Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Zwei-Milliarden-Euro-Paket Kabinett beschließt Aufholprogramm

Kinder und Jugendliche müssen derzeit auf viel verzichten. Nun will die Regierung mit einem Milliardenprogramm die Folgen abmildern. Außerdem soll jeder Grundschüler Anspruch auf Ganztagsbetreuung bekommen.
06.05.2021, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Anja Maier und Jörg Ratzsch

Die Große Koalition hat zwei familienpolitische Großprojekte auf den Weg gebracht. Am Mittwoch hat das Kabinett zum einen das lange geplante Gesetz für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder beschlossen. Zum anderen billigte es das so genannte Aufholpaket. Es soll Kindern und Jugendlichen helfen, Defizite auszugleichen, die durch die Pandemie entstanden sind.

Lesen Sie auch

Bei der Pressekonferenz erläuterten Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) die Projekte. Das Aufholpaket wird vom Bund in diesem und dem kommenden Jahr mit zwei Milliarden Euro finanziert. Es sieht die Bezuschussung von Nachhilfeunterricht und Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche vor, zudem einen zusätzlichen Bonus von 100 Euro für jedes Kind aus sozial schwachen Familien. Da das Paket nicht als Gesetz verabschiedet werden muss, ist es nicht zustimmungspflichtig durch Bundestag und Bundesrat und kann umgehend in Kraft treten.

Lernrückstände ausgleichen

Ziel ist es, in den Schulen Lernrückstände und in den Kitas Entwicklungsdefizite auszugleichen. Die Länder können mit dem Geld in den Sommerferien Schülercamps und Lernwerkstätten organisieren. Mit Beginn des neuen Schuljahres sollen dann unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen finanziert werden. Bildungsministerin Karliczek betonte, die Länder müssten sich „substanziell beteiligen, denn Bildung ist zuallererst Ländersache“. Der Deutsche Kinderschutzbund forderte noch am Mittwoch die Länder auf, ebenfalls Geld zur Verfügung zu stellen.

Lesen Sie auch

Familienministerin Franziska Giffey erklärte, dass wegen der coronabedingten langen Fehlzeiten Sprachförderung für Kitakinder nötig werde. Sie stellte tausend zusätzliche Sprachkitas in Aussicht und sagte, es seien Bildungs-, aber auch Bindungslücken entstanden. „Wir können nicht erwarten, dass alles so weiter funktioniert wie vor der Krise.“ Kinder und Jugendliche brauchten Zeit und Unterstützung, um in den Alltag zurückzufinden und Versäumtes aufzuholen.

Achelwilm: Zwei Milliarden Euro reichen nicht

Die Bremer Bundestagsabgeordnete Doris Achelwilm (Linke) bewertete das Aufholpaket als „absolut überfällig“. Dem WESER-KURIER sagte das Mitglied im Familienausschuss: „Die angekündigten Mittel in Höhe von zwei Milliarden Euro werden allerdings nicht reichen, um die langen Versäumnisse zu kitten. Auch im Vergleich mit den Milliarden-Rettungspaketen allein für die Lufthansa ist diese Summe erkennbar ungenügend.“ Um die durch die Pandemie entstandenen Lücken und Belastungen für Kinder, Jugendliche und deren Familien wieder auszugleichen, brauche es dauerhaft finanzierte Programme. „Zur finanziellen Absicherung muss eine Kindergrundsicherung kommen.“ Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete Sarah Ryglewski erklärte: „Mit diesem Programm werden die Kinder ganzheitlich in den Blick genommen. Wir investieren in einen Blumenstrauß von Maßnahmen.“ Dabei gehe es darum, schulische Lernrückstände aufzuholen, Kita-Kinder zu fördern und Kindern und Jugendlichen Freizeit-, Ferien-, und Sportaktivitäten zu ermöglichen.

Lesen Sie auch

Die Familien- und Bildungsministerin verkündeten am Mittwoch außerdem Fortschritte bei einem „Flagschiffprojekt“ dieser Regierung, wie Giffey es nannte. Nach langem Streit mit den Bundesländern wegen der hohen Kosten wurde der geplante bundesweite Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule auf den Weg gebracht. Jedes Kind, das ab 2026/2027 eingeschult wird, soll bis zum Ende der vierten Klasse einen Anspruch auf einen Platz haben. In einigen Bundesländern, vor allem im Osten Deutschlands, gibt es schon flächendeckende Betreuung. In anderen Ländern muss noch viel in Räume investiert werden, außerdem werden genügend Erzieherinnen und Erzieher benötigt. Nach Angaben der Regierung geht es um rund 800.000 noch zu schaffende Ganztagsplätze.

Ein Jahr später als geplant

Der Bund ist nach Angaben beider Ministerinnen den Ländern nun sowohl beim Zeitplan - der Rechtsanspruch kommt ein Jahr später als geplant - als auch der Finanzierung des Vorhabens noch einmal entgegenkommen. Er will sich demzufolge langfristig mit mehr als 900 Millionen Euro pro Jahr an den laufenden Betriebskosten für die Ganztagsplätze beteiligen - eine Verdreifachung der ursprünglich geplanten Summe. Die Länder müssen dem Vorhaben im Bundesrat zustimmen. Giffey und Karliczek zeigten sich optimistisch, dass es dazu auch kommen wird.

Info

Zur Sache

Bundesregierung sieht Umkehr

Die bundesweit verbindlichen Regeln für schärfere Corona-Maßnahmen bei hohem Infektionsgeschehen zeigen aus Sicht der Bundesregierung Wirkung. „Seitdem wir die Notbremse in Kraft gesetzt haben, sehen wir jetzt eine deutliche Umkehr“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Bundestag. Es zeige sich „momentan wirklich eine extrem schnelle Entlastung von den Infektionszahlen, was uns auch die Hoffnung gibt, dass das Gesundheitswesen seine Überlastung reduziert“. Die von Bundestag und Bundesrat beschlossene einheitliche „Notbremse“ greift seit 24. April in vielen Teilen Deutschlands.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)