Im Klinikum Nord ist mittlerweile wieder alles so, wie bei der ersten Corona-Welle im Frühjahr: Erst wurde die Tagesklinik für Geriatrie vorsorglich geschlossen, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Dann hat sich das Virus trotzdem auf einer Station der Altersmedizin verbreitet. Neun Patienten und drei Krankenhauskräfte haben sich jetzt dort infiziert. Für Frank Wösten, ärztlicher Direktor und Chef der Zentralen Notaufnahme, ist die neue Ausbruchslage mit der im Mai vergleichbar. Anders ist allerdings das Aufkommen von Covid-19-Fällen im Krankenhaus. Und der Verlauf der Krankheit.
Das Virus ist vor wenigen Tagen bei einer Patientin festgestellt worden, bei der ein erster Test negativ ausgefallen war. Wösten sagt, dass mittlerweile bei jedem, der zur Behandlung in die Klinik kommt, ein Abstrich gemacht wird. Und dass der Abstrich wiederholt wird, wenn es jemandem während des Aufenthalts im Krankenhaus schlechter geht. So wie der Patientin auf der Geriatriestation. Die ist nach Angaben des Chefmediziners sofort geschlossen worden. Genauso wie eine Abteilung der Unfallchirurgie, auf der die Frau zwischenzeitlich war – und wo anschließend ebenfalls Corona-Tests positiv ausgefallen sind.
Für die abgeriegelten Bereiche gelten seither striktere Auflagen als bisher: Teams, die dort arbeiten, werden bis auf Weiteres in keiner anderen Abteilung mehr eingesetzt. Und jeder Arzt und jede Pflegekraft trägt Vollschutz – Einwegkittel, Handschuhe, Haube, Kunststoffvisier, FFP2-Maske. Der Mund-Nasen-Schutz ist mittlerweile auch bei Übergaben und Besprechungen zur Pflicht geworden. Laut Wösten gibt es mehr Schutzausrüstung fürs Klinikpersonal als bei der ersten Corona-Welle. Engpässe wie damals befürchtet er deshalb vorerst nicht. Für ihn ist alles vorläufig, weil alles nur eine Momentaufnahme ist.
Wie beim ersten Virusausbruch im Mai: Damals war es erst um wenige, dann um immer mehr Infizierte gegangen. Zuletzt waren acht Patienten und sechs Beschäftigte betroffen. Erstere wurden isoliert, Letztere nach Hause geschickt. Nach zwei Wochen war der Aufnahmestopp für die Abteilung aufgehoben worden. In dieser Zeit waren keine neuen Corona-Fälle im Krankenhaus aufgetreten. Wie es diesmal sein wird, darüber kann Wösten nur spekulieren. Er sagt, sich vorstellen zu können, dass die Station der Geriatrie früher wieder öffnet als die Abteilung der Unfallchirurgie – aber auch, dass am Ende alles anders kommt.

Pflege unter Vollschutz: Im Isolierbereich trägt das Klinikpersonal sowohl Einwegkittel und Handschuhe als auch Haube, Brille und FFP2-Masken.
Gesundheitsamt entscheidet
Es ist nicht mehr allein der ärztliche Direktor, der entscheidet, was medizinisch gemacht wird und was nicht. Seit den neuen Virusfällen auf den Stationen hat wieder das Gesundheitsamt das letzte Wort. Mit Vertretern der Behörde wird mittlerweile täglich konferiert. Sie gehören zum sogenannten Ausbruchsmanagement. Wösten sagt, dass es darum geht, immer wieder zu hinterfragen, ob es reicht, was zum Schutz der Patienten und des Personals getan wird. Vor Wochen haben sie entschieden, die Tagesklinik für Altersmedizin vorübergehend zu schließen – und jetzt, die beiden betroffenen Krankenhausstationen folgen zu lassen.
Nach Wöstens Rechnung bekommen in der Tagesklinik rund 20 Frauen und Männer pro Woche therapeutische Hilfe. Wie lange das Angebot pausieren muss, ist ihm zufolge noch offen. Genauso, wann das Krankenhaus wieder damit beginnen kann, Termine für sogenannte planbare Operationen zu vereinbaren. Wie beim ersten Virusausbruch im Mai sind auch beim zweiten alle Eingriffe, die nicht unbedingt notwendig sind, erst mal gestrichen. Wösten spricht von einer vorsorglichen Entscheidung. Und davon, dass es bei ihr auch darum geht, personelle Reserven zu haben, falls die Infektionszahlen weiterhin so schnell steigen wie bisher.
Schon jetzt ist die Zahl der Covid-19-Fälle, die im Klinikum behandelt werden, höher als im Frühjahr. Vor einem Monat kam das Krankenhaus an einem Tag auf 19 Frauen und Männer, die Symptome der vom Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit zeigten. Jetzt kommt es auf 23 Covid-Patienten. Und damit auf einen neuen Höchstwert. Zum Vergleich: Bei der ersten Welle im Mai galten zwölf Fälle als viel. Nach Angaben des städtischen Klinikverbundes Gesundheit Nord werden im Krankenhaus an der Hammersbecker Straße die drittmeisten Corona-Patienten versorgt und die meisten in den Kliniken Mitte und Ost.
Auf der Covid-Station in Nord stehen momentan 30 Betten bereit. Dazu kommen noch mal neun Behandlungsplätze auf der Intensivstation. Wösten sagt, dass die Zahl der Patienten, die beatmet werden müssen, im Vergleich zu anderen Monaten derzeit gering ist. Er kommt auf vier. Ihm zufolge hat die Krankheit bei vielen, die in der zweiten Welle gekommen sind, wegen der Maskenpflicht einen weniger schweren Verlauf genommen als bei der ersten. Jedenfalls bisher. Der Chefmediziner schließt nicht aus, dass sich das in den nächsten Wochen ändert. Denn mittlerweile, sagt er, kommen immer mehr ältere Patienten.
130 Schüler in Quarantäne
Bei einem Reihentest am Vegesacker Gymnasium ist jetzt bei sechs Schülern das Coronavirus nachgewiesen worden – mit der Folge, dass fünf Klassen in Quarantäne müssen. Laut Bildungsbehörde sind 130 Schüler betroffen. In der nächsten Woche sollen sie noch einmal getestet werden. Nach Rechnung des Ressorts wurden 613 Proben genommen. Wie es für die Schüler weitergeht, die eventuell Kontakt zu den positiv getesteten Jugendlichen hatten, soll jetzt das Gesundheitsamt klären.