Bastian Fuhrken hatte während des Spiels gegen den VfB Lübeck diese eine große Befürchtung. Der Sportchef des SV Atlas Delmenhorst blickte immer wieder zu Dominic Volkmer, um sich zu vergewissern, dass der Oberschenkel dem Kapitän keine Probleme mehr bereitete. "Ich hatte die Sorge, dass er irgendwann zur Seitenlinie kommt, weil es nicht mehr geht, und dann wieder ausfällt", sagt Fuhrken. Volkmers Oberschenkel hielt. Fehlen wird der Abwehrchef aber trotzdem, denn er sah bei der 0:3-Niederlage gegen den Spitzenreiter der Fußball-Regionalliga Nord die Rote Karte.
Sehnsüchtig hatten sie beim SV Atlas auf Volkmers Debüt gewartet. Den 26-Jährigen, der bis zum vergangenen Sommer beim Drittligisten MSV Duisburg unter Vertrag gestanden hatte, hatten die Delmenhorster in der Winterpause verpflichtet, um die Abwehrprobleme zu beheben und wieder einen echten Führungsspieler auf dem Platz zu haben. Ein Muskelfaserriss im Oberschenkel bremste Volkmer jedoch aus. "Wir haben alles getan, damit er schnell wieder spielen konnte. Unsere Physios und Ärzte waren im Dauereinsatz", schildert Fuhrken.
Schlechtes Gewissen beim Kapitän
In der Woche vor dem Spiel überstand Volkmer drei Trainingseinheiten ohne Probleme, also gab er gegen Lübeck sein Atlas-Debüt. In der 45. Minute lieferte er sich einen Zweikampf mit Tarik Gözüsirin, sein Gegenspieler hakelte mit dem Fuß etwas nach, beide standen sich daraufhin Kopf an Kopf gegenüber. Das war alles noch im Rahmen, doch dann stieß Volkmer dem Lübecker mit beiden Händen gegen die Brust. Gözüsirin ließ sich sofort fallen, und der Delmenhorster Kapitän sah die Rote Karte wegen einer Tätlichkeit. Fuhrken sagte direkt nach dem Abpfiff: "Das darf niemals passieren." Inzwischen hat er sich ausführlich mit Volkmer unterhalten und berichtet: "Natürlich hat er deswegen ein richtig schlechtes Gewissen."
Beim SV Atlas haben sie nun alles versucht, damit die Sperre zumindest möglichst gering ausfällt. Bis zu diesem Donnerstag hatten sie Zeit für eine Stellungnahme, doch Fuhrken schickte gleich am Montag ein ausführliches Schreiben an den Norddeutschen Fußball-Verband. "Darin steht unter anderem, dass Dominic zuvor erst einmal in seiner Karriere die Rote Karte gesehen hat", sagt der Atlas-Sportchef. Das war im September 2020, als er mit dem MSV Duisburg in der ersten DFB-Pokalrunde auf Borussia Dortmund traf (0:5). Volkmer sah damals Rot für eine Notbremse gegen keinen Geringeren als Erling Haaland.
"Er stand unter Strom"
Fuhrken schrieb zudem auf, dass sein Kapitän vor dem Lübeck-Spiel seit etwa anderthalb Jahren kein Pflichtspiel bestritten hatte. Eine langwierige Knieverletzung hatte Volkmer außer Gefecht gesetzt, deshalb wurde auch sein Vertrag in Duisburg nicht verlängert. Dann kam noch die Oberschenkelverletzung hinzu. "Er stand jetzt natürlich unter Strom, wollte der Mannschaft unbedingt helfen", sagt Fuhrken. Die Vermutung liegt nahe, dass auch eine Portion Übermotivation zu Volkmers Platzverweis geführt hat.
Das wichtige Spiel gegen Blau-Weiß Lohne am Ostermontag (15 Uhr) verpasst der Kapitän in jedem Fall. "Wir hoffen, dass er nur für diese eine Partie gesperrt wird, aber wir müssen die Entscheidung abwarten", sagt Fuhrken. Der Atlas-Sportchef hatte im Vorfeld des Lübeck-Spiels darüber nachgedacht, ob es nicht besser wäre, Volkmer noch einmal aussetzen zu lassen, um kein Verletzungsrisiko einzugehen. "Die richtig wichtigen Duelle im Abstiegskampf kommen jetzt", betont Fuhrken. "Wir wollten auf keinen Fall, dass Dominic uns dann fehlt, aber er wollte natürlich auch unbedingt gegen Lübeck spielen."
Und der zweitligaerfahrene Innenverteidiger tat dem Atlas-Spiel auch sichtlich gut. Gegen den Tabellenführer standen die Delmenhorster mit Abwehrchef Volkmer lange Zeit kompakt und ließen wenige Torchancen zu. Der 1:0-Treffer für die Lübecker fiel nach einer Ecke (40.). "Man hat gesehen, welche Ordnung Dominic Volkmer sofort in unser Spiel gebracht hat", unterstreicht Fuhrken. Keine Frage: Der Kapitän ist genau der Spieler, den der Tabellenvorletzte jetzt im Abstiegskampf braucht. Dass er nun erst einmal gesperrt zuschauen muss, passt in diese Saison voller Rückschläge für den SV Atlas.