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Russland greift Ukraine an Brüssel im Krisenmodus: Welche Sanktionen die EU aussprechen will

Die EU hat sich auf neue Sanktionen geeinigt. Es soll das größte Sanktionspaket sein, das jemals beschlossen wurde. Was es beinhalten könnte:
24.02.2022, 17:52 Uhr
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Brüssel im Krisenmodus: Welche Sanktionen die EU aussprechen will
Von Katrin Pribyl

In der dunkelsten Stunde Europas seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs versammelten sich die drei Spitzen von EU und Nato gemeinsam vor der Presse, sie wirkten zutiefst erschüttert – und aktivierten den Krisenmodus. „Wir haben einen Krieg in Europa von einem Ausmaß und einer Art, von der wir dachten, sie gehöre der Vergangenheit an“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Invasion Russlands in die Ukraine nannte er einen „brutalen kriegerischen Akt“ und „eine vorsätzliche, kaltblütige und von langer Hand geplante Invasion“.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wie auch Ratspräsident Charles Michel verurteilten das Vorgehen des Kremls ebenfalls scharf. Dass man hier zusammen auftrete, so von der Leyen, sei ein weiterer Beweis, wie nah sich Nato und EU in ihrer Antwort seien auf die „barbarischen“ Aktionen der russischen Regierung. „Die Welt kann sehen, dass Einheit unsere Stärke ist.“ Es sei „unsere gemeinsame Pflicht, dem schwersten Angriffsakt auf europäischem Boden seit Jahrzehnten standzuhalten“, sagte die deutsche Kommissionspräsidentin. Auf dem Spiel stehe nicht nur die Ukraine, sondern „die Stabilität Europas und die gesamte internationale Ordnung“. Man werde Präsident Wladimir Putin dafür zur Rechenschaft ziehen. Die Frage lautete: Wie?

Laut Stoltenberg gebe es keine Pläne, Nato-Truppen in die Ukraine zu entsenden. Stattdessen hat das Militärbündnis seine Verteidigungspläne aktiviert, um eine schnelle Truppenbewegung zu ermöglichen. Die EU will derweil mit einem noch nie da gewesenen Sanktionspaket reagieren, wie von der Leyen und der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell am Donnerstagvormittag ankündigten. Für Russland würden die Strafmaßnahmen „massive und schwerwiegende Folgen“ haben. Sie seien so konzipiert, dass sie die Interessen des Kremls und seine Fähigkeit, einen Krieg zu finanzieren, träfen.

EU will Tür zur Diplomatie nicht komplett zuschlagen

Die Beschreibungen „massiv“ und „schwerwiegend“ sollten im Zusammenhang mit dem Sanktionspaket in Brüssel häufig fallen. Details gab es zunächst nicht. Nur so viel: Weder schien sich abzuzeichnen, dass Präsident Wladimir Putin selbst auf der Sanktionsliste auftauchen würde, noch dass Russland aus dem weltweiten Zahlungssystem Swift ausgeschlossen oder der Gassektor ins Visier der Staatengemeinschaft geraten würden. Das bedeute jedoch nicht, dass diese Optionen nicht auf dem Tisch lägen, wurde hinter den Kulissen betont. Man wolle nicht „die Vorder- und die Hintertür zuschlagen“ für eventuelle diplomatische Bemühungen in der Zukunft. Gleichwohl brauche man für eine mögliche dritte Strafrunde noch wirksame Mittel in der Hinterhand. Mindestens genauso schwer dürfte die Tatsache wiegen, dass sich der Westen mit einem Ausschluss Russlands aus dem Swift-System selbst großen Schaden zufügen würde.

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Laut von der Leyen ziele man mit den Strafmaßnahmen auf strategische Bereiche der russischen Wirtschaft ab, um den Zugang zu für Russland wichtigen Technologien und Märkten zu blockieren. Dazu gehört beispielsweise ein Exportstopp für Hightech-Produkte und Software aus der EU. „Wir werden Russlands wirtschaftliche Grundlage und seine Fähigkeit zur Modernisierung schwächen“, drohte von der Leyen. Eine Verständigung im Kreise der 27 gab es offenbar auch beim Thema Visapolitik. Hier soll es weitere Einschränkungen geben.

Während die EU im Transportbereich insbesondere die russische Luftverkehrsbranche von der Versorgung mit Ersatzteilen und anderer Technik abschneiden will, soll es im Finanzsektor darum gehen, russische Banken von den Finanzmärkten in Europa auszuschließen. Hinzu kommt, dass weitere russische Vermögenswerte in der EU eingefroren werden sollen. Geplant waren offenbar auch Sanktionen gegen den Energiesektor. Aus Diplomatenkreisen hieß es, dass von den 27 Mitgliedstaaten vorneweg Deutschland und dann Italien am schwersten von den Maßnahmen gegen Moskau getroffen würden. Man erwarte deshalb, dass alle 27 EU-Länder „Solidarität“ zeigten. Zugleich betonte von der Leyen, das Paket würde eng mit Partnern wie den USA, Großbritannien, Japan und Australien abgestimmt.

Kritik an Herauszögern der Sanktionsmaßnahmen

Konkrete Informationen wurden erst am späten Abend erwartet – angeblich zum Unmut einiger Mitgliedstaaten, die den Katalog gerne so schnell wie möglich veröffentlichen wollten. In Diplomatenkreisen hieß es, Deutschland und Frankreich hätten auf die Verzögerung gedrängt, um den Staats- und Regierungschefs die Möglichkeit zu geben, die Schritte am Abend selbst zu präsentieren. Ein Beamter klagte darüber hinaus, dass manche Mitgliedstaaten, die ein stufenweises Bestrafungsmodell unterstützen, weiterhin einige der vorgeschlagenen Sanktionen aus dem Paket herauslassen wollten. Offenbar hatten baltische Länder gefordert, Swift schon jetzt in den Katalog aufzunehmen. Eine Bestätigung gab es hierzu zunächst nicht. Ernsthafte Streitereien im Kreis der Staatengemeinschaft wurden aber angesichts der ernsten Lage nicht erwartet.

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