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Geplante Ansiedlung in Achim Amazon: Achimer Bürger haben den Verkehr im Visier

Schon jetzt und bereits seit Jahren ist die Verkehrssituation in Uesen ein Problem. Ob sie sich durch Amazon noch verschlimmert? Die Bürger glauben schon, der Verkehrsplaner sieht das anders.
28.02.2018, 17:45 Uhr
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Amazon: Achimer Bürger haben den Verkehr im Visier
Von Kai Purschke

Das Misstrauen saß ebenfalls in der Aula des Cato-Bontjes-van-Beek-Gymnasiums, in der sich – wie berichtet – am Dienstagabend rund 350 Menschen den Stand der Dinge zur geplanten Amazon-Ansiedlung erläutern ließen und anschließend Fragen stellen sowie Statements abgeben konnten. Misstrauen, weil die Amazon-Kritiker und insbesondere Einwohner Uesens offenbar weder den Ausführungen von Bürgermeister Rainer Ditzfeld, noch denen der EVG (Entwicklung und Vermarktung von Grundflächen) oder gar den Angaben der Amazon-Vertreter Glauben schenken. Auch das Verkehrsgutachten und die Ausführungen von Verkehrsplaner Heinz Mazur (Büro PGT) wurden in lautstarken Äußerungen offen angezweifelt.

Die Befürchtung, dass die schon seit Jahren rund um die Ueser Kreuzung existierenden Verkehrsprobleme durch Amazon noch verschärft werden, ist groß. Zumal bislang nicht feststeht, ob die notwendige Optimierung der Ueser Kreuzung überhaupt passiert – und wenn ja, ob sie vor einer Gewerbeansiedlung geschieht und wer sie bezahlt. „Ihr müsst doch erst die Kreuzung ausbauen und dann eine Ansiedlung vornehmen und nicht andersherum. Ihr zäumt das Pferd vom Schwanz auf“, sagte ein älterer Achimer. Die abschließende gut zweistündige Fragerunde machte deutlich, was seit Bekanntwerden des Ansiedlungswunsches die Bürger am meisten umtreibt: der Verkehr.

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Auf die Veränderungen an der Ueser Kreuzung – an der sich zwei Landesstraßen kreuzen – hat der Achimer Rat keinen Einfluss, seine über alle Fraktionen hinweg formulierte Forderung ans Land (wir berichteten) muss nun auf Gehör stoßen. Was aber den geplanten Straßenausbau am Uesener Feld angeht, der laut Verkehrsplaner Mazur die Verkehrssituation trotz der durch Amazon erwarteten Fahrzeuge insgesamt verbessern kann, dazu soll der Rat am 17. Mai den Satzungsbeschluss fassen. Verweigert er diesen, kommt Amazon nicht. Der betreffende Bebauungsplan beinhaltet auch die von Amazon zur Bedingung gemachte zweite Zufahrt zum Gewerbegebiet Uesener Feld. Für das Areal selbst, das betonte die Verwaltung mehrfach, besteht bereits ein rechtsgültiger Bebauungsplan. Theoretisch könnte Amazon oder ein anderes Unternehmen, wenn keine zweite Zufahrt gebraucht würde, direkt den Bauantrag stellen.

Dreistöckige Halle geplant

Investor Jan Dietrich Hempel, Geschäftsführer von Garbe Industrial Real Estate, will das 150 000 Quadratmeter große Grundstück von der EVG kaufen, dort eine 40.000 Quadratmeter große Halle bauen und sie an Amazon für zunächst 15 Jahre vermieten. „Es ist eine dreistöckige Immobilie geplant“, sagte er. Außerdem sollen 83 Lkw-Trailer-Parkplätze und rund 900 Auto-Stellplätze entstehen. Die Halle soll 16 Meter hoch sein, bis zu 18 Metern Höhe lässt der Bebauungsplan zu. Wie ein Amazon-Vertreter später ergänzte, sollen sich die Lkw-Ports in Richtung Feld und die etwa 500 Meter dahinter liegende Wohnbebauung richten. „Dazwischen würden wir eine Lärmschutzwand bauen, aber keine graue Betonwand“, sagte er. Die Wand sei nötig, um die Auflagen einhalten zu können. Aufs riesige Hallendach sollen Fotovoltaikanlagen installiert werden. Wie Amazon außerdem erklärte, würde das Unternehmen auch in Achim einen mittleren sechsstelligen Betrag an Gewerbesteuern zahlen, „und zwar vom ersten Tag an“. Man plane mit bis zu 2000 Arbeitsplätzen, etwa zur Weihnachtszeit werden es 3600 sein. Amazon schließt aus, dass frische Lebensmittel in Achim gelagert und von hier verteilt würden.

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Vor allem möchte Amazon so schnell wie möglich loslegen, schließlich wurden die ursprünglichen Pläne offenbar bereits durchkreuzt. Wie ein für Expansion verantwortlicher Amazon-Vertreter ausführte, sei die Fertigstellung des Gebäudes für 2019 geplant gewesen, nun dürfte es laut Investor Garbe „das erste Quartal 2020“ werden, wenn alles optimal läuft. Dazu passt, dass die Stadt Achim im September wohl voreilig mitgeteilt hatte, dass „auf der Basis eines verbindlichen Angebotes bis zum Jahresende 2017 ein Vertragsabschluss zu erwarten ist“. Aber auch während der Versammlung betonten Ditzfeld und sein Stellvertreter Bernd Kettenburg, der auch einer von zwei EVG-Chefs ist, dass noch kein Vertrag unterschrieben sei.

Das dürfte auch an der Problemlage Ueser Kreuzung liegen. Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte der WESER-KURIER die Ansiedlungspläne öffentlich gemacht, für die erste Auslegungsphase des Bebauungsplans „Verkehrsentwicklung Achim-Ost“ im Dezember lag aber noch immer keine aktuelle Untersuchung der Ueser Kreuzung in Bezug auf den Amazon-Verkehr vor – was der Stadt bereits den Zorn einiger Bürger beschert hatte. Für die Achimer Bürgerinteressenvertretung (BI) sagten Hans-Dieter Pöhls und Thomas Wendt nach der Sitzung, dass sie bereits einen Verkehrssachverständigen und einen Juristen an ihrer Seite hätten, die ihnen bei der Ausarbeitung ihrer Stellungnahmen helfen. Sie hätten ihr Pulver noch nicht verschossen und würden weitere Einwände gegen das Vorhaben äußern. Der Ausgang der Abwägung ihrer Argumente zeige dann, ob sie weitere Schritte gegen die Ansiedlung unternehmen. Pöhls und Wendt sprachen von „Lügen“, die den Bürgern aufgetischt würden.

Der B-Plan Nr. 65 liegt bis zum 27. März im Rathaus Achim (Zimmer 323) während der Besuchszeiten aus. Bürger können Stellungnahmen abgeben.

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