- Warum wurde das Verfahren eingestellt?
- Was haben die Klimaschutzaktivisten getan?
- Warum hatte die Verdener Staatsanwaltschaft ein Problem dem Protest?
- Ist der Vorwurf der Nötigung mit der Einstellung des Verfahrens endgültig vom Tisch?
Die Protestaktion von Klimaschutz-Aktivisten am Bremer Kreuz im April 2021 bleibt vorerst ohne juristische Folgen. Die für diese Woche angesetzte Berufungsverhandlung, in der sich zwei der Demonstranten verantworten sollten, stellte das Landgericht Verden auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein, wie ein Sprecher des Gerichts auf Anfrage erklärt.
Damit hat sich auch das Urteil des Amtsgerichts Achim erledigt. Dort waren die beiden Demonstranten zu 90 Tagessätzen à zehn Euro sowie 70 Tagessätzen à zehn Euro verurteilt worden. Den Tatvorwurf der Nötigung sah die Richterin nach fünf Verhandlungstagen bestätigt. Sie blieb in ihrem Urteil dennoch deutlich hinter der Forderung des Staatsanwalts geblieben, der Freiheitsstrafen von neun Monaten und acht Monate für angemessen hielt und zusätzlich für 120 Sozialstunden plädiert hatte. Die Angeklagten hatten schon vor der Urteilsverkündung mitgeteilt, alles andere als einen Freispruch nicht zu akzeptieren, und legten deshalb Berufung in der Sache ein.
Warum wurde das Verfahren eingestellt?
Der Verdener Gerichtssprecher verweist auf Paragraf 154 der Strafprozessordnung. Demnach könne ein Verfahren eingestellt werden, wenn weitere Verfahren gegen die Beschuldigten anhängig seien und die erwartete Strafe im Gesamtkontext nicht sonderlich ins Gewicht falle. Und im Fall der beiden Klimaschutzaktivisten, die sich vor dem Amtsgericht Achim verantworten mussten, scheint es solche Fälle zu geben. Das Landgericht und die Staatsanwaltschaft in Verden bestätigen beide, das bei der Beschuldigten Frau Urteile aus Hildesheim und Frankfurt vorlägen, bei denen die Geldstrafe wesentlich höher ausfalle als bei dem in Achim verhandelten Fall. Bei dem Mann gebe es Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig, die ebenfalls ein deutlich höheres Strafmaß nach sich ziehen würden, sollte es zur Anklage und Verurteilung kommen. Die für den 3. September angesetzte Berufungsverhandlung "hätte keinen Mehrwert", sagt der Gerichtssprecher. Dabei ist es den Angaben zufolge unerheblich, ob die Taten in einem Zusammenhang stehen. Entscheidend ist alleine die zeitliche Nähe der Gerichtsverhandlungen. Die Einstellung des Verfahrens ist also kein Hinweis auf Schuld oder Unschuld der Angeklagten, sondern zielt allein auf die Verhältnismäßigkeit zwischen dem Aufwand für die Verfahrensbeteiligten und das erwartete Strafmaß.
Was haben die Klimaschutzaktivisten getan?
Die Staatsanwaltschaft hat ihnen vorgeworfen, Teil einer Gruppe gewesen zu sein, am 15. April 2021 auf eine Schilderbrücke an der A27 zwischen der Anschlussstelle Achim-Nord und dem Bremer Kreuz geklettert zu sein. Dort klebten sie anlässlich der damals in Bremen stattfindenden Verkehrsministerkonferenz ein Transparent gegen die ihrer Meinung nach verfehlte deutsche Klimapolitik fest und seilten sich dafür zum Teil von der Schilderbrücke ab. Ähnliche Aktionen fanden damals zur selben Zeit auch auf der A1 bei Oyten und auf Bremer Stadtgebiet statt. Am 28. August 2024 sorgten sie mit einer ähnlichen Aktion – dieses Mal seilten sie sich von einer Brücke über der Autobahn ab – erneut für Aufsehen. Anders als 2021 war diese Aktion allerdings beantragt und gerichtlich genehmigt worden.
Warum hatte die Verdener Staatsanwaltschaft ein Problem dem Protest?
Die Staatsanwaltschaft hatte die beiden Angeklagten ursprünglich neben Nötigung auch noch wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung angeklagt. Die beiden letzten Punkte waren im Laufe des Verfahrens allerdings fallengelassen worden. Den Vorwurf der Nötigung im besonders schweren Fall sah der Staatsanwalt allerdings bestätigt. "Der Stau, der wegen der Protestaktion entstanden ist, war lang und hat viele Personen in Mitleidenschaft gezogen", begründete er in seinem Plädoyer. Die Aktivisten hingegen sahen ihren Prozess als legitime Form der Meinungsäußerung an und sahen eher die Polizei in der Verantwortung für den entstandenen Stau. Schließlich sei es die Entscheidung der Polizisten gewesen, den Bereich um das Autobahnschild mit ihren Fahrzeugen zu sichern.
Ist der Vorwurf der Nötigung mit der Einstellung des Verfahrens endgültig vom Tisch?
Ja, zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit. Zwar ist es theoretisch möglich, dass das Verfahren gegen die Beschuldigten wieder aufgenommen wird, wenn die als Grund für die Einstellung vorgebrachten anderen Prozesse schließlich doch keine Strafen nach sich ziehen sollten. In der Praxis komme dies allerdings nur sehr selten vor, sagt der Gerichtssprecher.