Die große Mehrheit der Menschen in Niedersachsen befürwortet zwar einen massiven Ausbau der Windenergie. Dieser dürfe aber nicht zulasten des Naturschutzes gehen, schränkt dabei fast die Hälfte gleich wieder ein. Das ergibt sich aus dem Niedersachsen-Check, einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag von niedersächsischen Tageszeitungen.
Fast zwei Drittel (61 Prozent) der 2.010 befragten Wahlberechtigten hegen danach auch erhebliche Zweifel an dem Ziel, bis zum Jahr 2030 die Energieversorgung des Landes vollständig auf erneuerbare Energien umzurüsten. Nur die Anhänger der Grünen geben sich hier optimistisch; 62 Prozent glauben an den Umstieg. In den Lagern von CDU (76 Prozent nein), FDP (71 Prozent) und erst recht AfD (99 Prozent) überwiegt die Skepsis deutlich.
Windenergie
Beim Ausbau der Windenergie in Niedersachsen sind sich – bis auf die AfD – die Anhänger der Parteien weitgehend einig. Die höchste Zustimmung gibt es mit 93 Prozent bei den Grünen, gefolgt von SPD und FDP (jeweils 87 Prozent) und CDU mit 76 Prozent. Bei den AfD-Anhängern lehnen dagegen 65 Prozent deutlich mehr Wind-Anlagen ab.
Ein anderes Bild ergibt sich allerdings bei der Frage, ob man den Wind-Ausbau auch auf Kosten des Naturschutzes erheblich erleichtern sollte. Das Ja schrumpft auf 44 Prozent, das Nein wächst auf 49 Prozent. Hierfür ist aber vor allem das AfD-Lager mit einer hohen Ablehnungsquote von 68 Prozent verantwortlich. Bei den Anhängern der anderen Parteien schlägt das Pendel zugunsten der Windkraft auf – am meisten bei der FDP mit 56 zu 43.
Atomkraft
Angesichts drohender Engpässe bei der Energieversorgung sprechen sich 70 Prozent der befragten Niedersachsen dafür aus, das für Ende 2022 vorgesehene Aus für die drei noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke zu überdenken. Eines davon ist das Kernkraftwerk Emsland in Lingen. Vor allem Männer und ältere Menschen plädieren dafür. Bei Anhängern von CDU (88 Prozent) FDP (87 Prozent) und AfD (93 Prozent) findet die Position eine extrem hohe Zustimmung. Aber auch noch bei der SPD mit 61 Prozent ist sie deutlich. Einzig das Grünen-Lager lehnt sie mit 57 Prozent ab. Immerhin wollen 41 Prozent der Grünen-Wählerschaft ebenfalls ein Überdenken.
Mit jeweils 47 Prozent halten sich Ja und Nein die Waage bei der Frage, ob die bereits erfolgte Abschaltung der niedersächsischen AKW (Lingen alt, Stade, Unterweser und zuletzt Grohnde) aus heutiger Sicht ein Fehler war. Mehrheitlich finden dies die Männer, die 45- bis 59-Jährigen sowie erneut die Anhänger von CDU, FDP und AfD. Dagegen halten Frauen, die 18- bis 29-Jährigen sowie die Anhänger von SPD und Grünen die Stilllegung für richtig. 20 Prozent der Grünen-Wähler zweifeln dies allerdings auch an.
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Kohle
Die Frage, ob man auch den für 2030 vorgesehenen Ausstieg aus der Kohlekraft verschieben sollte, förderte ein 47:47-Patt zutage. Anhänger von Grünen (77 Prozent), FDP (57) und SPD (53) halten das nicht für richtig. Bei CDU und AfD dagegen sind die Befürworter in der Mehrheit. Dass die Kohle im Vergleich zur Kernkraft insgesamt schlechter abschneidet, erklären die Meinungsforscher mit dem schmutzigeren und klimaschädlicheren Image des „schwarzen Goldes“.
Solardächer
Wegen des generell extrem positiven Images der erneuerbaren Energien meinen auch drei Viertel der Befragten, dass in Zukunft bei allen Neubauten in Niedersachsen Solardächer installiert werden müssten. Von den Anhängern der Grünen stimmen sogar fast alle (94 Prozent) damit überein. Lediglich von den Anhängern der AfD halten 53 Prozent das für nicht erforderlich. Von den 1130 gesondert gefragten Hauseigentümern in Niedersachsen würden auch die meisten, nämlich 87 Prozent, über die Installation eines Solardachs oder einer Wärmepumpe zumindest nachdenken, wenn es für die Installation zusätzliche Förderungen gäbe.
Autoverkehr
Bei den freiwilligen Einschränkungen, die sich Niedersachsens Autofahrer auferlegt haben, zeigt die Umfrage deutliche Unterschiede. Am häufigsten haben Pkw-Nutzer mit niedrigem Einkommen, die Autofahrer in den ländlichen Regionen und die unter den Anhängern der Grünen ihre Fahrgewohnheiten zugunsten eines günstigeren Kraftstoffverbrauchs verändert. Auch der Anteil der Frauen ist hier deutlich höher. Ihren bisherigen Fahrstil beibehalten haben vor allen Arbeiter und Selbstständige. Das sind vermutlich jene, die auch wenig Alternativen zu ihren bisherigen Fahrgewohnheiten haben, sowie die Autofahrer mit Sympathien für die FDP und die AfD.
Fleischkonsum
65 Prozent der Befragten wären nach eigenen Angaben persönlich bereit, zum Schutz des Klimas künftig weniger Fleisch zu essen. 22 Prozent wären dazu nicht bereit. Neun Prozent insgesamt essen ohnehin kein Fleisch; 13 Prozent sind es bei den Frauen, fünf Prozent bei den Männern. Die einzige Gruppe, die mehrheitlich nicht bereit wäre, ihren Fleischkonsum zu reduzieren, sind die AfD-Anhänger.