Flodyn Baloki kam selbstbewusst nach Thailand. Zweikampfstärke, Robustheit, gutes Kopfballspiel – der Innenverteidiger wusste um seine Qualitäten und war überzeugt davon, mithalten zu können. Einen Gegner hatte er allerdings nicht auf dem Zettel gehabt: das Wetter. "Die Hitze war anfangs wirklich ein Problem", erinnert sich der 31-Jährige. "In der Saisonvorbereitung nachmittags bei 35 Grad zu trainieren ist enorm anstrengend." Baloki hatte seinen Vertrag beim Fußball-Regionalligisten SV Atlas Delmenhorst im vergangenen Sommer nicht verlängert und war zunächst vereinslos. Ende Juli unterschrieb er dann einen Kontrakt beim thailändischen Zweitligisten Udon Thani FC und stieg dort direkt ins Training ein. Das würde er nicht noch einmal so machen. Baloki betont heute: "Ich würde jedem, der nach Thailand wechseln möchte, dazu raten, schon mindestens einen Monat vorher dort anzukommen, um sich an das Wetter zu gewöhnen."
Inzwischen hat sich der Ex-Atlas-Verteidiger nicht nur mit dem Wetter arrangiert, sondern hat sich auch gut in Thailand eingelebt. "Ich genieße die Zeit sehr", sagt Baloki. "Mit der Hitze kam ich nach einigen Wochen klar, und momentan ist es hier ohnehin eher etwas frisch. Da kommen Heimatgefühle auf." Die Heimat ist für Baloki der Norden Deutschlands. Seine Familie lebt in Oldenburg. Der Wechsel von Rot-Weiß Koblenz zum SV Atlas im Januar 2020 war für ihn somit auch eine Rückkehr in heimische Gefilde. Zweieinhalb Jahre lang trug der Innenverteidiger das blau-gelbe Trikot, bestritt drei Oberliga-Partien, 25 Regionalliga-Spiele und zwei Pokalduelle. Wäre nicht der Corona-Lockdown in seine Zeit beim SVA gefallen, wäre die Zahl der Einsätze wohl deutlich höher.

Stark in Kopfballduellen und Zweikämpfen – so kannte man Flodyn Baloki beim SV Atlas.
Als sein Vertrag in Delmenhorst im vergangenen Jahr auslief, gab es Gespräche über eine Verlängerung, doch beide Seiten konnten sich nicht einigen. "Trainer Key Riebau wollte mich gerne behalten, aber der Trainer entscheidet so etwas eben nicht alleine", sagt Baloki. Er habe eine tolle Zeit in Delmenhorst gehabt und sei noch mit vielen ehemaligen Teamkollegen sowie Coach Riebau im Austausch.
Azadzoy weckt die Neugier
Ein wenig kurios ist, dass sich Baloki und Mustafa Azadzoy nun knapp verpassten. Beide kennen sich schon lange und wollten gerne zusammenspielen, doch während Baloki nach Thailand ging, wechselte Azadzoy nach sechs Jahren als Profi in dem südostasiatischen Land im vergangenen Sommer zum SV Atlas. Azadzoy war es, der Baloki zum ersten Mal auf die Idee brachte, in Thailand Fußball zu spielen. "Ich kenne ihn seit der Jugend. Er ist ein richtig feiner Kerl", sagt Baloki. "Wir hatten während seiner Zeit in Thailand immer wieder Kontakt und er hat meine Lust auf das Land geweckt. Mit einem Wechsel hat es zwar erst einmal nicht geklappt, doch das Abenteuer hat mich schon länger gereizt."
Die Option Thailand behielt der Abwehrspieler also im Hinterkopf, und im vergangenen Jahr stellte Arnold Suew den Kontakt zum Udon Thani FC her. Der Offensivmann steht seit Januar 2021 bei dem thailändischen Zweitligisten unter Vertrag und spielte einst zusammen mit Baloki für den BV Cloppenburg. "Arnold ist ein langjähriger Freund und hat mir den Einstieg in Thailand wirklich leicht gemacht", betont Baloki.
Der Ex-Delmenhorster wurde beim Udon Thani FC auf Anhieb Stammspieler. In 16 von 18 Ligaspielen kam Baloki bislang zum Einsatz, stand dabei 14-mal in der Startelf und erzielte ein Tor. "Ich brauchte zwei Spiele, um reinzufinden. Der Fußball ist in Thailand ganz anders als in Deutschland. Hier geht sehr viel über den Kampf." In Sachen Taktik bestehe noch etwas Nachholbedarf, aber Baloki betont: "Man sollte den thailändischen Fußball auf keinen Fall unterschätzen. Hier wird auf einem sehr guten Niveau gespielt. Die thailändischen Spieler sind individuell stark, schnell und beweglich."
Katastrophaler Saisonstart
Wie schwierig es ist, in der zweithöchsten Liga des 70-Millionen-Einwohner-Landes zu bestehen, musste Balokis Klub Udon Thani FC in der laufenden Saison erfahren. Der Verein aus der Provinz Udon Thani im Nordosten Thailands belegt aktuell den letzten Platz der "Thai League 2". Erst acht Punkte holte das Team aus 18 Partien. Die vergangene Spielzeit beendete der Udon Thani FC noch auf Rang acht. "Vor dieser Saison wurden viele falsche Entscheidungen getroffen. Andere Mannschaften waren deutlich stärker besetzt, das habe ich natürlich auch erst mit der Zeit gemerkt. Wir hatten eine gute erste Elf, aber konnten Ausfälle nicht kompensieren", sagt Baloki. Der Saisonstart war eine einzige Katastrophe: Die ersten sechs Spiele gingen allesamt verloren. "Das war eine schwere Zeit für mich. Ich war alleine im Ausland, meine Familie war weit weg", blickt Baloki zurück.
Inzwischen hat der Udon Thani FC immerhin bewiesen, dass er mithalten kann und zwei Siege sowie zwei Unentschieden eingefahren. "Wir haben auch nie haushoch verloren, die Hoffnung auf den Klassenerhalt ist noch da", sagt Baloki. Der Rückstand auf den Vorletzten beträgt bereits fünf Zähler, und das erste Spiel des neuen Jahres gegen Phrae United ging mit 1:3 verloren, doch der Ex-Atlas-Spieler betont: "Im Fußball gibt es manchmal Wunder."
Unterstützung durch die Fans
Der Rückhalt durch die Fans sei trotz der Negativbilanz bemerkenswert, sagt Baloki. "Udon Thani ist eine fußballverrückte Stadt, zu unseren Heimspielen kommen oft 2000 Zuschauer. Man wird auf der Straße häufig angesprochen, und die Menschen sind sehr freundlich, auch nach Niederlagen. Die Fans unterstützen uns enorm. Das erinnert mich an Delmenhorst. Die Atlas-Fans standen auch in schweren Zeiten immer hinter uns. Das gibt viel Kraft." Konnte der 31-Jährige in Deutschland unerkannt durch die Gegend laufen, so wird er in Thailand von vielen erkannt. "Ich falle hier natürlich auf und werde öfter mal um ein Foto gebeten. Das mache ich dann sehr gerne."
Das Leben als Fußball-Profi in Thailand sei sehr reizvoll, aber auch anspruchsvoll, hält Baloki fest. "In der zweiten Liga gibt es pro Team fünf Plätze für Ausländer. Wenn man solch einen Platz ergattert, wird dafür viel von einem verlangt. Wenn man Leistung bringt, bekommt man aber auch viel zurück." Sein Vertrag beim Udon Thani FC läuft am Saisonende aus. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich noch länger in Thailand bleibe", blickt Baloki voraus. "Mir macht es hier viel Spaß, und man muss auch nicht drumherum reden: Finanziell ist es attraktiv, in Thailand zu spielen."