Die Eltern in Osterholz-Scharmbeck sind in Aufruhr. Anfang dieser Woche soll mutmaßlich verdorbenes Essen an die städtischen Schulen und Kitas geliefert worden sein. Der Redaktion liegt ein Foto eines mit Essen befüllten Behälters vor, dessen Inhalt von einer weißen Schimmelschicht überzogen zu sein scheint. Der Fall ist ein Höhepunkt der seit Längerem mit dem Caterer Vielfaltmenü bestehenden Probleme (wir berichteten).
Eine Mutter, deren jüngstes Kind in die Kita an der Berliner Straße geht und nicht namentlich in der Zeitung genannt werden möchte, berichtet der Redaktion, dass von dem Fall sowohl die Kita an der Berliner Straße als auch weitere Einrichtungen in der Stadt betroffen gewesen seien. Der Elternbeirat habe getagt und nach den Angaben der Mutter hätte dieser sich nach einer Abstimmung dafür ausgesprochen, dem Caterer direkt zu kündigen. "Dass es mal nicht schmeckt, ist normal. Das ist Geschmackssache", sagt die Mutter. Aber das mutmaßlich verdorbene Essen sei eine andere.
"Vom ersten Tag Probleme"
Franziska von Lütcken, ebenfalls Mutter eines Kindes, das eine der städtischen Einrichtungen besucht, sagt: "Mit Vielfaltmenü gab es vom ersten Tag an Probleme." Im vergangenen August hat das Unternehmen mit Sitz in Berlin die Verpflegung für 13 städtische Kitas und Schulen übernommen. Dem war ein Ausschreibungsprozess vorangegangen, den das Unternehmen für sich entscheiden konnte. Gekocht wird in der Mensa im Campus. Von dort wird das Essen in die Einrichtungen geliefert und vor Ort noch einmal aufgewärmt. Es sei nicht so, dass das Essen nicht genießbar sei, sagt von Lütcken. "Es ist nicht essbar", lautet ihr Urteil. So seien Gnocchi mit der "Konsistenz von Steinen" serviert worden. "Wenn das Essen nicht essbar ist, haben die Kinder nichts zu Mittag", sagt sie. In wiederholten Mails an Linda Gehrmann, Leiterin des Fachbereiches Bildung und Erziehung in der Stadtverwaltung, und Bürgermeister Torsten Rohde hätten sie und andere Eltern auf die Situation aufmerksam gemacht.

Mutmaßlich verschimmeltes Essen soll Anfang dieser Woche an Kitas und Schulen in Osterholz-Scharmbeck ausgeliefert worden sein. Der Redaktion Bilder zugesandt, die die Behälter mit den verdorbenen Lebensmitteln zeigen sollen.
Wie Linda Gehrmann auf Nachfrage der Redaktion mitteilt, haben auch sie die Bilder des vermeintlich verdorbenen Essens erreicht. Darauf habe die Stadtverwaltung das Veterinäramt eingeschaltet. In einer Pressemitteilung zitiert die Verwaltung Torsten Haß, Erster Stadtrat von Osterholz-Scharmbeck und für den Bereich Bildung und Soziales zuständig. "Wir haben ein großes Interesse an guter Essensqualität in unseren Einrichtungen." Daher sei die Stadt mit jedem einzelnen Kritikpunkt an den Caterer herangetreten. "Bereits vor zwei Wochen wurde dem Caterer eine Frist gesetzt, seine Qualität im laufenden Vertrag auf den geforderten Stand zu bringen", erklärt Haß. Dies sei bisher leider erfolglos geblieben. „Wir setzen momentan alles daran, eine annehmbare und schnelle Lösung zum Wohle unserer Kinder zu finden und prüfen daher aktuell in der Konsequenz rechtliche Schritte gegen den Caterer“, sagt der Stadtrat. Aus der Verwaltung ist zu hören, dass er Vertrag mit Vielfaltmenü kurz vor einer außerordentlichen Kündigung gestanden habe.
In der Konsequenz habe die Stadt festgelegt, dass täglich in allen Einrichtungen das gelieferte Essen durch das Personal kontrolliert werde, um Schaden für die Kinder abzuwenden, so Haß weiter. Seit Anfang der Woche habe sich die Qualität des Essens weiter verschlechtert, sodass am Dienstag das Veterinäramt ins Boot geholt wurde und Proben des Essens genommen hat. Die Ergebnisse stünden noch auch, heißt es in der Mitteilung von Mittwoch.
Küchen für Überprüfung gesperrt
Auf Nachfrage erklärt Torsten Haß am Freitag, dass die Stadt zu den Ergebnissen der Prüfung keine Angaben machen könne, weil "ausschließlich der Caterer die Ergebnisse der Untersuchung" erhalte. "Wir als Stadt erhalten lediglich eine Benachrichtigung, wenn die Küche wieder geöffnet wird, somit alle potenziellen Mängel beseitigt sind. Wir rechnen mit dieser Meldung am kommenden Dienstag", so Haß weiter.
Am schulfreien Freitag blieben die Mensen in den Kitas und Schulen geschlossen. Wie der Erste Stadtrat berichtet, habe das Veterinäramt die Küche wegen der Überprüfung am 29. Oktober gesperrt. "Wegen der Feiertage verzögert sich die Abnahme der Küche durch das Veterinäramt." Wie aus einem weiteren Schreiben von Freitag hervorgeht, scheint es ab kommender Woche zunächst mit Vielfaltmenü als Caterer weiterzugehen. Der Vertrag läuft noch bis Sommer 2025.
Vorwürfe zurückgewiesen
Mit den Vorwürfen bezüglich des Essens konfrontiert sagt Vielfaltmenü-Sprecherin Julia Linder: "Nach eingehender Prüfung der uns vorliegenden Informationen liegen uns derzeit keine bestätigten Beschwerden oder Meldungen vor, dass an Kinder verschimmeltes oder verdorbenes Essen ausgegeben wurden. Diesen Vorwurf weisen wir daher ausdrücklich zurück." Einzelfälle, in denen Eltern oder Kinder in anderen Zusammenhängen Unzufriedenheit äußerten, nehme das Unternehmen "selbstverständlich ernst" und prüfe diese detailliert.
"Die Speisen für Schulen und Kitas werden in unserer regionalen Küche für die Einrichtungen in Osterholz-Scharmbeck täglich frisch und unter strengen Hygieneauflagen im Cook & Chill Verfahren zubereitet", sagt Linder weiter. Der gesamte Zubereitungs- und Ausgabeprozesse laufe unter den sogenannten HACCP-Richtlinien ab (Hazard Analysis and Critical Control Points; Deutsch: Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte). Mit dem international anerkannten System sollen laut Vielfaltmenü die Sicherheit für Kinder und Erwachsene gesichert werden. "Unsere Beschäftigten sind speziell darin geschult, alle erforderlichen Schritte und Kontrollen umzusetzen und diese kontinuierlich zu überwachen und zu dokumentieren", so Linder. Daher durchliefen alle Mahlzeiten vor der Ausgabe eine mehrstufige Qualitätskontrolle, "um sicherzustellen, dass nur einwandfreie Gerichte an die Endkonsumenten ausgegeben werden".
Mit Blick auf die Qualitätssicherung und Prävention erklärt Linder: "Vielfaltmenü arbeitet eng mit erfahrenen Fachkräften und Lieferanten zusammen, die ebenfalls höchsten Standards in Bezug auf die Frische und Qualität der Zutaten verpflichtet sind." Zudem führe das Unternehmen regelmäßig interne und externe Kontrollen durch, um die Einhaltung aller rechtlichen und internen Qualitätsstandards sicherzustellen. "Alle Beschäftigten werden regelmäßig zu Hygiene- und Sicherheitsstandards geschult. Sollte es belastbare Hinweise auf Mängel geben, werden wir diese selbstverständlich sorgfältig untersuchen und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen ergreifen", so Linder.