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Praxischeck Lastenrad Gutes Fahrgefühl, schwieriges Parken

Lastenräder sollen zur Verkehrswende beitragen und sind im Trend. Ab Mittwoch fördert Bremen die Spezialgefährte mit einem Zuschuss. Doch wie gut lassen sich Lastenräder im Stadtgebiet nutzen?
19.04.2022, 18:59 Uhr
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Gutes Fahrgefühl, schwieriges Parken
Von Sara Sundermann
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Sie brauchen keinen Sprit und deutlich weniger Platz als ein Pkw: Lastenräder gelten in vielen Städten als ein Verkehrsmittel der Zukunft und werden als wesentlicher Teil der Verkehrswende gehandelt. Nun hat auch Bremen einen Fördertopf für Lastenräder aufgelegt. Ab Mittwoch kann ein Zuschuss von bis zu 1250 Euro pro Gefährt beantragt werden. Doch wie gut lässt sich ein Lastenrad in Bremens Straßen fahren und parken? Ein Lastenrad-Fahrer, der ADFC Bremen und die Verkehrsbehörde geben Auskunft für einen Praxischeck.

Wie schwierig ist es, ein Lastenrad zu fahren?

„Es ist kein Geheimnis, aber man muss ein bisschen üben“, sagt der Bremer Kay Michalak, der seit sechs Jahren mit Begeisterung auf seinem Lastenrad unterwegs ist. „Dem Lastenrad und dem Rad gehört die Zukunft, nicht dem E-Auto", ist er überzeugt. Anfangs müssten sich aber auch geübte Radfahrer umstellen, sagt er: „Lastenrad fahren ist zuerst schon gewöhnungsbedürftig. Der Wendekreis ist deutlich größer, und das Kurvenverhalten ganz anders." Dafür mache ihm sein Lastenrad insbesondere bei längeren Touren Vergnügen: „Durch den langen Radstand fährt es super auf geraden Strecken, der Geradeauslauf ist ein Geschenk.“

Die Umstellung aufs Lastenrad sei für die meisten eine Sache von Minuten, sagt Sven Eckert vom ADFC. Fahrradhändler berichten aber auch, dass ältere Nutzer sich mit dreirädrigen Gefährten anfangs oft schwertun. Generell unterscheiden sich zwei- und dreirädrige Lastenräder in ihrem Fahrverhalten.

Was kann man per Lastenrad transportieren?

Kay Michalak transportiert gerne sein faltbares Kajak nebst Rudern in seinem Lastenrad zum Kanal. Oder seine Fotoausrüstung mit Blitzlicht und Stativen, denn er ist selbstständiger Fotograf. "Auch zwei Kisten Bier oder ein kleiner Baumarkteinkauf sind kein Problem", sagt er.

Was in ein Lastenrad passt, hängt vom Modell ab: Zwei oder mehr Kinder lassen sich damit ebenso transportieren wie der Wocheneinkauf. Manche fahren ihre Hunde im Lastenrad zum Startpunkt ihrer Spaziergänge, andere bringen Pflanzen und Erde zu ihrer Parzelle.

Reicht der Platz auf Bremens Straßen und Radwegen?

"An Platz mangelt es grundsätzlich", sagt Lastenrad-Fahrer Michalak. Auf schmalen oder viel befahrenen Radwegen wird es mit dem Lastenrad noch schneller eng als mit einem normalen Rad. Doch auch Lastenradler müssen generell den Radweg benutzen, stellt der ADAC klar. Sie dürften nur dann auf die Fahrbahn ausweichen, wenn der Radweg beispielsweise für das Lastenrad nicht breit genug sei.

Wo dürfen Lastenräder abgestellt werden?

Lastenräder können laut ADFC an den meisten Fahrradbügeln in Bremen parken. Allerdings kann es dabei eng werden. Und gerade die Stellplätze in der Innenstadt seien oft voll, sagt Eckert. Parken auf Gehwegen ist ebenfalls erlaubt – solange Fußgänger nicht behindert werden, heißt es vom Verkehrsressort. Anderthalb Meter Gehweg müssen frei bleiben, konkretisiert der ADFC. Lastenfahrräder dürfen auch am Straßenrand geparkt werden, darin sind sich ADAC und ADFC einig. "Wenn man auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz steht, muss man allerdings auch mit dem Lastenrad zahlen", sagt Sven Eckert. Notfalls müsse man das Ticket zum Beispiel mit einer Wäscheklammer am Rad befestigen.

Gibt es spezielle Lastenrad-Parkplätze in Bremen?

Seit 2020 können Kommunen Lastenrad-Parkplätze ausweisen. Bremen hat dies aber laut Verkehrsressort noch nicht getan. "Leider zeigt die Erfahrung anderer Städte, dass das nicht so gut funktioniert wie erhofft"', sagt Michael Glotz-Richter vom Verkehrsressort. "Vor allem in Gebieten, wo es ohnehin sehr eng ist."

„An die Parkplätze wird nicht gedacht", sagt Kay Michalak. „Die Parkplatz-Suche ist schon deutlich schwieriger, vor dem Bahnhof ist es die Hölle.“ Der ADFC Bremen fordert deutlich mehr Stellplätze für Lastenräder, vor allem in Wohngebieten: "Auf einem Autostellplatz bekommt man vier Lastenräder unter", sagt Eckert. Damit werde der begrenzte Platz in der Stadt effektiver genutzt.

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Brauchen Lastenrad-Besitzer eine Garage?

Was den Schutz vor Regen betrifft, nicht zwingend. „Die Räder halten das grundsätzlich aus", sagt Sven Eckert vom ADFC. Wer sein Gefährt vor Nässe schützen möchte, kann sich zudem eine spezielle Schutzplane zulegen. "Aber natürlich besteht auch eine erhöhte Diebstahlgefahr.“ Wer also einen Schuppen oder einen Innenhof hat, sollte lieber dort parken als auf der Straße. Der ADFC empfiehlt, Lastenräder immer an einen festen Gegenstand anzuschließen. Doch Orte, an denen das möglich ist, ohne den Weg zu blockieren, sind in der Stadt oft Mangelware.

Zur Sache

Wie Bremen Lastenräder fördert

Bremen hat einen Fördertopf für Lastenräder und Fahrradanhänger mit 500.000 Euro aufgelegt. Damit könnten rund 600 bis 800 Lastenräder und Anhänger gefördert werden, schätzt Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne). "Jede damit ersetzte Autofahrt hilft dem Klimaschutz." Wer ein Lastenrad kauft, kann bis zu 1250 Euro Zuschuss bekommen, für einen Anhänger bis zu 500 Euro.

Wer den Zuschuss beantragen will, muss zuvor ein Angebot bei einem Fahrradhändler einholen. Die Antragsfrist beginnt an diesem Mittwoch und endet am 21. Mai. Der Fördertopf könnte rasch leer sein: Die Verkehrsbehörde rechnet mit einem Ansturm, auch Fahrradhändler und ADFC berichten von großer Nachfrage. Allein der ADFC erhielt dazu zuletzt rund 150 Anrufe und fast ebenso viele Anfragen per Mail. Angestrebt werde, perspektivisch weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, heißt es vom Verkehrsressort.

Zahlreiche große und mittelgroße Städte haben bereits Förderprogramme für den Kauf von Lastenrädern aufgelegt. Für gewerblich genutzte Lastenräder mit E-Antrieb gibt es  Zuschüsse vom Bund. Zudem bieten einige Arbeitgeber ihren Beschäftigten die Möglichkeit, ein Lastenrad zu leasen. Allerdings können mehrere Lastenrad-Modelle derzeit nur mit einem Vorlauf von mehreren Monaten geliefert werden.

Bremen fördere bewusst nicht nur Lastenräder, sondern auch Anhänger, heißt es aus dem Verkehrsressort. Ein wesentlicher Grund dafür sei der knappe Raum in der Stadt. Lastenanhänger könne man leichter im Keller unterbringen und teils auch zusammenfalten.

Bremen will nicht nur den Kauf von Lastenrädern fördern, sondern auch das Lastenrad-Sharing ausbauen, sagt Michael Glotz-Richter, im Verkehrsressort zuständig für nachhaltige Mobilität. Mindestens 20 Stationen mit 40 Leih-Lastenrädern seien in Bremen geplant.

Derzeit kann man sich über das Angebot "Fietje" des ADFC kostenlos an elf verschiedenen Stationen ein Lastenrad tageweise ausleihen - nach einer Online-Registrierung und Buchung. Auch über WK-Bike kann man in Bremen Lastenräder per App leihen. Aktuell lassen sich darüber Lastenräder an fünf Standorten in der Stadt mieten. WK-Bike ist eine Kooperation zwischen dem WESER-KURIER und dem Leipziger Unternehmen Nextbike. Auch Stadtteil-Initiativen verleihen teilweise Lastenräder.

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