Ihren Namen verdankt die Gürtelrose (Herpes zoster) dem charakteristischen schmerzenden Hautausschlag. Rötungen und Bläschen treten halbseitig und bandartig – wie ein Gürtel – auf. In den meisten Fällen bilden sie sich am Rumpf oder Brustkorb, aber auch andere Bereiche wie der Kopf können betroffen sein, teilt das Robert Koch-Institut (RKI) mit. Der Schmerz wird als brennend und extrem stark beschrieben. Das Besondere an der Gürtelrose ist, dass sie von den gleichen Erregern ausgelöst wird, die zuvor zu einer Windpocken-Erkrankung geführt haben: Dabei handelt es sich um das Varizella-zoster-Virus, das zur Familie der Herpes-Viren gehört.
Warum kann das Windpocken-Virus auch eine Gürtelrose auslösen?
Mit dem Abklingen der Windpocken verschwinden die Viren nicht aus dem Körper, sondern nisten sich nach Angaben der Experten in den Nervenwurzeln im Bereich des Rückenmarks oder in den Hirnnerven ein. Dort verfallen sie in eine Art Schlummerschlaf, aus dem sie Jahre und Jahrzehnte später erwachen und eine Gürtelrose auslösen können. Jeder, der Windpocken hatte, trägt die Viren in sich – und zwar ein Leben lang. In Deutschland wird erst seit 2004 flächendeckend gegen Windpocken geimpft. Experten gehen daher davon aus, dass aktuell nahezu jeder Erwachsene die Windpocken durchgemacht hat und damit potenziell auch an Gürtelrose erkranken kann.
Verhindert eine Impfung gegen Windpocken (Varizellen) eine spätere Gürtelrose?
"Die bisher mit der Varizellen-Impfung gesammelten Erfahrungen zeigen, dass auch gegen Varizellen geimpfte Personen an Herpes zoster erkranken können", teilt das RKI mit. Bei dem Vakzin handele es sich um einen Lebendimpfstoff, der stark abgeschwächte Viren enthalte. Auch das Impfvirus könne in den Nervenzellen verbleiben und Wochen bis Jahre später reaktiviert werden, um als Herpes zoster wieder in Erscheinung zu treten. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei jedoch geringer, und eine durch das Impfvirus ausgelöste Gürtelrose verlaufe meistens auch leichter.
Was sind die Auslöser für ein "Aufwachen" der Viren und damit für den Ausbruch einer Gürtelrose?
Die entscheidende Rolle spielt das Immunsystem: Menschen mit einer geschwächten Abwehr haben laut RKI ein erhöhtes Risiko für Gürtelrose. Stress, Erkrankungen, Sonnenbrände, Medikamente können die Immunabwehr verringern und damit eine Gürtelrose zwar nicht verursachen, aber begünstigen. Dazu kommt: Im Alter lässt die Abwehrkraft nach. Wenn das Immunsystem geschwächt ist, können sich die Viren vermehren, sie wandern dann an dem betroffenen Nerv entlang in die Haut, in den Hautzellen kommt es zu einer Entzündung – diese führt zu Ausschlag und Schmerzen.
Wer ist vor allem von Gürtelrose betroffen?
"Herpes zoster betrifft überwiegend Ältere, die Inzidenz steigt ab dem 50. Lebensjahr von sechs pro 1000 Menschen auf 13 Fälle pro 1000 bis zum Alter von 90 Jahren", sagt der Bremer Hausarzt Hans Michael Mühlenfeld zur Statistik. Zur Risikogruppe gehörten außerdem Menschen mit einer medikamenten- oder krankheitsbedingten Abwehrschwäche, etwa durch Krebsbehandlungen.
Macht sich eine Gürtelrose immer gleich durch den typischen Hautausschlag bemerkbar?
"Bevor sich der Hautausschlag bildet, fühlt man sich meist abgeschlagen und müde. Es kann auch zu leichtem Fieber kommen und unter der Haut kribbeln. Nach zwei bis drei Tagen zeigen sich die typischen Symptome und Beschwerden", informiert das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) auf seinem Patientenportal gesundheitsinformation.de. Dies seien brennende oder stechende mittelstarke bis starke Schmerzen in dem betroffenen Bereich, gefolgt von leichten Hautrötungen mit Knötchen, aus denen sich innerhalb weniger Stunden Bläschen entwickeln, die jucken könnten. Dieses Stadium halte bis zu fünf Tage an, danach trockneten die Bläschen innerhalb von zwei bis zehn Tagen aus.
Wie wird die Gürtelrose behandelt, insbesondere wenn die Schmerzen sehr stark sind?
"In den meisten Fällen ist die Erkrankung klinisch schnell und gut – ohne Tests – zu erkennen. Wenn man dann zügig mit der Behandlung in Form eines Virustatikums beginnt, kann man den Patienten gut helfen, oft starke Schmerzen und vor allem eine Post-Zoster-Neuralgie vermeiden", sagt Mühlenfeld, der dem Bremer Berufsverband der Hausärzte vorsitzt. Zusätzlich kämen Schmerzmittel und Kortison infrage. "Je nachdem, wie früh man mit der Behandlung beginnt, ist in zehn bis 14 Tagen alles vorbei", so der Arzt.
Was ist eine Post-Zoster-Neuralgie?
Wenn der Hautausschlag abgeheilt ist, die Schmerzen aber noch längere Zeit anhalten, spricht man von einer Post-Zoster-Neuralgie. "Das Hauptsymptom sind die Nervenschmerzen. Das Risiko, eine Post-Zoster-Neuralgie zu entwickeln, nimmt mit dem Alter zu", erklärt Mühlenfeld. Im Allgemeinen trete die Komplikation bei zehn bis 15 Prozent der Patienten auf, informiert der Berufsverband Deutscher Neurologen. "Bei Patienten, die älter als 60 Jahre sind, ist jedoch rund jeder Zweite betroffen. Nach einem Monat haben noch neun bis 15 Prozent und nach einem Jahr zwei bis fünf Prozent der Patienten Beschwerden." Je früher die schmerzhafte Nervenschädigung therapiert werde, desto besser sei der Verlauf und desto geringer das Risiko einer dauerhaften Neuralgie.
Gibt es weitere Komplikationen einer Gürtelrose?
"Tritt die Gürtelrose im Gesicht auf, kann sie auf das Auge übergreifen und dort eine Hornhautentzündung verursachen. Sind die Hör- und Gesichtsnerven betroffen, kann es auch zu einer Hörminderung oder zu Lähmungen im Gesicht kommen", informiert die Krankenkasse Barmer. Nach dem Abheilen würden die Beschwerden in der Regel wieder verschwinden. Menschen mit stark geschwächter Immunabwehr haben laut IQWIG ein erhöhtes Risiko für schwere Komplikationen. Bei ihnen könne sich eine Lungen-, Leber- oder Hirnhautentzündung entwickeln.
Ist eine Gürtelrose ansteckend?
Bei Kontakt mit der Flüssigkeit in den Bläschen können sich laut RKI Menschen, die noch keine Windpocken hatten, anstecken. Erst wenn alle Bläschen ausgetrocknet und die Krusten abgefallen seien, bestehe keine Ansteckungsgefahr mehr. Eine Ansteckung führe zu einer Windpocken-Erkrankung, nicht zu einer Gürtelrose. Um die Übertragung zu verhindern, sollten die Bläschen daher bis zum Abfallen der letzten Kruste sorgfältig abgedeckt werden, empfehlen die RKI-Experten. Und: Die Bläschen sollten keinesfalls aufgekratzt werden.
Wem wird eine Impfung empfohlen?
Seit Ende 2018 empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfung für Menschen ab 60 Jahren mit einem Totimpfstoff. Das bedeutet: Das Vakzin enthält Virusbestandteile, keine abgeschwächten Viren. Bei Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, COPD, rheumatoider Arthritis oder einer Immunschwäche etwa durch HIV/Aids wird die Impfung ab 50 Jahren empfohlen. Sie besteht aus zwei Dosen im Abstand von zwei bis sechs Monaten. Laut RKI liegt die Wirksamkeit des Impfstoffs bei Menschen ab 50 Jahren bei etwa 92 Prozent und ab einem Alter von 70 Jahren bei etwa 90 Prozent, wie Studien gezeigt hätten. Ob der Impfschutz länger als vier Jahre anhält, lasse sich noch nicht beurteilen.
"Allerdings ist die Verträglichkeit nicht so gut, wie bei den anderen üblichen Impfungen, weswegen ich persönlich meinen Patienten eine individuelle Risikoabwägung empfehle. Zumal wir bei Herpes zoster ja die Möglichkeit haben, die Erkrankung beziehungsweise die Ausbreitung der Erkrankung gut zu behandeln", betont Mühlenfeld.
Da die Viren ein Leben lang im Körper bleiben: Kann man mehrmals an Gürtelrose erkranken?
"Ein Herpes zoster tritt in der Regel nur einmal auf, aber wiederkehrende Erkrankungen sind gelegentlich möglich", teilt das RKI mit. Bei Menschen mit einem guten Immunsystem steige die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Erkrankung von knapp zwei Prozent nach zwei Jahren auf etwa sechs Prozent nach acht Jahren an.