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Fragwürdige AfD-Liste FDP-Politiker beharren auf Wahlwiederholung in Niedersachsen

Marco Genthe will sich nicht damit abfinden, dass seine FDP nicht mehr im Landtag vertreten ist. Die AfD-Liste sei undemokratisch zustande gekommen. Über seinen Einspruch entschiedet nun ein Prüfungsausschuss.
23.06.2023, 11:46 Uhr
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FDP-Politiker beharren auf Wahlwiederholung in Niedersachsen
Von Peter Mlodoch

Der frühere FDP-Landtagsabgeordnete Marco Genthe aus Wehye bei Bremen und sein Parteifreund Alexander Grafe aus Asendorf (Kreis Diepholz) lassen nicht locker. Vehement widersprechen sie erneut der Auffassung von Landeswahlleiterin Ulrike Sachs, die keine Gründe für eine Anfechtung der niedersächsischen Landtagswahl vom 9. Oktober 2022 sieht. Die Aufstellung der AfD-Liste im vergangenen Jahr sei unter höchst fragwürdigen, nämlich undemokratischen Umständen zustande gekommen. Sie hätte gar nicht zur Wahl zugelassen werden dürfen, erklären die beiden Juristen und fordern eine Wiederholung des Urnengangs. Ähnlich argumentieren auch Gefolgsleute des ehemaligen AfD-Funktionärs Friedhelm Pöppe aus der Wesermarsch.

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Am 5. Juli tagt nach Informationen des WESER-KURIER der Wahlprüfungsausschuss des Parlaments zum ersten Mal in öffentlicher Sitzung, um über rund 20 Einsprüche gegen das Ergebnis der Landtagswahl zu verhandeln. Damals hatte die AfD elf Prozent erreicht und stellt seitdem 18 Abgeordnete. Zu der ganztägigen Sitzung sollen dem Vernehmen nach nicht nur die Beschwerdeführer wie Genthe und Grafe, sondern auch Zeugen wie der frühere AfD-Abgeordnete Christopher Emden geladen werden. Der frühere Richter hatte kurz vor der Wahl in einem ZDF-Interview seinen Parteifreunden Stimmenkauf und das Führen einer illegalen Kriegskasse vorgeworfen. Um auf die AfD-Liste zu kommen, habe man mindestens 4000 Euro berappen müssen.

Die Staatsanwaltschaft eröffnete daraufhin zwar ein Ermittlungsverfahren, unter anderem gegen den Kontoinhaber und jetzigen AfD-Abgeordneten Ansgar Schledde, stellte dieses aber alsbald ein. Nach den Akten der Ermittler, die der Ausschuss einsehen konnte, gab es in der Tat dubiose Kontobewegungen. So sollen sechs AfD-Kandidaten im Vorfeld der Listenaufstellung insgesamt 16.000 Euro auf das Konto eingezahlt haben. Alle sechs sind dann auch ins Parlament eingezogen. Als Verwendungszweck war dabei auch mal „K-Kasse“ oder „Aktionskasse“ vermerkt. Andere Einzahler verwendeten offenbar ebenfalls diese Begriffe. Auszahlungen in Höhe von 41.000 Euro sollen einen AfD-Bezug gehabt haben, etwa für die Übernahme von Hotelkosten oder die Anmietung von Kleinbussen für die Anreise zu Parteitagen. Einen hinreichenden Verdacht auf konkrete Straftaten konnte die Staatsanwaltschaft darin aber nicht erkennen.

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Für die Landeswahlleiterin haben diese Vorgänge keine Relevanz. Die Überprüfung von möglichen Verstößen gegen Regeln der Parteienfinanzierung fielen nicht unter ihre Aufgaben und Befugnisse. Ähnlich argumentiert Sachs bei den von der FDP ins Feld geführten Satzungsverstößen. Dafür sei sie gar nicht zuständig, das sei nämlich eine innerparteiliche Angelegenheit. Mit der Bürgerschaftswahl in Bremen, wo die AfD wegen zwei konkurrierender Listen nicht zugelassen war, seien die Vorgänge in Niedersachsen nicht zu vergleichen.

Genthe und Grafe wollen dies so nicht stehenlassen. Die gegen die eigenen Parteiregeln aufgestellte Liste wirke sich durch den Einzug der AfD in den Landtag sehr wohl auf ganz Niedersachsen aus. Und dafür gelte natürlich das verfassungsrechtlich festgelegte „Gebot der Einhaltung demokratischer Grundsätze“. Im Übrigen sei auch AfD-Landeschef Frank Rinck satzungswidrig ins Amt gekommen, er hätte den Wahlvorschlag nicht einreichen dürfen.

„Die Vorwürfe sind komplett haltlos und völlig absurd“, sagte AfD-Parlamentsgeschäftsführer Klaus Wichmann dem WESER-KURIER. „Ich bin da tiefenentspannt.“ Die Wahl des Landesvorsitzenden und die Aufstellung der Wahlliste seien satzungskonform erfolgt. Die Vorwürfe seines Ex-Fraktionskollegen Emden tat der Rechtsanwalt als Rachefeldzug ab. Bei der Listenaufstellung habe es völlig unerwartete Stimmergebnisse gegeben. Das spreche gegen einen Stimmenkauf.

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