Es war einmal ein junger Spieler des SV Werder Bremen, der vor zwei Jahren nach einem Testspiel im Trainingslager im Zillertal locker gelöst ein Interview gab und jegliche Wechselgerüchte mit einem breiten Grinsen beiseiteschob: „Ich bin doch ein Bremer Jung’ und spiele gerne bei Werder.“ Davon kann bei Eren Dinkci nun keine Rede mehr sein. Weder wirkte der 21-Jährige in den vergangenen Monaten glücklich bei Werder, noch hat er eine Zukunft bei dem Bundesligisten. Der Stürmer soll und will weg. Werder lässt ihn aber nur auf Zeit ziehen. Zweitligist Fortuna Düsseldorf gilt als Favorit auf eine Ausleihe.
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„Eren braucht Spielpraxis, da sind wir uns alle einig“, betont Clemens Fritz als Werders Leiter Profifußball im Gespräch mit der Deichstube: „Wo es dann für ihn hingeht, das werden wir sehen. Aber es ist nicht unser Plan, ihn komplett abzugeben. Wir denken an eine Ausleihe.“ Fritz verweist auf einen anderen Werder-Spieler, der im Sommer von einem 18-monatigen Aufenthalt bei der U 23 von Borussia Dortmund zurückkehrt: Justin Njinmah. In der abgelaufenen Saison gehörte der 22-Jährige zu den auffälligsten Akteuren in der 3. Liga. Der Stürmer erzielte in 34 Partien 13 Treffer und bereitete fünf weitere vor. „Bei Justin hat man ja gesehen, wie gut sich so etwas entwickeln kann“, betont Fritz.
Njinmah wird nun bei Werder den Kaderplatz von Dinkci einnehmen – also den des jungen und vor allem schnellen Herausforderers im Angriff. Diese Rolle hatte Dinkci immerhin zwei Jahre lang inne, erst in der 2. Liga, dann auch in der Bundesliga. Nutzen konnte er sie letztlich nicht. Nach seinem Traumstart ins Profi-Geschäft mit einem ganz schnellen Tor gelang ihm kein einziger Treffer mehr.
Viele trauen Dinkci eine große Karriere zu
Rückblende: 19. Dezember 2020, der SV Werder spielt in Mainz. Ein Sieg soll her, um Weihnachten im Abstiegskampf etwas entspannter verbringen zu können. Doch es läuft nicht gegen den Tabellenvorletzten. Trainer Florian Kohfeldt überrascht mit der Einwechslung von Dinkci, der ist gerade erst 19 geworden. Doch mit seinem ersten Ballkontakt in der Bundesliga gelingt ihm gleich der Siegtreffer. Was für eine Geschichte – und dann auch noch als gebürtiger Bremer. Nicht wenige trauen ihm eine große Karriere zu. Die Anlagen dazu bringt er auf jeden Fall mit.
Und tatsächlich: In der 2. Liga setzt der neue Coach Markus Anfang auf den U 20-Nationalspieler – allerdings auch deshalb, weil er mit Außenstürmern spielen will, obwohl er gar keine hat. Dinkci fühlt sich in der Mitte eigentlich wohler, funktioniert deswegen nicht wirklich gut. Als das System auf zwei Stürmer umgestellt wird, ist Dinkci dann raus aus der Startelf. Und dabei bleibt es auch unter Anfang-Nachfolger Ole Werner. In der vergangenen Saison wurde Dinkci zwar immerhin in 17 Partien eingesetzt, aber insgesamt nur für 214 Minuten.
Werner begründete das vor allem damit, dass der Angreifer aufgrund von kleineren Verletzungen und Erkrankungen selten länger als sechs Wochen am Stück zur Verfügung gestanden habe. Und wenn er eingewechselt wurde, blieb der Joker meistens blass. Ein Teufelskreis! Denn Dinkci wirkte zunehmend in sich gekehrt und verschlossen. Das Selbstvertrauen schrumpfte ganz offensichtlich auf ein Minimum, seine Schnelligkeit spielte er kaum noch gewinnbringend aus. Sprechen mag der 21-Jährige darüber öffentlich nicht. Seit Monaten lässt er alle Interview-Wünsche von der Medienabteilung absagen. Er tauchte auch nie in einer Mixed-Zone vor oder nach Spielen auf.
Dinkci möchte selbst wechseln
Immerhin ist bekannt geworden, dass auch er selbst wechseln möchte. Sein Berater sucht längst einen neuen Club. Interessenten gibt es reichlich – vornehmlich in der 2. Liga, aber auch in den Niederlanden. Darmstadt 98, der SC Paderborn, der 1. FC Kaiserslautern und auch Vitesse Arnheim haben sich mit einer Verpflichtung beschäftigt. Fortuna Düsseldorf wird wahrscheinlich das Rennen machen. Laut „Bild“ sind die Verhandlungen mit dem Zweitligisten schon sehr weit vorangeschritten. Dort könnte der Bremer dann Dawid Kownacki ersetzen, der ablösefrei an die Weser gewechselt ist.
Für Dinkci bedeutet eine Ausleihe, erstmals weg von der Heimat zu sein. Ein echter Neuanfang, der zuvorderst den Spaß am Fußball zurückbringen soll. Sein Vertrag bei Werder läuft bis 2025, diese Geschichte ist also noch nicht vorbei und könnte ihn auch an der Weser irgendwann wieder lächeln lassen.