Steven Esterkamp ist zurzeit sehr beschäftigt. Täglich verbringt er viele Stunden damit, sich Videos anzuschauen. Mit Spielern, deren Agenten oder auch Trainern zu telefonieren. Er arbeitet Listen ab, ergänzt oder streicht Namen. "Ich habe viel zu tun im Moment", sagt Steven Esterkamp im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Der in Cincinnati/Ohio geborene Amerikaner ist von Beruf Basketballtrainer und hat vor wenigen Wochen einen Zweijahresvertrag beim Zweitligisten Eisbären Bremerhaven unterzeichnet.
Die Basketballer befinden sich gerade in der sogenannten Offseason, in der der Trainingsbetrieb ruht und die Sportler Pause haben. Auch die meisten Mitarbeiter in den Büros der Organisationen treten jetzt ihren verdienten Urlaub an. Nicht so Steven Esterkamp. Der 43-Jährige steht nämlich vor der Aufgabe, ein neues Team zu formieren, das in der kommenden Saison in der Pro A eine gute Rolle spielen kann. Es ist für ihn eine ebenso spannende wie herausfordernde Zeit. "Ich bin viel am Handy, aber es macht Spaß", sagt Esterkamp. Und er sagt auch: "Es läuft ganz gut."
Seit mehr als 20 Jahren lebt und arbeitet Steven Esterkamp bereits in Deutschland. Er spielte unter anderem für Paderborn und Würzburg in der Bundesliga, mit Ulm wurde er 2012 sogar deutscher Vizemeister. Auch in Bremerhaven hatte der Flügelspieler einst angeheuert, war in der Saison 2009/2010 aufgrund einer langwierigen Knieverletzung aber nicht zum Einsatz gekommen. Sportlich sei das für ihn keine schöne Zeit gewesen, sagt Esterkamp. Aber an die Stadt, den Klub und die Fans habe er noch eine sehr gute Erinnerung.
Als Trainer war Esterkamp zuletzt beim Bremerhavener Ligarivalen Paderborn Baskets tätig. Fünf Jahre hat er dort gearbeitet und den Klub zwischenzeitlich sogar in die Play-offs geführt. In der abgelaufenen Serie lief es weniger gut: Mit nur sieben Siegen stieg Paderborn als Schlusslicht in die Pro B ab. "Für meine Entwicklung als Trainer war Paderborn dennoch ein großer Schritt", sagt Esterkamp. Jetzt soll in Bremerhaven der nächste Karriereschritt folgen.
Der 5. Juli ist der Zeugnistag in Nordrhein-Westfalen und zugleich der Tag, der dort die Sommerferien einläutet. Auch die noch in Paderborn heimische Familie Esterkamp wird dann in den Urlaub aufbrechen; als Ziel der Reise wurde Italien auserkoren. Die Rückkehr nach Ostwestfalen wird indes nur von kurzer Dauer sein. Denn gleich nach dieser Urlaubsreise steht der Umzug an: In der zweiten Julihälfte wird Steven Esterkamp mit seiner Frau Constanze und den gemeinsamen Söhnen Maximilian (9) und Leonard (7) nach Bremerhaven umziehen. Es sei ihm wichtig, seine Liebsten auch an der neuen Wirkungsstätte um sich zu haben, sagt Esterkamp. "Das muss für mich so sein." Der anstehende Ortswechsel sei zu Hauseim Moment ein großes Thema. "Wir sprechen jeden Tag darüber", sagt Esterkamp. "Die Jungs sind schon traurig, weil sie ihre Freunde nicht mehr so oft sehen werden."
Esterkamp selbst ist derweil schon voller Vorfreude auf die neue Aufgabe. Aktuell fährt er bereits einmal wöchentlich nach Bremerhaven, um sich dort mit Geschäftsführer Nils Ruttmann auszutauschen. Dass Ruttmann angekündigt hat, absehbar seinen Posten abgeben zu wollen, habe ihn nicht abgeschreckt, das Traineramt bei den Eisbären zu übernehmen. "Wir haben uns darüber ausgetauscht, das war wichtig", erzählt Steven Esterkamp. "Aber es ist im Sport eben so, dass hier und da mal jemand ausscheidet und ein anderer den Job übernimmt."
Er selbst hat nun den Job von Steven Key übernommen, dessen Vertrag nach zwei Jahren auslief und bekanntlich nicht verlängert wurde. Es ist ein Job, der Esterkamp reizt. Der Standort Bremerhaven, sagt Esterkamp, böte ganz andere Rahmenbedingungen als Paderborn, "die Unterschiede sind groß". Der neue Headcoach verweist unter anderem auf die vereinseigene Trainingshalle, das deutlich größere Budget und die Möglichkeit, mit einem Vollzeit-Assistenten zu arbeiten, "das ist alles neu für mich".
Die größte Baustelle ist für Steven Esterkamp im Moment die Kaderplanung. Es ist eine Herkulesaufgabe, denn offiziell umfasst das Aufgebot mit Urgestein Adrian Breitlauch (30), der seinen Vertrag noch einmal um zwei Jahre verlängert hat, Düsseldorf-Rückkehrer Daniel Norl (29) und dem von der BG Göttingen kommenden Neuzugang Peter Hemschemeier (20) lediglich drei Akteure. Er plane, mit zehn Profis in die Saison zu gehen und den Trainingskader zudem mit zwei, drei ambitionierten Nachwuchstalenten aufzustocken, sagt Esterkamp. Es sei ein Puzzle, das sagt Esterkamp auch. Die Spieler müssen passen. Zum Verein. Zueinander. Zur Philosophie des Trainers und zum Budget.
"Ich weiß, was und wen ich will", sagt der Eisbärencoach. Priorität habe dabei die Besetzung der deutschen Positionen im Team, "der Import kommt später dran". Das Budget ausreizen werde er bis zum Sommer allerdings noch nicht, es könne schließlich sein, dass man im Dezember oder Januar noch mal personell nachlegen müsse. Ob die Fans zur neuen Saison auch noch den einen oder anderen Spieler aus dem alten Kader im Bremerhavener Trikot wiedersehen werden, lässt Esterkamp derweil offen. Bis Anfang August will der Trainer sein Team komplett haben.
Ein Team, das in einer immer stärker werdenden Pro A oben mitspielen kann. "Ich will eine starke Mannschaft aufbauen, die auf jeden Fall die Play-offs erreichen kann", sagt Steven Esterkamp. Eine Mannschaft, die einen offensiven Stil verfolgt. Die einen schnellen Ball spielt und viel in Bewegung ist. Eine Mannschaft, in der alle zehn Profis regelmäßig ihre Einsatzminuten bekommen sollen. "Jeder soll bereit sein, jeder soll seinen Rhythmus haben", sagt Esterkamp. Teambasketball, eine große Rotation und der Wille, für den anderen da zu sein und zu kämpfen – das sind die Dinge, auf die es ankommt für Steven Esterkamp. Über höhere Ziele oder gar den Aufstieg in die Bundesliga möchte er zu diesem Zeitpunkt nicht sprechen. Dafür, sagt er, müsse am Ende alles zusammenpassen. "Und ein bisschen Glück braucht man dann auch."