Die Mehrheit der Bundesländer stellt den Verbrauchern einer Untersuchung zufolge keine Informationen über die Qualität von Pflegeheimen bereit. Wichtige Angaben wie zum Personaleinsatz seien zwar in allen Ländern vorhanden, blieben aber in den meisten Bundesländern unter Verschluss, kritisierte die Bertelsmann Stiftung bei Vorlage der „Weissen Liste“ am Donnerstag. Vielen Menschen, die auf der Suche nach einem Pflegeheim seien, würden damit Informationen zu wesentlichen Auswahlkriterien vorenthalten. Der Mangel an Transparenz entstehe entweder, weil es eine landesrechtliche Regelung mit Veröffentlichungspflicht nicht gibt oder aber weil vorhandene Gesetze nicht umgesetzt würden.
So sei in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen eine Publikation der Prüfergebnisse gesetzlich nicht vorgesehen. Und die Länder Bayern, Brandenburg, Bremen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein würden bestehende Gesetze aus unterschiedlichen Gründen nicht umsetzen, was „besonders gravierend“ sei. Verbraucher erfahren somit nicht, ob in einem Heim Personal fehlt oder schwerwiegende Mängel zu beanstanden sind, wie die Stiftung bemängelte. Ebenso ließe sich nicht nachvollziehen, welche Einrichtungen besonders gut aufgestellt sind.
Laut Bremer Sozialressort würden die Prüfberichte der Wohn- und Betreuungsaufsicht zwar nicht allgemein veröffentlicht. Die Pflegeeinrichtungen seien aber nach den Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz verpflichtet, die entsprechenden Informationen auf Anfrage herauszugeben und zu erläutern. Für eine allgemeine Veröffentlichung in ihrer aktuell vorliegenden Form seien die Berichte aber nicht geeignet, weil sie den angestrebten Zweck nicht erfüllten. „Sie machen die Einrichtungen nicht vergleichbar“, erläuterte Ressortsprecher Bernd Schneider. Zum einen stellten sie naturgemäß immer eine Momentaufnahme dar, zum anderen würden von den außerordentlich umfangreichen Fragenkatalogen zu den Prüfungen niemals alle Punkte geprüft. „Die Aufsichtsbehörden müssen nach ihren Erfahrungen Schwerpunkte setzen“, so Schneider Es sei in keinem Bundesland überzeugend gelungen, die Berichte über die Prüfergebnisse in ausreichendem Maß vergleichbar und für Verbraucher nachvollziehbar zu gestalten, urteilt das Bremer Sozialressort.
Nur Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin veröffentlichten die Ergebnisse aktiv, sodass sie allgemein verfügbar seien. In Baden-Württemberg und Hessen müssten die Prüfergebnisse zumindest durch die Pflegeheime selbst veröffentlicht werden. Allerdings seien die Daten derzeit nur in den Einrichtungen direkt einsehbar – also nur eingeschränkt zugänglich, heißt es in der Bertelsmann-Untersuchung. Positiv falle Hamburg auf, wo detaillierte Angaben auch etwa zu vorübergehenden Aufnahmestopps oder Ergebnisse aus Angehörigenbefragungen ins Netz gestellt würden.
Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der Pflegebedürftigen – Stand 2019 – weiter auf mehr als 4,1 Millionen Personen gestiegen, etwa ein Fünftel von ihnen lebe in einem der rund 15 400 Pflegeheime. Die Auswahl eines Heims sei eine Lebensentscheidung, die Betroffenen bräuchten verlässliche Angaben, betonte Stiftungsvorstand Brigitte Mohn. Man könne damit auch die gute Arbeit vieler Pflegefachkräfte öffentlich sichtbar machen. „Umgekehrt sollte es aber auch möglich und erlaubt sein, die Pflegeheime zu erkennen, bei denen Defizite bestehen.“
Studie sieht Flickenteppich
Stiftungsexperte Johannes Strotbek erläuterte, Pflegebedürftige hätten „prinzipiell das Recht, den für sie fachlich geeigneten, individuell passenden und qualitativ guten Leistungserbringer frei zu wählen“. Dazu brauche es einen Überblick über Leistungsangebot und Qualität der Anbieter. Auf Bundesebene seien über den „Pflege-TüV“ seit einigen Jahren Kernergebnisse zur Qualität einsehbar – mit Lücken. Auf Landesebene gebe es einen Flickenteppich mit großen Info-Defiziten. Alle Bundesländer sollten die relevanten Daten, die den Aufsichtsbehörden vorliegen, auch offenlegen, mahnte Strotbek. Das könne zudem Impulse für einen Qualitätswettbewerb unter den Einrichtungen setzen. Verbraucher, Informationsportale, Beratungsstellen und Versorgungsforschung müssten frei auf Informationen zur Pflegequalität zugreifen können. Zugleich wies die Stiftung darauf hin, dass durch die Pandemie in allen Bundesländern die Vor-Ort-Einsätze der Aufsichtsbehörden monatelang unterbrochen waren, weshalb Datenlücken entstanden seien.