Na, Dennis, wie froh bist Du denn, dass endlich wieder Alltag herrscht und Dein Leben wieder einen Sinn hat?
Es ist echt ganz toll, wieder mit Dir zu arbeiten. Ich habe im Urlaub auf Mallorca an nichts anderes gedacht, außer: Hoffentlich ist das Ganze hier bald vorbei und ich kann endlich wieder arbeiten. Dieses ständige Rumhängen im Urlaub ging Dir doch auch bestimmt gehörig auf den Senkel.
Total, irgendwann habe ich angefangen, aus lauter Langeweile einen Spielbericht über eine imaginäre Fußballpartie zu schreiben. Und anschließend hab ich die entscheidenden Szenen mit meinen Kindern zwecks passender Bebilderung am dänischen Strand nachgestellt.
Aber ich hoffe, Dir ging es sonst ganz gut und Du hast Deinen Urlaub genossen.
Na klar. Ich glaube und hoffe, wir müssen unseren Leserinnen und Lesern jetzt auch nicht noch einmal auf die pure Ironie in den vorangegangen Zeilen hinweisen, oder? Jeder wird es verstehen, wenn wir sagen: Es geht auch mal ohne Arbeit ganz gut. Aber was ich erstaunlich finde, ist, dass ich jedes Mal merke, wenn es wieder los geht, was für einen tollen Beruf wir doch haben. Und das sage ich, obwohl ich jetzt wieder mit Ihnen auskommen muss, Herr Schott.
Der letzte Satz war jetzt aber wieder die pure Ironie, Herr Dohr. Und wenn nicht, dann war das sehr gemein. Das merke ich mir! Wenn Sie ehrlich zu sich und unseren Leserinnen und Lesern wären, würden Sie zugeben, dass Sie mich ganz schön vermisst haben. Und bevor Sie jetzt etwas dazu sagen, gebe ich (zähneknirschend) zu, dass dies auf Gegenseitigkeit beruht. Aber genug der Sentimentalitäten, lass uns fachlich werden und sprechen über ...
... das Wetter! Denn selten war Wetter so sehr fachlich wie in diesem August. Das hast Du in der mallorqinischen Sonne ja vermutlich gar nicht mitbekommen. Wir hatten Spielabsagen, Dennis. Im Juli und August. Mehrfach! Wegen zu viel Regen.
Doch, das habe ich aus der Ferne tatsächlich mitbekommen. Und dachte nur: die armen Kollegen. So etwas habe ich in meinen 23 Jahren, in denen ich als Schreiberling tätig bin, auch noch nicht erlebt. Und wo wir ja gerade auch wieder Erntefest-Saison haben: Selbst den Bauern war es zu nass. Aber bei denen ist ja immer was...
Unseren Pool im Garten haben wir diesen Sommer jedenfalls kaum genutzt. Und pünktlich zum Ferienende kommt dann natürlich das schöne Wetter zurück. Da war vielleicht gute Stimmung hier bei uns im Haus (Achtung: Schon wieder Ironie!). Aber sei's drum: Jetzt läuft die Fußball-Saison ja.
Und? Können wir uns bei unserem hochrangigsten Klub ein erstes Fazit erlauben? Ich glaube, man kann sagen, dass sich der SV Bornreihe bislang ganz wacker schlägt in der Oberliga (die Niederlage gegen Rotenburg einmal ausgeklammert). Was ist denn Dein Eindruck?
Absolut. Zwei Punkte aus drei Spielen sind definitiv in Ordnung, vor allem, wenn man bedenkt, dass es mit ein bisschen Spielglück sogar sechs hätten sein können. Da ist die Gemütslage im Künstlerdorf doch eine ganz andere.
Oh ja, beim FC Worpswede ist die Stimmung nach dem Nackenschlag in der Nachspielzeit im Heimspiel gegen Stade im Keller. Drei Spiele, drei Niederlagen, aber immerhin waren die Kicker vom Weyerberg gegen Güldenstern ganz dicht am ersten Punktgewinn. Aber es ist doch immer wieder erstaunlich, wie schwierig es für unsere Aufsteiger ist. Der FC Hambergen ist gleich wieder runter in die Bezirksliga, der SV Lilienthal-Falkenberg musste zurück in die Kreisliga. Ist der Schritt in die nächsthöhere Liga denn wirklich so gewaltig?
Ja und nein. Am Ende ist es eine Frage der Intensität. Und des Willens. Schlechtere Fußballer haben wir hier definitiv nicht, aber wenn ich von der Bezirks- in die Landesliga aufsteige, dann muss ich einfach dreimal die Woche trainieren – es sei denn, ich habe fünf fußballerische Überflieger in der Mannschaft.
Hat in der Regel aber kein Team hier aus dem Landkreis.
Exakt. Und deshalb muss der Aufwand zwangsläufig erhöht werden. DAfür sind dann aber die wenigsten bereit. Selbst bei zwei Einheiten die Woche kommen ja heutzutage nur noch die wenigstens Kicker auf eine Trainingsbeteiligung von über 80 Prozent. Das ist ja auch der Tenor, den Worpswedes Coach Gerd Buttgereit angeschlagen hat. Die Künstlerdorfkicker waren Güldenstern fußballerisch absolut ebenbürtig. Aber die Stader konnten auch in den letzten 20 Minuten noch Gas geben, die Worpsweder nicht. Und am Ende war es ja auch genau das, was Hambergens Trainer Julian Gelies als Fazit der vergangenen Spielzeit gezogen hat: Mit zweimal die Woche Training kann man in der Landesliga nicht bestehen.
Aber wer sich längerfristig in der Landesliga etablieren will, braucht auch Geld. Qualität kostet. Selbst wir stellen immer wieder erstaunt fest, was das für ein Faktor geworden ist. Längst ist doch nicht mehr die sportliche Perspektive ausschlaggebend, sondern das bessere Angebot. Ich glaube, die Teammanager können da ein Lied von singen, oder Tobi?
Oh ja, das wird dann vor allem in der Oberliga ein elementarer Faktor. Wenn Kickers Emden in Bornreihe einen Spieler wie Pascal Steinwender ins Rennen schickt, der bereits beim VfB Lübeck oder SC Paderborn unter Vertrag stand, dann weiß man, was die Stunde geschlagen hat. Das sind dann natürlich Sphären, die man hier im Landkreis niemals erreichen wird. Aber auch in der Landesliga ist das tatsächlich ein großes Thema. Weißt Du, wie Hagens Trainer Tjark Seidenberg es in der Sommerpause mal bezeichnet hat?
Na?
Fachkräftemangel im Amateurfußball.
(lacht) Schöne Bezeichnung. Aber wieso sollte es dem Amateurfußball besser gehen als der Wirtschaft? Die Vereine müssen damit und den daraus resultierenden Folgen leben. Dann wird es eben so laufen, dass sich gleich mehrere Vereine um einen Spieler reißen, und der entscheidet sich dann meist für das beste Angebot. Für die Vereine stellt sich dann die Frage: Bis zu welchem Grad mache ich dieses Spielchen mit, oder mache ich es überhaupt mit?
Das ist definitiv sehr anstrengend und sicherlich auch manchmal frustrierend und demotivierend für viele Trainer und Teammanager. Wir können ja ruhig mal aus dem Nähkästchen plaudern: Es gab zuletzt Vereine, die haben parallel mit zehn Spielern verhandelt, und das durchaus konkret. Wenn diese Spieler tatsächlich alle zugesagt hätten, dann hätte das das Budget komplett gesprengt. Aber da die Erfahrung der letzten Jahre nun mal zeigt, dass am Ende höchstens ein Drittel zusagt, wenn überhaupt, ist das mittlerweile durchaus praktikabel – vielleicht sogar notwendig, damit man am Ende überhaupt neue Spieler bekommt.
Das ist leider wahr. Im American Football sieht das ja ganz anders aus. Wir haben ja kürzlich erfahren, dass Headcoach Maximilian van Laack bei den Ritterhude Badgers aufhören wird. Um das mal mit einem Fußball-Trainer zu vergleichen: Der kümmert sich quasi um zweieinhalb Fußballteams, weil sein Kader um die 60 Spieler umfasst – und kann von dem, was ein Fußball-Landesliga-Coach bekommt, wohl nur träumen. Aber das nur am Rande. Ich finde es aber schon erstaunlich: Im Fußball muss ein Trainer um einen Wunschspieler kräftig buhlen, beim Football läuft das ganz anders, oder Tobi?
Das stimmt. Beim Football ist es oft so, dass Spieler einen Lieblingscoach haben, dem sie dann quasi überall hin folgen. Wechselt der Headcoach den Verein, wechseln automatisch auch einige Spieler. Genau aus dem Grund will Maximilian van Laack ja auch erst einmal als Coach eine Pause einlegen, damit die Badgers diesbezüglich gar nicht erst irgendwelche Probleme kriegen. Stell Dir das Szenario mal im Fußball vor, Dennis: Nils Gresens und Frank Meyer wechseln von Bornreihe nach Hagen – und die halbe Mannschaft geht einfach so mit.
(lacht) Absolut unvorstellbar, wobei: Ich erinnere mich, dass vor Jahren der SC Weyhe sich von seinem Sponsor getrennt hat und daraufhin die ganze Mannschaft gegangen ist. Gab ja keine Kohle mehr zu verdienen.
(lacht) Nicht wirklich zu vergleichen.
Nun ja, ein wenig schon, denn das Glück des SC Weyhe damals war, dass gleichzeitig ein anderer Bremer Verein im Clinch mit seinem Herren-Coach lag und der dann mit seiner kompletten Mannschaft, weil sie zu ihm gehalten hat, in Weyhe angeheuert hat. Aber so etwas ist ja wirklich die Ausnahme. Herr Dohr, Sie als Experte, läuft das "Geschäft" im Frauenfußball eigentlich genauso wie bei den Männern?
Sie meinen "equal pay" im Amateurfußball, Herr Schott? Nee, da sind wir Lichtjahre von entfernt. Aber apropos Frauenfußball: Da war doch was, Herr Kollege. Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen. Ich muss sagen, das hat echt Spaß gemacht, selbst nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft. Volle Stadien, tolle Stimmung und wirklich ein richtig gutes Niveau.
Mir hat letztens jemand in Bornreihe gesagt: Die lamentieren nicht so wie die Männer. Stimmt auch, obwohl ich immer noch denke, dass man dem Frauenfußball keinen Gefallen tut, wenn man ihn ständig mit dem Männerfußball vergleicht. Die Frauen machen ja zum Teil selbst den Fehler (Stichwort "equal pay"). Ich finde Frauenfußball durchaus ansehnlich, aber ich muss auch sagen, dass das Spiel an sich anders interpretiert wird. Zum Beispiel ist das Torwartspiel teils komplett anders, weil eine Torhüterin bei hohen Flanken oder Ecken nicht oder nur selten aus dem Tor kommt. Was ich aber fast schlimm finde, ist die teils verherrlichende Sprache in den Medien. Hast du das Spiel gegen Südkorea gesehen, Tobi?
Nein, hab ich nicht. Klär mich auf.
Das muss man sich mal vorstellen: Deutschland hat wirklich nicht gut gespielt, jede Spielerin hat mit einer 4 minus performt und dann kommt Mitte der zweiten Halbzeit ein schlichter langer Ball in die deutsche Hälfte, bei dem die Verteidigerin 20 Meter Vorsprung auf ihre Gegnerin hat und ihn zur Torhüterin weiterspielt und die Moderatorin sagt: Die Situation hat sie mit ihrer ganzen Routine gelöst. Man, man, man. Der Frauenfußball musste sich in der Vergangenheit viel Unverschämtes anhören, ganz gewiss, aber so macht er sich unglaubwürdig. Zumindest für mich. War das eigentlich schon das Wort zum Sonnabend? (lacht)
Also, da möchte ich in diesem Zusammenhang doch lieber ZDF-Reporterin Claudia Neumann zitieren, die mit Abpfiff des wirklich tollen WM-Finals von Spanien gegen England folgenden Satz zum Besten gab: "Spanien ist Weltmeisterin".
Und alle Gästinnen und Krankenschwesterinnen haben sich mitgefreut. Schönen Dank auch.