Der städtische Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) will mit qualitativem Wachstum und besserer Personalsteuerung aus den roten Zahlen kommen. Ein entsprechendes Maßnahmenbündel mit der Bezeichnung „Zukunftskonzept 2025“ soll im April vom Aufsichtsrat der Geno beschlossen werden und dann möglichst bald seine Wirkung entfalten. Dem WESER-KURIER hat Geno-Chefin Jutta Dernedde jetzt die ersten Bestandteile des Konzepts benannt.
Wie berichtet, hatte die Gesundheit Nord im vergangenen Jahr ein überraschend hohes Minus eingefahren. Der Fehlbetrag von 18 Millionen Euro übertraf die schlimmsten Befürchtungen der Gesundheitspolitiker der Bürgerschaft. Das Jahresergebnis kostete den kaufmännischen Geno-Geschäftsführer Tomislav Gmajnic den Job, vor allem weil er das wahre Ausmaß des Finanzlochs sowohl innerhalb des Geno-Vorstandes als auch gegenüber der Politik sehr spät kommuniziert hatte.
Die 18 Millionen Miesen sind allerdings nicht Ausdruck eines strukturellen Defizits. Sie kommen vor allem durch den hohen Schuldendienst für den Neubau auf dem Gelände des Klinikums Mitte zustande. Aus dem reinen operativen Geschäft der Geno ergab sich für 2017 ein Plus von rund zwei Millionen Euro. Doch dieses Plus ist so niedrig wie seit 2013 nicht mehr. Es ist dieser Umstand, der Jutta Dernedde vor allem beunruhigt. „Das Ergebnis für 2017 ist schlicht enttäuschend“, räumt sie ein.
Doch warum schnitt der Verbund der Krankenhäuser Mitte, Nord, Ost und Links der Weser (LdW) im vergangenen Jahr so schlecht ab? Nach Derneddes Angaben hatte die Geno darauf gesetzt, dass sich das Wachstum aus 2016 (rund drei Prozent) im Jahr 2017 nahtlos fortsetzen würde. Entsprechend wurde mehr Personal angeheuert. Doch der Aufwärtstrend flachte wieder ab, und so verfügte die Geno Ende 2017 bei gleichem Umsatz wie ein Jahr zuvor über 100 zusätzliche Mitarbeiter. „Das konnte nicht gut gehen“, sagt Dernedde in der Rückschau.
Geno ist optimistisch, die erstrebten 100 Vollzeitstellen zu schaffen
Auf Wachstum will Dernedde gleichwohl auch 2018 setzen, allerdings auf ein gezielteres, qualitatives. So soll zum Beispiel die seit Jahren erfolgreiche Herzchirurgie am LdW weiter ausgebaut werden. Mehr Geriatrie und mehr neurologische Früh-Reha in Ost und eine Stärkung der Bauchraum-Chirurgie in Nord sind weitere Stichworte. Im Gegenzug soll es zu einer Konzentration der allgemeinen chirurgischen Kapazitäten am Standort Mitte kommen.
Auch die Gynäkologie soll im Geno-Verbund stärker in Mitte gebündelt werden. Ob alle ambulanten tagesklinischen Angebote eine Zukunft haben, lässt Jutta Dernedde offen. Nicht alles, was in diesem Sektor bisher praktiziert wird, ist offenbar wirtschaftlich tragfähig. Auch im Verwaltungsbereich sieht die Geno-Chefin noch Luft nach oben. Dort müsse man sich „schlanker aufstellen“ und in Teilen auch effizienter arbeiten, zum Beispiel beim Abrechnungsmanagement.
Das Problem der teuren Leiharbeit will die Geno-Spitze durch einen eigenen Pool an Springerkräften für die Pflege in den Griff bekommen. Diese Idee ist zwar nicht neu, doch soll dieser Pool nun so ausgestaltet werden, dass er für wechselwillige Krankenschwestern und -pfleger auch tatsächlich attraktiv ist. „Wir wollen den Beschäftigten ähnliche Angebote machen wie externe Anbieter von Leiharbeit“, kündigt Dernedde an. Wichtig sei dabei vor allem die Planbarkeit und Verlässlichkeit von Arbeitszeiten.
Die Werbung für den Pool soll am Montag starten. Bei der Geno ist man offenbar optimistisch, trotz des angespannten Arbeitsmarktes in der Krankenhauspflege ein Beschäftigungsvolumen von 100 Vollzeitstellen für den Pool gewinnen zu können. Dabei hat man offenbar auch ein Auge auf das insolvente Delmenhorster Josef-Hospital geworfen, das gerade im Begriff ist, 130 Beschäftigte zu entlassen.
Neuaufstellung der Geno-Spitze macht erste Fortschritte
Das Angebot des Bremer Personalmaklers Profco, der Geno circa 50 Pflegekräfte und 35 Ärzte aus Balkanstaaten zur Festanstellung zu vermitteln, ist dagegen vom Tisch. Profco-Seniorchef Andreas Deppermann hat vom Klinikverbund am Freitag eine schriftliche Absage erhalten. „Aus vergaberechtlichen Gründen“ nehme man Abstand von der Offerte, heißt es in dem Brief, der Deppermann schwer verstimmt hat. „Das Vergaberecht hat damit überhaupt nichts zu tun“, weist er die Begründung der Geno zurück. Die Absage sei für ihn nicht nachvollziehbar. „Die Geno müsste eigentlich nach jedem Strohhalm greifen, um ihre teure Leiharbeit abzubauen“, findet Deppermann, der für die Vermittlung einer Fachkraft drei Monatsgehälter Provision verlangt.
Derweil macht die Neuaufstellung der Geno-Spitze erste Fortschritte. Aktuell sind nach dem Ausscheiden von Tomislav Gmajnic sowohl die kaufmännische Vorstandsposition als auch der Zuständigkeitsbereich Personal/Recht vakant. Zudem wird Robert Pfeiffer – im Vorstand für den Neubau am Klinikum Mitte zuständig – voraussichtlich am 30. September in den Ruhestand treten. Die Stelle des Personalchefs wird zum 1. Juni Torsten Hinz übernehmen, derzeit noch in Diensten der Uni-Klinik Bonn. Die Pfeiffer-Stelle ist inzwischen ausgeschrieben. Für die kaufmännische Leitung wird es wohl zunächst eine Interimslösung geben.