Teamkolleginnen doch nicht einfach so vor die Tür schicken. Da müssen Sie schon ein paar Biere springen lassen, oder besser: eisgekühlten Prosecco. Könnte zwar auf Dauer etwas teuer werden, aber ich würde es so machen.
(lacht) Wie komme ich aus der Nummer jetzt heile raus, ohne dass es zu schlüpfrig wird? Ich lasse mich einfach in der 65. Minute auswechseln und habe dann noch ausreichend Zeit, um zu duschen und meinen Teamkolleginnen den Prosecco schon mal aufzumachen. Oder meinetwegen auch das Bier. Da sind wir ja ebenfalls komplett unvoreingenommen. Aber hier ging es ja eigentlich um Deine sportlichen Ambitionen und nicht um meine.
Das ist gelebte Gleichberechtigung, mein Lieber. Aus der Nummer kommst Du nicht mehr raus. Ich hege ja die berechtigte Hoffnung, dass Du über diesen Weg eine Einladung zum Training einer Frauen-Mannschaft bekommst. Dir muss dabei aber auch klar sein, dass Du vermutlich nur wegen des Alkohols eingeladen wirst.
Eine entsprechende Einladung wird nur im Doppelpack mit Dir angenommen, soviel ist klar. Aber bevor wir uns hier jetzt vollkommen um Kopf und Kragen reden, sollten wir vielleicht mal das Thema wechseln. Worüber möchtest Du denn gerne noch mit mir reden, Dennis?
Ich finde, bislang sind wir bei diesem Thema ganz gut durchgekommen. Es war jedenfalls längst nicht so testosterongesteuert, wie ich zunächst befürchtet habe. Aber du hast recht, wir brauchen einen Themenwechsel. Und im Rückblick auf den Monat April müssen wir schon fast auf das Wetter zu sprechen kommen. Lange nicht mehr so viele Spielausfälle gehabt wie in diesem Jahr, oder Tobi?
Juchu! Von brandheißen Gender-Themen zum Wetter. Aber wie Du willst. Also ich empfinde die vergangenen Wochen tatsächlich als relativ normal. Zumindest im Vergleich zu den Jahren vor 2020. Vermutlich hast Du deshalb auch nur das Gefühl, es ist viel ausgefallen, weil wir ja das erste Mal seit drei Jahren einen ganz normalen winterlichen Spielbetrieb wieder hatten.
Herr Dohr, Sie müssen dringend an Ihrer Wahrnehmung arbeiten. Wir haben doch gerade den nassesten März seit 20 Jahren erlebt, und natürlich hatte dies auch Auswirkungen auf den April. So viel trockener ist es in den ersten zwei April-Wochen auch nicht gewesen. Umso beachtlicher war es ja, was der SV Bornreihe einmal unternommen hat, um sein Heimspiel gegen Rot-Weiß Cuxhaven austragen zu können. Da haben wirklich alle mit angepackt, sich Besen geschnappt und das Wasser vom Feld gefegt. Manche Stellen wurden mit Sand aufgeschüttet. Mit dem Ergebnis, dass auf einem passablen Rasen gespielt werden konnte. Wer sich außerhalb des Platzes bewegte, hat schnell gemerkt, dass ohne dieses Engagement kein Fußballspielen möglich gewesen wäre.
Und Sie, Herr Schott, haben wahrscheinlich daneben gestanden und altkluge Ratschläge gegeben, statt tatkräftig mitanzupacken. Wie hier in der Redaktion ja auch sooft. Ich kann's mir bildlich vorstellen.
Einer muss ja delegieren. Aber lass uns ruhig mal beim SV Bornreihe bleiben. Am Anfang des Monats musste man sich doch noch einmal etwas Sorgen machen, weil der zuvor üppige Vorsprung aufgebraucht war, zumindest theoretisch. Verfolger FC Verden 04 hätte die "Moorteufel" mit zwei Nachholspielen mehr in der Hinterhand noch überholen können. Aber auch die Verdener sind danach gestrauchelt, während sich die Bornreiher wieder gefangen haben. Die Meisterschaft lassen sie sich jetzt nicht mehr nehmen, oder?
Das hoffe ja nicht nur ich, sondern vermutlich sehr viele Fußballfans im Landkreis. Und es wäre ja auch wirklich etwas sehr Besonderes, mal wieder Oberliga-Fußball in unserer Region zu haben. Noch dazu, wo die Oberliga in der kommenden Spielzeit so tolle Duelle verspricht. Kickers Emden kommt von oben wieder unter, vielleicht sogar noch Rehden oder Hildesheim. Und vielleicht steigt auch Atlas Delmenhorst aus der Regionalliga ab. Da wird ordentlich was los sein im beschaulichen Teufelsmoor.
Oh ja, Bornreihe gegen Atlas, ich freu mich jetzt schon drauf. Eine kleine Strecke müssen die "Moorteufel" allerdings noch gehen, aber das werden sie schaffen. Weitaus undurchsichtiger geht es eine Liga tiefer in der Bezirksliga zu. Dazu zwei Fragen an den ausgewiesenen Fußball-Experten Dohr: Steigt der FC Worpswede auf? Und wer von den drei abstiegsgefährdeten Mannschaften TuSG Ritterhude, SV Lilienthal-Falkenberg und SV Komet Pennigbüttel steigt ab?
Das vermag ich beim besten Willen nicht zu sagen. Die einzige konkrete Aussage, die Du von mir diesbezüglich bekommst, ist die: Es werden definitiv nicht alle drei Kellerkinder den Abstieg verhindern können. Leider. Und der FC Worpswede steuert auf ein echtes Herzschlagfinale am letzten Spieltag Anfang Juni zu. Insofern würde ich die exakte Beantwortung dieser Frage gerne auf die Mai-Ausgabe verschieben wollen.
Meine Güte, Herr Dohr. Sie drucksen aber auch ganz schön herum. Dann mache ich mich eben unbeliebt und sage, dass die "Kometen" aus Pennigbüttel absteigen werden. Mich beschleicht da ein ungutes Gefühl. Bei Ritterhude und Lilienthal habe ich noch Hoffnung. Warten wir es ab.
Vielleicht sollten es die besagten Klubs mal mit psychologischer Kriegsführung versuchen und in einem der nächsten Spiele ein oder zwei Frauen einwechseln. Einfach mal was Neues versuchen.
Und wer weiß? Vielleicht wird irgendwann eine Frau als Trainerin einer Herren-Mannschaft in unserem Landkreis an der Seitenlinie stehen. Tobi, ich sag' Dir: Das wird eines Tages so kommen. Und ich muss zugeben, dass ich das nicht einmal schlecht finden würde.
Definitiv. Mittlerweile sind rosa Trikots und pinke Schuhe im Männerfußball ja nicht nur geduldet, sondern absolut angesagt. Und das war vor 20 Jahren definitiv undenkbar. Der Weg ist schon mal nicht ganz so falsch, um es mal vorsichtig zu umschreiben. Und ich finde, das ist ein Grund zum Feiern.
Darauf ein Bierchen, Herr Dohr!
Oder ein Prosecco, Herr Schott?
Das dürfen Sie sich aussuchen.