Wer in den vergangenen Wochen mit Manfred Engelbart über den SV Atlas Delmenhorst redete, erlebte einen Mann voller Tatendrang und Visionen. Dass er sein Amt als Vorsitzender in diesem Jahr abgeben würde, war kaum vorstellbar. Am Freitagnachmittag verkündete der 77-jährige Unternehmer dann auch offiziell, dass er bei der Mitgliederversammlung wieder als Atlas-Chef kandidiert. Es habe aber auch Zeiten gegeben, in denen er aufgrund der hohen Belastung ans Aufhören gedacht habe, schilderte Engelbart. "Die Frage war: Schaffe ich den SV Atlas oder schafft der SV Atlas mich?", sagte er und gab schmunzelnd die Antwort: "Im Moment steht es unentschieden, 2:2 oder 4:4."
Engelbart wurde im Februar 2018 zum Vorsitzenden gewählt, aufgrund der Pandemie verschob der Verein die Mitgliederversammlung und seine Amtszeit verlängerte sich um ein Jahr. Je nach Corona-Lage soll die Versammlung demnächst kurzfristig terminiert werden und als Präsenzveranstaltung stattfinden. "Durch die Verschiebung hatte ich noch etwas mehr Zeit, um über meine Zukunft nachzudenken, und mache jetzt begeistert weiter", erklärte Engelbart. "Die Dinge, die ich mir vorgenommen habe, wurden bei weitem noch nicht alle erreicht."
Zwei Themen haben Priorität
Kurzfristig gehe es vor allem um den Bau einer Flutlichtanlage für den Hauptplatz im Delmenhorster Stadion sowie um ein Trainingszentrum mit Kunstrasenplatz für den Fußball-Regionalligisten. Tatkräftig unterstützt wird Engelbart bei diesen Vorhaben künftig von Axel Jahnz, der mit sofortiger Wirkung in den erweiterten Vorstand berufen wurde. Der ehemalige Delmenhorster Oberbürgermeister soll ab sofort das Ressort "Projekte und Organisationsentwicklung" übernehmen und sich etwa um Gespräche mit der Verwaltung oder der Politik kümmern sowie als Veranstaltungsleiter bei den Heimspielen fungieren.
"Wir müssen uns breiter aufstellen, brauchen mehr Hände und mehr Köpfe", unterstrich Engelbart. "Axel Jahnz wird den gesamten Vorstand, aber vor allem mich als Vorsitzenden entlasten." Am 31. Oktober 2021 endete Jahnz' Zeit als Oberbürgermeister. Einen Tag später stand sein Freund Manfred Engelbart bei dem 64-Jährigen vor der Tür. "Ich habe ihm gesagt: Wir brauchen dich", erzählte der Atlas-Vorsitzende. Jahnz dachte über das Angebot nach, besuchte zwei Vorstandssitzungen des SV Atlas und sagte dann zu. "Die Atmosphäre im Verein hat mir sehr gut gefallen, und fußballverrückt bin ich ohnehin", sagte er. "Ich kenne Atlas schon aus den alten Jahren und bin Vereinsmitglied. Dass ich jetzt zum erweiterten Vorstand gehöre, ist eine Ehre für mich."
Ausweichplatz in Jeddeloh
Langsam angehen kann der ehemalige Oberbürgermeister seine neue Aufgabe nicht, denn in Sachen Flutlicht und Trainingsbedingungen muss schnell etwas passieren. Normalerweise muss in der Regionalliga ein Flutlicht-Platz vorhanden sein. Der SV Atlas hat vorerst eine Ausnahmegenehmigung erhalten, die am 30. Juni ausläuft und laut Engelbart vom Norddeutschen Fußballverband voraussichtlich noch einmal um ein Jahr verlängert wird. "Aber dann müssen wir etwas vorweisen, die Zeit läuft uns davon", betonte der Atlas-Chef. Kurios: Falls derzeit ein Flutlichtspiel nötig sein sollte, hat der SVA das Stadion des Konkurrenten SSV Jeddeloh als Ausweichplatz angegeben. "Bisher mussten wir davon keinen Gebrauch machen", sagte der Sportliche Leiter Bastian Fuhrken. "Wären wir im Niedersachsenpokal weitergekommen, hätten wir wahrscheinlich schon einmal in Jeddeloh spielen müssen."
Eine zeitnahe Verbesserung der Trainingsbedingungen sei genauso dringend notwendig wie das Flutlicht, betonte Fuhrken weiter. In der am 27. Januar startenden Wintervorbereitung trainieren die Delmenhorster Regionalliga-Fußballer auf sechs verschiedenen Anlagen. "Das ist ein enormer Planungsaufwand und sorgt natürlich auch für schlechte Laune bei einigen Spielern", sagte Fuhrken. Engelbart sprach von "einem Wanderzirkus, der nicht hinnehmbar ist".
Gespräche mit der Stadtverwaltung
In Kürze sollen Gespräche mit der Stadtverwaltung über den Bau einer Flutlichtanlage und eines Kunstrasenplatzes geführt werden. "Der Haushaltsplan soll zum 1. März verabschiedet werden. Uns bleiben rund sechs Wochen", sagte Jahnz. Er wolle sein Netzwerk zugunsten des Vereins nutzen und mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Deniz Kurku mögliche Fördermöglichkeiten für die Bauvorhaben erörtern.
Auf die Frage, warum die Trainingsbedingungen des SV Atlas nicht bereits während seiner Amtszeit als Oberbürgermeister verbessert wurden, antwortete Jahnz: "Das war ein ständiges Thema." Zudem habe sich durch den Neubau der Stadionhalle die Situation auf dem Stadiongelände noch einmal entscheidend verändert. Die neue Halle entsteht auf dem Fußballplatz Nummer sechs, der an das Umkleidegebäude des Stadions angrenzt. Dadurch fehlt den Fußballern künftig ein Trainingsplatz. Auch der Bau einer Flutlichtanlage für den Stadionhauptplatz sei in seiner Amtszeit als Oberbürgermeister angeschoben worden, versicherte Jahnz. "Jetzt kann das Projekt in absehbarer Zeit zu Ende gebracht werden."
Hilfreich bei den Gesprächen mit der Stadt ist laut Engelbart die Tatsache, dass der SV Atlas sicher bis mindestens 2023 Teil der Regionalliga Nord ist. Durch das Erreichen der Aufstiegsrunde hat die Mannschaft den Klassenerhalt vorzeitig geschafft. "Sportlich wurden die Erwartungen voll erfüllt", betonte Engelbart auch mit Blick auf den Sieg im Landespokal 2019 und das DFB-Pokal-Spiel gegen die Werder-Profis im Weserstadion. Diese Erfolgserlebnisse ließen ihn ambitioniert in die Zukunft blicken: "Langfristig brauchen wir ein eigenes Stadion und dürften keine Angst vor der dritten Liga haben. Dabei sprechen wir über einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren."