Wenn sich harte Arbeit auszahlt, ist das einfach ein gutes Gefühl. Also dachte Dominik Schmidt kurz nach dem 2:0 (2:0)-Heimsieg seines SV Atlas Delmenhorst über den Heeslinger SC zurück an eine Marathon-Trainingseinheit während der Wintervorbereitung. Vier Stunden am Stück hatte der Coach mit seinen Spielern das richtige Defensivverhalten einstudiert – erst per Videoanalyse, dann auf dem Platz. "Es ging darum, wo jeder stehen muss, damit wir richtig kompakt gegen den Ball agieren. Natürlich war das nervig für die Jungs, aber das war jetzt der Lohn dafür", betonte Schmidt. Gegen Heeslingen gewannen die Blau-Gelben am Sonnabendnachmittag nämlich in erster Linie, weil sie bravourös verteidigten, sogar als sie 52 Minuten in Unterzahl waren. Es war der sechste Sieg in Folge für den Fußball-Oberligisten, und Schmidt hielt zufrieden fest: "Der Spruch ist etwas blöd, aber er ist wahr: Die Abwehr gewinnt Titel."
Im Zuge der aktuellen Erfolgsserie werfen den SV Atlas auch Widrigkeiten nicht aus der Bahn. Zwar fehlte Stamm-Innenverteidiger Kerem Sari (Leistenzerrung), doch das war der Abwehr nicht anzumerken. Philipp Eggersglüß übernahm Saris Part, Nicolas Fenski verteidigte dafür rechts, und Shamsu Mansaray rückte als Rechtsaußen im Vergleich zum 2:0-Erfolg beim SSV Vorsfelde neu in die Startelf. Die Heeslinger, die ohne Ex-Profi Philipp Bargfrede antraten, fanden anfangs kein Mittel gegen den schnellen Mansaray. In der siebten Minute konnte Tino Schulze den Außenangreifer nur per Foul im eigenen Strafraum stoppen. Den vertretbaren Elfmeter verwandelte Florian Stütz zum 1:0 und ließ die 800 Zuschauer zum ersten Mal jubeln. Der Mittelfeldspieler hatte die Woche über berufsbedingt nicht trainiert, spielte aber trotzdem von Beginn an und ließ sich den Trainingsrückstand nicht anmerken.
Rohwedder trifft zum 2:0
"Nach dem 1:0 haben wir etwas den Faden verloren und Heeslingen ins Spiel kommen lassen", sagte Schmidt. Die Gäste setzten wie gewohnt auf eine kompakte Spielweise mit Dreierkette und dichtem Mittelfeld, hatten aber im Spiel nach vorne keine Lösungen parat. Ex-Atlas-Akteur Dimitrios Ferfelis stand als einzige Spitze zumeist auf verlorenem Posten. Sein Gegenpart war derweil sofort da, als sich eine Gelegenheit ergab: Nach einer Hereingabe von Ibrahim Temin schoss Atlas-Mittelstürmer Steffen Rohwedder zum 2:0 ein (36.). "Über das Tor freue ich mich natürlich sehr. Wir haben momentan einfach alle Spaß am Fußball", sagte Rohwedder später.
Alles lief also im Sinne der Blau-Gelben, doch dann machten sie sich selbst das Leben schwer. Mansaray ließ sich provozieren und schubste Gegenspieler Maximilian Köhrken um. Schiedsrichter Nils Musekamp zeigte dafür zu Recht die Rote Karte (38.), während der Heeslinger Gelb sah. "Ich habe die Szene nicht genau mitbekommen, aber klar ist, dass wir uns dadurch geschwächt haben", sagte Schmidt. In Unterzahl ließ der Atlas-Coach sein Team weiterhin mutig agieren. Er beorderte Rohwedder aus dem Sturmzentrum auf die linke Seite. In der Mitte spielte Tom Trebin fortan eine Mischung aus Zehner und Neuner.
Durch Mansarays Platzverweis kam zunächst Hektik ins Spiel. Fenski wurde gefoult und am Boden liegend auch noch vom Ball getroffen, was eine wilde Rudelbildung zur Folge hatte (45.). Die Halbzeitpause half dann dabei, die Gemüter wieder abzukühlen. Der zweite Durchgang verlief anschließend denkbar unspektakulär. Atlas hatte weiterhin alles im Griff, ging aber mit der Führung im Rücken und einem Mann weniger verständlicherweise kein Risiko mehr ein. Wenn es möglich war, verzögerten die Delmenhorster das Spiel oder passten den Ball noch einmal hintenherum.
Mehrere Chancen in der Schlussphase
Die Heeslinger blieben auch in Überzahl harmlos. "Ich hatte in der zweiten Halbzeit nicht das Gefühl, dass wir noch den Anschlusstreffer machen", gab Gästecoach Malte Bösch zu. "Von unseren vielen Ecken war auch nur eine ansatzweise gefährlich." Eine verunglückte Flanke von Edison Mazreku sorgte für Gefahr vor dem Atlas-Tor (71.), das war es aber auch schon. In der Schlussphase wechselte Schmidt Mustafa Azadzoy und Phil Gysbers als neues Sturmduo ein, um für mehr Entlastung zu sorgen. Der Plan ging auf, denn plötzlich gab es wieder Chancen für die Gastgeber: Gysbers (88.), Azadzoy (90.) und wieder Gysbers (90.+3) schafften es jedoch nicht, den Ball über die Linie zu befördern.
Das war zu verschmerzen, letztlich zählte der Sieg, durch den der SV Atlas in der Tabelle weiterhin ganz nach oben gucken kann. Für Schmidt war es somit "eine anstrengende, aber perfekte Woche". Am frühen Freitagmorgen war der zweite Sohn des Atlas-Trainers geboren worden. Seine Spieler bereiteten ihm mit den drei Punkten am Tag darauf ein passendes Geschenk, und Schmidt betonte: "Großen Respekt an die Mannschaft, sie hat wieder alle Widerstände angenommen. Inzwischen ist es richtig schwer, gegen uns Tore zu erzielen." Heeslingens Coach Bösch musste anerkennen, dass Atlas als "Mannschaft der Stunde" derzeit vor Selbstvertrauen strotze und verdient gewonnen habe.