Seit dem Wochenende nimmt das Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide (KBR) keine neuen Patienten auf der Neugeborenen-Intensivstation (Neonatologie) auf. Anlass des Aufnahmestopps: Bei sieben Kindern wurde eine Besiedlung mit Bakterien vom Typ Serratia marcescens festgestellt, wie die Klinik mitteilte. Dabei handelt es sich um einem Magen-Darm-Keim, der auch bei gesunden Menschen vorkommt und in der Regel kein Risiko darstellt. Bei abwehrgeschwächten Menschen, zu denen auch Frühgeborene gehören, können die Bakterien jedoch schwere Infektionen hervorrufen.
Dieser Fall ist laut KBR-Sprecher Henning Meyer nicht eingetreten: "Aktuell versorgen wir insgesamt acht Kinder auf unserer Neonatologie, sieben davon sind mit dem Bakterium besiedelt." Bei zwei Kindern seien Bindehautentzündungen festgestellt worden, die mit Antibiotika behandelt würden. Alle acht Kinder befänden sich in einem klinisch stabilen Zustand. Für eine neonatologische Station seien sie recht weit entwickelt, das jüngste Kind befinde sich rechnerisch in der 36. Schwangerschaftswoche.
Woher stammen die Keime?
Der Aufnahmestopp bedeutet, dass die Neonatologie für neue Patientinnen und Patienten geschlossen ist – zunächst bis zu diesem Dienstag. In Abstimmung mit dem Gesundheitsamt und der senatorischen Behörde könne dies nach Abwägung auch länger dauern. "Die Suche nach der Keimquelle mit Umgebungsuntersuchungen läuft", erklärt Meyer.
Im Fall drohender oder einsetzender Frühgeburten vor der 36. Schwangerschaftswoche werden Eltern gebeten, sich an umliegende Kliniken mit einer Neonatologie zu wenden. In Bremen sind dies das St. Joseph-Stift sowie die Kliniken Mitte und Nord der Gesundheit Nord (Geno). Laut Geno-Sprecher Rolf Schlüter gab es dort seit dem Aufnahmestopp jeweils eine Aufnahme. Das Klinikum Reinkenheide verweist außerdem auf das Klinikum Oldenburg. Die Versorgung von Geburten ab der 36. Schwangerschaftswoche ist laut Meyer am KBR aber weiterhin gewährleistet.
Bundesweit kam es in den vergangenen Jahren auch an anderen Kliniken zu Besiedlungen sowie Infektionen diesen Keimen. Anfang 2020 etwa meldete das Westküstenklinikum in Heide in Schleswig-Holstein einen Befall, ebenfalls auf der Frühgeborenen-Intensivstation. Laut einer Mitteilung waren zehn Kinder betroffen, die meisten besiedelt. Zwei Frühgeborene hatten demnach eine Bindehautentzündung. Bei einem weiteren Kind, das bereits schwer krank zur Welt gekommen und drei Tage nach seiner Geburt starb, sei der Keim nach dem Tod in einer Blutkultur nachgewiesen worden. In der Klinik blieb der Aufnahmestopp etwa zwei Monate bestehen – für die Umsetzung von Hygienemaßnahmen und die Suche nach der Keimquelle.
Als wahrscheinlich galt laut der Klinikmitteilung, dass die Keime von außen eingetragen wurden, dann in Abflüsse von Wasch- und Ausgussbecken gelangten. Von dort seien sie vermutlich durch kleinste Wassertröpfchen auf Gegenstände und die Kinder übertragen worden. Mit der Ursachensuche war der Bonner Hygieneexperte Professor Manfred Exner beauftragt worden. Exner hatte als Sachverständiger auch nach der Quelle für den Keimausbruch auf der Neonatologie im Klinikum Bremen-Mitte im Jahr 2011 gefahndet: Ins Visier geriet dabei eine Dosieranlage für Desinfektionsmittel. Drei Frühgeborene starben damals nach einer Infektion mit einem multiresistenten Darmkeim, mehrere erkrankten.