Als kürzlich sein Telefon klingelte und sich jemand von der Ostfriesen-Zeitung meldete, war Bastian Fuhrken erst einmal überrascht. Der Journalist wollte vom Sportchef wissen, was beim SV Atlas Delmenhorst in der Winterpause alles passiert sei. Man höre so viel. "Er sagte, dass viele großen Respekt vor uns haben, auch bei Kickers Emden", erzählt Fuhrken. In der Tabelle der Fußball-Oberliga sind die Blau-Gelben bekanntlich nur Zehnter, doch sie müssen in den vergangenen Wochen einiges richtig gemacht haben, sodass sie zum Gesprächsthema in der Liga geworden sind. Die drei namhaften Winterzugänge und die Testspielergebnisse ließen aufhorchen. Das alles kann aber schnell wieder vergessen sein, wenn die Delmenhorster jetzt nicht in den Pflichtspielen überzeugen. An diesem Sonnabend (14 Uhr) wollen sie gegen die FSV Schöningen ihre Aufholjagd einläuten. Die Partie kann stattfinden, der Platz im Delmenhorster Stadion soll in ordentlichem Zustand sein.
Coach Dominik Schmidt hat bereits mutig erklärt, dass er den ersten Platz, der aktuell neun Punkte entfernt ist, anvisiere. Vor dem Start ins neue Pflichtspieljahr betont er: "Wir dürfen uns nicht mehr viele Ausrutscher erlauben, das ist uns natürlich bewusst." Gegen den Tabellenelften Schöningen zählt also nur ein Sieg. Schmidt muss vor der Partie ein Luxusproblem lösen, das für ihn völlig neu ist. Musste er im vergangenen Jahr aufgrund der Verletzungsmisere oft Spieler aus der Reserve hochziehen, so muss er nun Akteure aus dem Oberliga-Kader ins zweite Team schicken. Ihm stehen aktuell so viele fitte Spieler zur Verfügung, dass nicht alle im Spieltagskader stehen können.
Schmidt muss Spieler streichen
Lediglich Thade Hein ist noch verletzt. Yuri Backhaus und Luca Liske trainieren zwar schon wieder, doch für sie käme ein Einsatz zu früher. "Alle anderen sind an Bord", sagt Schmidt. Die zuletzt angeschlagenen Marlo Siech und Shamsu Mansaray haben sich rechtzeitig zurückgemeldet. "Wer nicht spielt, wird Spielpraxis in der Zweiten sammeln. Das freut natürlich keinen, aber ich setze auf Verständnis und erwarte, dass die Jungs auch in der Zweiten alles geben, um dem Verein zu helfen", betont Schmidt. "Wir haben jetzt den Konkurrenzkampf, den wir immer wollten. Das ist gut für uns."
Die drei Winterzugänge Ibrahim Temin, Steffen Rohwedder und Daniel Hefele dürften allesamt zum Aufgebot für das Schöningen-Spiel gehören. "Die Chance ist groß, dass zwei von ihnen in der Startelf stehen, vielleicht sogar alle drei", sagt Schmidt. Insbesondere Temin überzeugte in den Testspielen als Linksverteidiger und übernahm direkt eine Führungsrolle auf dem Platz. An ihm dürfte kaum ein Weg vorbeiführen. Auch Stürmer Rohwedder und Mittelfeldspieler Hefele haben bereits ihre Qualitäten gezeigt.
Jeddeloh-Spiel als Maßstab
Schmidt erwartet von seinem Team gegen Schöningen einen Auftritt wie im letzten Härtetest beim SSV Jeddeloh (1:1). Gegen den Regionalligisten war Atlas das bessere Team. "Diese Leistung muss unser Maßstab. Wenn wir uns wieder so präsentieren, stehen unsere Chancen auf einen Sieg gut. Wir müssen jetzt Konstanz reinbekommen. Solch ein Auf und Ab wie bisher wollen wir nicht mehr", unterstreicht der Atlas-Trainer.
Der Gegner FSV Schöningen ist für Atlas ein unbeschriebenes Blatt. Es ist das erste Duell zwischen den Delmenhorstern und dem seit 2011 existierenden Fusionsklub aus dem Landkreis Helmstedt. Das Hinspiel in Schöningen fiel aus und wird am 30. April nachgeholt. Mit dem 35-jährigen Christian Beck verfügen die Schöninger über einen Stürmer, der bereits für den 1. FC Magdeburg in der 2. Bundesliga auflief und auf acht Saisontreffer kommt. In der Winterpause konnte das Team von Trainer Bastian Breves sich in einem Türkei-Trainingslager auf die restliche Saison vorbereiten.
Schwierige Trainingsbedingungen
Bei Atlas hatten sie über so etwas auch nachgedacht, entschieden sich aber dagegen. Also war die Wintervorbereitung einmal mehr eine einzige Improvisation. Mal wurde auf dem Kunstrasen in Ganderkesee trainiert, mal in Delmenhorst. Oft ging es auch ins Fitnessstudio. "Der Winter war schwierig, wie immer. Wir haben insgesamt mehr Trainingsminuten im Fitnessstudio oder woanders verbracht als auf dem Fußballplatz. Dass wir zum Trainieren außerhalb der Stadtgrenzen um Asyl bitten müssen, ist einfach bitter", sagt Sportchef Fuhrken.
Wenn man so will, herrschen also ungleiche Voraussetzungen, denn die Schöninger konnten sich unter besseren Bedingungen vorbereiten. Die Favoritenrolle liegt allerdings trotzdem beim SV Atlas. Schmidt hat den Gegner per Videostudium analysiert und betont: "Sie sind nach Standards enorm gefährlich, da müssen wir wachsam sein." Optimistisch stimmt die Delmenhorster Verantwortlichen, dass die Mannschaft immer enger zusammengewachsen ist. "Es hat länger gedauert, sich zu finden, als wir es uns gewünscht hatten, aber das Team lebt. Die Stimmung ist sehr gut", betont Fuhrken. "Seit Oktober ist der Zusammenhalt immer stärker geworden. Die Spieler organisieren jetzt selbst etwas und unternehmen Sachen zusammen. So muss es sein, nur wenn es in der Mannschaft stimmt, kann man Erfolge feiern."