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Bei Apotheke nachgefragt Kreis Osterholz: Welche Medikamente zurzeit fehlen

Lieferengpässe gehören nicht nur bundes-, sondern europaweit zum Alltag von Patienten und Apotheken. Seit einem Jahr soll ein Gesetz Abhilfe schaffen. So stellt sich die Lage im Kreisgebiet aktuell dar.
14.08.2024, 05:00 Uhr
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Von Irene Niehaus Brigitte Lange Lina Wentzlaff

Dass bestimmte Medikamente in den Apotheken nicht immer vorrätig sind, ist keine neue Entwicklung. Spätestens seit Beginn der Pandemie kennen Patienten das Phänomen: Sie bekommen die ihnen verschriebenen Arzneimittel nicht. Im besten Fall gibt es Alternativprodukte. Oft müssen sie sich aber auch auf längere Wartezeiten einstellen. Diese Lieferengpässe verursachen nicht nur Stress und Frust bei den Patienten. Sie stellen für die Apotheken eine enorme organisatorische Herausforderung und Arbeitsbelastung dar – auch im Landkreis Osterholz. Und ein Ende scheint nicht in Sicht.

Gibt es aktuell Versorgungsengpässe in der Region?

Ja. Auch Apotheken im Kreis Osterholz haben mit den Engpässen zu kämpfen. "Das ist schon ziemlich lange so; das fing bereits mit Corona an", sagt Ulrike Werkman, diensthabende Apothekerin in der Avie Apotheke in Buschhausen. Betrieben werden sie und die Alte Apotheke in Osterholz-Scharmbeck von dem Apotheker Burghard Nohns. Inzwischen könne fast von einem Dauerzustand gesprochen werden, meint Ulrike Werkman. Es gebe immer noch Engpässe, bestätigt ebenfalls Otto Wilkens von der Rats-Apotheke in Lilienthal, "vielleicht ist es aber nicht mehr ganz so schlimm."

Bei welchen Medikamenten gibt es besonders große Engpässe?

Apotheker Wilkens berichtet, dass bei ihm beispielsweise bestimmte Diabetesmedikamente knapp seien, die missbräuchlich zum Abnehmen genutzt würden. Zudem gebe es einen Mangel an Fiebersäften, sagt er. Antibiotika fehlen ihm zufolge ebenfalls. Besser geworden sei es dagegen mit der Lieferung von Herzmedikamenten. "Lieferengpässe gibt es in allen Bereichen", stimmt ihm Apothekerin Ulrike Werkman zu. Selbst bei Kosmetika. Übereinstimmend nennen befragte Apotheker im Kreisgebiet Probleme bei einigen Antibiotika, verschiedenen Cholesterin-Senkern, Blutverdünnern, Osteoporose-Medikamenten und Betablockern.

Welche Auswirkungen haben die Engpässe für die Apotheken?

In der Regel versuchen die Apotheken, die Lieferengpässe selbst zu managen. So könne man für die fehlenden Medikamente Alternativen suchen, erklärt Otto Wilkens: "Man kriegt das meistens geregelt." Allerdings gebe es diese Alternativen nicht für alle Arzneimitteln. Für Apotheken, die ohnehin schon mit Personalmangel zu kämpfen haben, bedeutet das noch mehr Arbeit, da sie eine Änderung der Medikation mit dem behandelnden Arzt absprechen müssen. Manche Patienten beharrten aber auf dem Medikament einer bestimmten Firma. "Dann müssen wir manchmal tagelang hinterhertelefonieren, um es zu bekommen", so Wilkens. Identisches berichtete Ulrike Werkmann. "Wir verbringen Stunden mit der Recherche nach Medikamenten." Sie würden mit den Großhändlern sprechen, andere Apotheken anfunken, um zu fragen, ob die noch Reserven haben. Fruchte das alles nicht, suchten sie nach einer Alternative. Die aber müssten sie mit den Ärzten absprechen. Da diese in der Regel selbst stark belastet seien, dauere es, bis sie sie ans Telefon bekommen. Manchmal würden Kunden eine halbe Stunde warten. "Und dann müssen wir sie doch ergebnislos fortschicken." Oder sie vereinbarten mit ihnen, sie telefonisch zu benachrichtigen, wenn sie Erfolg hatten beziehungsweise eine andere Lösung anbieten könnten.

Was bedeutet der Medikamentenmangel für die Patienten?

Für manche Patienten ändert sich bei den Medikamenten nur das Aussehen der Verpackung oder der Hersteller, von dem das Medikament kommt. Andere müssen dagegen auf einen anderen Wirkstoff umsteigen und abwarten, ob dieser überhaupt anschlägt. Im Notfall müssen Patienten sogar auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet werden oder selbst andere Apotheken aufsuchen. Die Apotheker versuchen aber, möglichst keine Patienten ohne Medikamente gehen zu lassen – und meistens klappe das auch, sagen jene, die die Redaktion befragt hat. "Wir versuchen, das Unmögliche möglich zu machen", so Ulrike Werkmann. Aber das sei schwierig, und die Kosten blieben zum Teil an ihnen hängen. Ihr Resümee: "Man kann das Ganze nur mit einem Größtmaß an Gelassenheit machen, um das Bestmögliche zu erreichen."

Warum gibt es Medikamentenengpässe?

Eine Ursache ist, dass es für die meisten Wirkstoffe nur noch sehr wenige Hersteller gibt – und diese Unternehmen ihren Sitz oft weit weg in Asien haben. Das vor einem Jahr in Kraft getretene "Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz" sollte Abhilfe schaffen. Um Lieferengpässe einzudämmen, sollen wieder mehr Medikamente in Europa produziert werden. In manchen Fällen ist das aber überhaupt nicht möglich, denn für bestimmte Wirkstoffe gibt es gar keine Produktion mehr in Europa. Die EU ist von Drittländern, hauptsächlich von China und Indien, abhängig, wenn es um die Herstellung von Wirkstoffen, chemischen Substanzen und Medikamenten geht. Damit sind dann auch die Lieferketten anfällig.

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