Luft gegen Geld: Ein Thema, mit dem sich Autofahrer in den vergangenen Jahren immer wieder beschäftigen mussten. Denn mit den Tankstellen-Ketten Shell und Esso führten die ersten Anbieter kostenpflichtige Druckluftautomaten ein – einen Euro mussten Autofahrer an den teilnehmenden Stationen berappen, um die Reifen aufzupumpen.
In den vergangenen Tagen machte nun die Meldung die Runde, dass Esso bald die kostenpflichtigen Automaten an jeder Tankstelle einführen werde. Die kostenpflichtigen Esso-Geräte funktionieren so: Für einen Euro sind sie sechs Minuten lang nutzbar. Wer nicht so lange braucht, um die Reifen aufzupumpen, kann für die Restzeit den ebenfalls enthaltenen Staubsauger nutzen. Das Überprüfen des Luftdrucks ist aber auch möglich, ohne Geld einzuwerfen. „Ich weiß von keinem Automaten“, sagte Andrea Schmidt, deren Mann Reiner Esso-Tankstellen in Achim und Verden gepachtet hat. Die Geräte seien kostenlos nutzbar und es sei nicht geplant, das zu ändern. Das versicherte auch Matthias Hoeper, Eigentümer der Esso-Tankstelle in Oyten. Er habe auch nicht davon gewusst, dass das Unternehmen einen solchen Schritt plane. Für ihn stand aber fest: „An meiner Tankstelle wird es das nicht geben.“ Weil die tragbaren Geräte gerne geklaut würden, habe er zwar auch eine Säule aufgestellt. Die bleibe aber kostenlos.
Aber was hat es mit den Berichten auf sich, dass alle Esso-Tankstellen umgerüstet werden sollen? „Das Modell ist bereits seit zwei Jahren in bestimmten Regionen auf dem Markt“, erklärte die Sprecherin des Mutterkonzerns Exxon-Mobil, Gabriele Radke. Dabei habe es sich auch nicht um einen Testlauf, sondern um eine Entscheidung gehandelt. 260 der 1100 Esso-Tankstellen seien bislang mit den kostenpflichtigen Druckluftautomaten ausgestattet. Das sei auch flächendeckend, meistens an Brennpunkten, aber eben nicht an jeder der etwa 1100 Tankstellen. Ein genaues Konzept, dies auszuweiten, gebe es nicht. „Von allen war nie die Rede“, beschwichtigte sie im Gespräch mit unserer Zeitung.
Es gehe auch nicht nur um die Debatte Luft gegen Geld. Die Automaten böten durchaus Vorteile im Vergleich zu den tragbaren Geräten. „Es ist bequemer und sauberer“, führte Radke aus. Der Nutzer müsse sich nicht mehr permanent bücken, auch das Auffüllen oder Abpumpen von Luft übernehme das Gerät – nach Voreinstellung – allein. Die Automaten selbst seien aber nur gemietet und es gebe einen Vertrag mit einem Anbieter, der für die Wartung der Geräte zuständig sei. Da dies mit Kosten verbunden sei, werde der Kunde daran beteiligt. „Für erhöhten Service muss man bezahlen“, sagte Radke und betonte, dass das Prüfen des Reifendrucks aber kostenlos bleibe.
So verfährt auch der Mitbewerber Shell an einigen Tankstellen: Das Überprüfen des Reifenluftdrucks ist kostenlos, das nachfüllen aber kostet Geld. Das ist bei 150 der insgesamt 2000 Tankstellen der Fall – neun davon stehen in Niedersachsen. „Wir haben die Automaten 2013 installiert, seitdem hat sich nichts geändert und das wird es auch erst einmal nicht“, sagte Unternehmenssprecherin Cornelia Wolber. Die kostenpflichtigen Automaten seien schwerpunktmäßig in Grenznähe zu den Niederlanden aufgestellt worden, da sie dort schon verbreiteter seien. Ob die Tankstellenkette deswegen Kunden verloren hat, ließe sich nicht feststellen. Aber: „Die Automaten werden von den Kunden durchaus geschätzt.“ Verantwortlich für die neuen Geräte sei eine niederländische Firma, die defekte Geräte binnen 24 Stunden repariere. Die tragbaren Geräte seien dagegen oft kaputt oder ungenau gewesen oder geklaut worden. „Spätestens wenn es zum dritten Mal geklaut wurde, fragt der Betreiber nach einer Alternative“, sagt Wolber.
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) kritisiert die Betreiber der kostenpflichtigen Stationen. „Wir lehnen Gebühren konsequent ab“, sagte Diana Sprung. Zu den Serviceleistungen gehörten neben der Reifenluft auch Papierkörbe oder das Scheibenwasser. „Wir empfehlen auch, solche Stationen zu meiden und andere zu suchen.“ Der Automobil-Club sehe vor allem ein Problem darin, dass die Gebühren abschreckend wirkten. „Das geht zu Lasten der Sicherheit und ist ein unnötiger Risikofaktor“, warnte Sprung. Das Problem sei, dass Autofahrer ohnehin zu selten den Reifenluftdruck kontrollierten – der ADAC empfiehlt alle zwei Wochen.
Kostenlos sollte nach Ansicht von Philip Seppke, der zwei Aral-Tankstellen in in Verden betreibt und eine in Rotenburg betreibt, der gesamte Service bleiben. „Die Geräte kosten viel und sind schnell kaputt“, weiß er, „aber man kann für Luft kein Geld nehmen.“ Autofahrer im Landkreis Verden dürfen also vorerst aufatmen. An den meisten Tankstellen ist Reifenluft aktuell kostenlos und soll es auch bleiben.
Reifenluftdruck alle zwei Wochen prüfen
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) empfiehlt Autofahrern, den Reifenluftdruck alle 14 Tage zu prüfen. „Der Reifen verliert bis zu 0,1 Bar Druck pro Monat“, erklärt Diana Sprung. Schon ein Minderdruck von 0,2 Bar führe zu einem erhöhten Rollwiderstand, wodurch der Kraftstoffverbrauch steige. Bei zu wenig Luft im Reifen sei außerdem die Seitenführung schlecht. „Das führt zu einem verlängerten Bremsweg und einem höheren Verschleiß“, führt sie aus. Stimme der Druck im Reifen nicht, erwärme dieser sich auch schneller – und damit steige das Risiko eines Reifenschadens.