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Sorge um Futterbetriebe Dürre stürzt Landwirte in Not

Niedersachsen droht laut Landvolk-Verband die schlechteste Ernte seit 20 Jahren. Aufgrund der zugespitzten Lage findet deshalb neben dem Bund-Länder-Treffen an diesem Dienstag, ein „Krisentreffen“ des Landvolkverbands statt.
30.07.2018, 21:42 Uhr
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Dürre stürzt Landwirte in Not
Von Justus Randt

Die Getreideernte in Niedersachsen 2018? Sie werde um rund ein Drittel niedriger ausfallen, schätzt Albert Schulte to Brinke. Noch Schlimmeres befürchtet der Präsident des Landvolk-Bauernverbandes für den Nordosten Niedersachsens mit seinen sandigen Böden, die keinen Tropfen des kaum merklichen Niederschlags dieser Tage halten können. Vor 50 Prozent und mehr an Einbußen dort hatte Schulte to Brinke schon vor Wochen gewarnt.

Und die Lage hat sich zugespitzt: Das Bund-Länder-Treffen an diesem Dienstag in Berlin, bei dem über die Folgen der Dürre für Landwirte beraten und eine Bestandsaufnahme versucht werden soll, begleitet der Landvolkverband mit einer eigenen Konferenz in Hannover. „Krisentreffen“ nennt Verbandssprecherin Gabi von der Brelie die Zusammenkunft, „bei der wir gucken, wie weit sich eine Bilanz ziehen lässt“, sagte sie am Montag, ohne bereits Zahlen nennen zu können. Fest steht, dass Landwirte nicht mehr nur auf Hilfe hoffen, sondern sie entschieden einfordern im nunmehr dritten schlechten Erntejahr in Folge. 2017 sei es zu nass gewesen, dieses Jahr viel zu trocken, sagt Schulte to Brinke, der für Niedersachsen die schlechteste Ernte seit 20 Jahren prophezeit. Immerhin: Im Vergleich zum Nordosten wird in der Wesermarsch oder in Südniedersachsen mit weniger dramatischen Auswirkungen gerechnet.

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Konkrete Zahlen über die tatsächlichen Ernteeinbußen aber liegen weder im Bundeslandwirtschaftsministerium noch in Hannover vor: Erst Ende August, wenn der vollständige Erntebericht vorliege, werde die Bundesregierung über zusätzliche Hilfen für die Bauern entscheiden, hieß es am Montag.

Forderung des Bauernverbands

Unterdessen hat Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied mit seiner Forderung, den nationalen Notstand auszurufen und eine Milliarde Euro bereitzustellen, die Diskussion bereits angefacht. Seitens der SPD wurde prompt die Warnung laut, keinen wirtschaftspolitischen Präzedenzfall zu schaffen, indem Landwirte als Unternehmer unterstützt würden.

Die Lage allerdings scheint prekär: In Mecklenburg-Vorpommern wird nach Angaben des dortigen Landwirtschaftsministeriums von Ernteausfällen bis zu 50 Prozent bei der Wintergerste und damit verbundenen Einbußen von rund 47 Millionen Euro ausgegangen. Agrarminister Till Backhaus (SPD) räumt „zum Teil existenzbedrohende Auswirkungen auf die Landwirtschaftsbetreibe“ ein – um über finanzielle Hilfen zu sprechen, müsse aber erst das Ausmaß des Schadens klar sein.

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Mit vergleichbaren Schätzungen hält sich das niedersächsische Agrarressort unter Barbara Otte-Kinast (CDU) zurück. Dennoch werde bereits daran gearbeitet, Landwirte zu entlasten. So plane das Agrarministerium die Auszahlung der flächengebundenen Direktzahlungen nicht erst Ende, sondern bereits Anfang Dezember. Auch das Finanzministerium in Hannover hat reagiert und bereits vergangene Woche in Aussicht gestellt, dass für betroffene Landwirte die Möglichkeit bestehe, sogenannte Billigkeitsmaßnahmen oder Anpassungen der Vorauszahlung beantragen könnten. Das Agrarministerium weist zudem darauf hin, dass Liquiditätshilfen der landwirtschaftlichen Rentenbank in Anspruch genommen werden könnten, um Dürreschäden zu bewältigen.

Die Not ist groß

„Die größte Sorge machen uns die Futterbetriebe, weil auf den Wiesen nichts wächst“, sagt Landvolksprecherin von der Brelie. „Das betrifft besonders die Rindviehhalter, die – dito beim Silomais – enorme Einbußen haben. Die Not ist groß.“ Das hat auch Umweltminister Olaf Lies (SPD) festgestellt und eingeräumt: „Wir haben erste Landwirte, die ganz große Probleme haben. Wir müssen überhaupt sehen, ob der nächste Schnitt die Nahrungsversorgung in den nächsten Monaten, gerade auch im Winter, sicherstellt.“

Als weitere Sofortmaßnahme hat das Agrarministerium in Hannover deshalb bereits am vergangenen Montag die Nutzung von Brachen, die eigentlich ökologische Vorrangflächen sind und nicht bewirtschaftet werden dürfen, als temporäre Anbauflächen für Grünfutter freigegeben. Und das Umweltministerium weicht zum Futteranbau vorübergehend ab vom Nutzungsverbot von Schonstreifen, die eigens für den Rotmilan angelegt und gefördert werden. „Ob große oder größte Not“, sagt Gabi von der Brelie, „in dieses Dilemma kann man kein Ranking mehr einziehen.“

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