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Landkreis Diepholz Diepholzer Gans vom Aussterben bedroht

Die Diepholzer Gans bringt nicht so viel Schlachtgewicht auf die Waage wie moderne Züchtungen. Dennoch gibt es Hobbyzüchter, die sich um den Fortbestand dieser alten Nutztierrasse kümmern. Viele Tiere gibt es aber nicht mehr.
03.11.2014, 08:29 Uhr
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Das Leben kann grausam sein. Auch für Gänse. Auf der Wiese von Horst Johanning haben sich offensichtlich ein Ganter und eine Gans gefunden. Die beiden Tiere tummeln sich einträchtig an der Wasserstelle. "Das ist ein Pärchen", sagt der Vorsitzende des Herdbuch-Vereins der Diepholzer Gans. Gänse sind treue Seelen. Wenn sich ein Paar gefunden hat, weichen sie ein Leben lang nicht voneinander. Es sei denn, sie werden getrennt. Und genau dieses Schicksal droht den beiden Verliebten.

"Der Ganter kommt wohl weg, zu einem anderen Gänsehalter", sagt der 67-Jährige. Für ein Zuchttier sei der Bauch des Gänserichs nicht schön genug. Eine Falte stört den optischen Eindruck. Das sind keine guten Voraussetzungen, um bei Geflügelleistungsschauen die Preisrichter zu beeindrucken. "Der Bauch muss glatt sein und nach unten durchlaufen", sagt Johanning. Die Tiere mit den besten Merkmalen zusammen zu bringen, darauf kommt es an beim Züchten.

Die Diepholzer Gans war über viele Jahrzehnte hinweg typisch für die Region am Dümmer, zwischen Bremen und Osnabrück. Den ganzen Sommer über wurden die Tiere in großen Herden auf Gemeinschaftsweiden gehalten. Die Rasse ist mit anspruchslosen Fütterungs- und Haltungsbedingungen zufrieden. Die Gans gilt als guter Futterverwerter, "mit stolzer aufrechter Haltung und munterem Wesen", wie es in der Beschreibung des Herdbuchvereins heißt.

Heute gehört die Diepholzer Gans zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten. So lecker sie ist, gewichtsmäßig kann sie mit den heute üblichen Gänsezüchtungen nicht mithalten. 1989 wurde sie als bedrohte Nutztierrasse anerkannt. Der Weiterbestand der Rasse und die Zucht sind ein Kernanliegen des Herdbuchvereins.

"Wir sind heute 18 Züchter", sagt Johanning über den Herbuchverein. Dort sind etwa 130 bis 140 Tiere registriert. Allerdings gebe es auch außerhalb des Herbuchvereins Menschen, die die Diepholzer Gans halten. "Insgesamt gibt es vielleicht 300 Tiere", vermutet Johanning. Auch in der früheren DDR habe es diese Gänserasse gegeben. "Die haben sich schon anderes entwickelt als bei uns", sagt der Züchter.

Reich wird man mit der Zucht nicht. "Das ist reines Hobby", erzählt er, auch wenn es vom Land ein bisschen Fördergeld für die Zuchtarbeit gibt. Die für die Zucht weniger interessanten Schlachttiere verkaufe er nicht mehr kommerziell, sondern beschränke sich auf den Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis.

Die Züchter der Diepholzer Gans seien überwiegend Hobbylandwirte, sagt Angelika Fortwengel, die den Herdbuchverein seitens der Landwirtschaftskammer Niedersachsen betreut. "Das ist ein Nischenprodukt, das wird nicht in der Masse hergestellt." Es geht um den Schutz der Artenvielfalt.

Auch Johanning ist ein Hobbylandwirt. Eigentlich hat er Bauschlosser gelernt und als Flugzeugmetaller auf dem inzwischen geschlossenen Fliegerhorst Diepholz gearbeitet. "Für Geflügel habe ich mich schon immer interessiert", sagt er. Gänse halten er und seine Frau Monika aber erst, seit sie 1993 einen Resthof am Rand von Diepholz kauften und damit eine riesige Wiesenfläche besaßen. In der Siedlung, wo sie vorher wohnten, sei dieses Hobby nicht möglich gewesen. "Da hast du sofort die Nachbarn am Telefon", sagt er. Denn Gänse können ganz schön laut sein.

Für die deutschen Landwirte spielen Gänse generell nicht die ganz große Rolle. "In der Regel ist die Gänsehaltung ein Betriebszweig, der als zusätzlicher Betriebszweig besteht oder im Nebenerwerb betrieben wird", sagt Dieter Oltmann, Geschäftsführer des Niedersächsischen Geflügelwirtschaftsverbandes. In Niedersachsen halten 700 Betriebe rund 294 000 Tiere, in ganz Deutschland sind es 4600 Betriebe mit 544 000 Gänsen. Zur Selbstversorgung reicht das nicht aus, ein großer Teil des Gänsefleisches muss importiert werden. Polen und Ungarn seien die wichtigsten Einfuhrländer.

Johannings Gänse können noch ein wenig das Herbstwetter auf der Wiese genießen. Zum Martinsfest schlachte er noch nicht, sagt der 67-Jährige. Dann zerbröselt er ein paar Scheiben Vollkorntoastbrot und füttert die Gänseschar - fürs Foto. (dpa)

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