Der Wechsel von der Kindertagesstätte in den Grundschulalltag ist nicht einfach. Länger still sitzen müssen, neue Strukturen und veränderte Erwartungen sind nur einige Punkte, die den Mädchen und Jungen den Start in den neuen Lebensabschnitt erschweren. An den Verdener Grundschulen unterstützen nun FSJler die Kinder bei der Umstellung. Nicht nur die Jüngsten sollen davon profitieren.
"Wir haben für jede Klasse eine Kraft gefunden", erklärt Verdens Bürgermeister Lutz Brockmann bei einem Treffen mit den eingestellten FSJlern. Ein Jahr lang sind die 14 jungen Menschen an den Verdener Grundschulen im Einsatz. Die Stadt lässt sich das Projekt rund 86.000 Euro kosten und möchte künftig weiter auf die Verstärkung von jungen Frauen und Männern setzen, die nach dem Schulabschluss ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolvieren wollen.
Entlastung für Lehrkräfte
Eine zweite Lehrkraft für jede Klasse wäre eine nicht finanzierbare Alternative gewesen, macht Brockmann deutlich. Die günstigere Lösung sei nun in mehrerer Hinsicht eine Bereicherung. Für die Lehrkräfte sei es eine Erleichterung, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen an ihrer Seite zu wissen, weiß Carola Reinecke, Leiterin der Nicolaischule. Es seien oft ganz kleine, alltägliche Fragen, bei denen die Freiwilligendienstleistenden zur Stelle seien. So helfen sie, verschollene Mappen ausfindig zu machen, widerspenstige Reißverschlüsse zu öffnen und trösten bei kleineren Problemen, während die Lehrkräfte sich auf ihre Hauptaufgabe konzentrieren können.
Auch Sven Ommen, Rektor der Grundschule am Lönsweg, ist von dem Konzept überzeugt: "Es ist für die Klassen und Lehrkräfte wirklich sehr hilfreich." Doch auch die FSJler profitieren von ihrem Gastspiel an den Grundschulen. "Sie können sich ein wenig ausprobieren und wichtige Erfahrungen sammeln."
Hilfe bei beruflicher Orientierung
Während einige junge Menschen nach ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr überzeugt seien, sich auch beruflich mit Kindern beschäftigen zu wollen, schlügen andere einen ganz anderen Weg ein, lautet die Erfahrung von Claudia Stüven, Rektorin der Jahnschule. "Ich werde jetzt Mechaniker" habe ihr ein ehemaliger FSJler zum Abschied angekündigt. Auch das sei eine wichtige Erkenntnis.
"Wir brauchen Menschen, die Interesse haben, Menschen zu helfen", betonte Brockmann beim Austausch mit den FSJlern und Schulleitungen. Er erhoffe sich von dem Projekt auch, viele junge Frauen und Männer für soziale Berufe begeistern zu können. Denn Fachkräfte in diesem Bereich seien sehr gefragt.

Auch Schulleiter Sven Ommen (3. v. li.) freut sich über die Unterstützung der FSJler.
"Ich würde sehr gerne Sozialpädagogik studieren", lautet die Erkenntnis von Luana Rawe, die an der Grundschule im Sachsenhain ihr FSJ zum neuen Schuljahr begonnen hat. Die Arbeit mit den Kindern mache ihr viel Freude. Lehrerin wolle sie allerdings nicht werden, ist sie inzwischen überzeugt.
Zusätzliche Erklärungen
Eigentlich wollte sie nach dem Schulabschluss ins Ausland gehen, erzählt Anali Olivero. Nachdem sich die Pläne zerschlagen hatten, entschied sie sich für ein FSJ. Die ersten Monate an der Grundschule am Sachsenhain hätten ihr bereits sehr gut gefallen. Es sei ein gutes Gefühl, den Kindern, die im Unterricht hier und da nicht mitkämen, ein wenig unter die Arme greifen zu können. Und so erklärt sie ihren Zöglingen beispielsweise, was es mit den verliebten Zahlen auf sich hat. Die ergeben miteinander addiert immer eine Zehn, erläutert sie. Manchmal könnten sich die FSJler vielleicht besser in die lernenden Kindern hineinversetzen als die Lehrkräfte, mutmaßt Olivero.
Vorerfahrungen hat hingegen Shawn Böhling an die Grundschule am Sachsenhain mitgebracht. Er hat sein Abitur an den Berufsbildenden Schulen mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik absolviert und möchte nun weitere praktische Erfahrungen sammeln. Für Nikola Powierska ist ihre Zeit an der Jahnschule hingegen eine Entscheidungshilfe. Sie will von ihrem FSJ abhängig machen, ob sie anschließend Grundschullehramt studieren wird.
Begleitung durch den Alltag
"Helfen, wenn es nötig ist", laute die Kernaufgabe der FSJler, erklärt Lana Zerbin, die ebenfalls an der Jahnschule im Einsatz ist. Die Kinder morgens zu begrüßen und zum Klassenzimmer zu begleiten, gehörten zu den Aufgaben, mit denen sie und ihre Kolleginnen betreut seien. Auch beim Mittagessen, im offenen Ganztag und bei den Hausaufgaben greife sie den Kindern unter die Arme.
Auch in den kommenden Jahren sollen FSJler die Schuleinsteiger durch ihren Alltag begleiten. Neben einem Taschengeld erhalten die jungen Menschen für ihre Arbeit auch Schulungen. Bereits jetzt können sich Interessierte bei den Grundschulen ihrer Wahl um die Plätze bewerben.