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Spieler im Interview Lynen über seine Rolle als Agent und Werders Saisonziele

Senne Lynen spricht im Interview über seine Entscheidung, seinen Vertrag bei Werder Bremen zu verlängern, und seine Hoffnungen für die kommende Saison.
11.09.2025, 18:16 Uhr
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Von Bjarne Voigt

Seit etwas mehr als zwei Jahren steht Senne Lynen nun beim SV Werder Bremen unter Vertrag – und im Mittelfeld der Grün-Weißen ist der Belgier spätestens seit der vergangenen Saison als Taktgeber nicht mehr wegzudenken. Obwohl der 26-Jährige seinen Marktwert in dieser Zeit mehr als verdoppeln konnte – auf mittlerweile neun Millionen Euro –, entschied er sich im Sommer nicht etwa für einen Wechsel, sondern verlängerte seinen Vertrag an der Weser vorzeitig. Im ausführlichen DeichStube-Interview spricht Lynen über die Gründe seiner Verlängerung, die schwierige Saisonvorbereitung und seinen Traum von der belgischen Nationalmannschaft. Außerdem erklärt der gebürtige Antwerpener seine Rolle bei den Verpflichtungen von Victor Boniface und Cameron Puertas – und weshalb es in dieser Saison endlich mit seinem ersten Tor im Werder-Trikot klappen soll.

Herr Lynen, haben Ihnen Peter Niemeyer und Clemens Fritz für die Zeit nach Ihrer Karriere eigentlich schon einen Job als Werder-Manager angeboten?

(lacht) Nein, bislang noch nicht. Ich bin ja auch erst 26 Jahre alt und hoffe, noch einige Jahre als Spieler auf dem Platz stehen zu können.

Die Frage zielte darauf ab, dass sowohl Victor Boniface als auch Cameron Puertas berichtet haben, dass sie vor ihren Wechseln jeweils Kontakt zu Ihnen hatten. Seitdem werden Sie von den Fans „Agent Lynen“ genannt. Gefällt Ihnen dieser Spitzname?

Ich verstehe schon, warum das von außen so gesehen wird, aber es ist ein bisschen übertrieben. Es stimmt, dass ich mit beiden Jungs vorher Kontakt hatte, aber das ist nicht ungewöhnlich. Wenn ich selbst vor einem Wechsel zu einem neuen Verein stehen würde, bei dem ich schon jemanden kenne, würde ich auch vorher schreiben. Beide Namen kamen von Peter und Clemens, es war nicht so, dass ich die Spieler vorgeschlagen hätte. Als es konkreter wurde, haben mich die Verantwortlichen angesprochen – und dann habe ich mit beiden telefoniert.

Womit haben Sie ihnen Werder denn schmackhaft gemacht?

Vor allem damit, dass es ein sehr familiärer Verein ist, bei dem immer etwas los ist. Ich mag es, wenn es keine „tote“ Stimmung gibt. Hier ist das Stadion immer voll, auch auswärts sind immer unglaublich viele Fans dabei. Werder ist einfach ein großer Verein – und es macht riesigen Spaß, hier zu spielen.

Wie besonders ist es für Sie, wieder mit Ihren ehemaligen Gilloise-Teamkollegen Boniface und Puertas zusammenspielen zu dürfen?

Es war schon ein komisches Gefühl, die Jungs plötzlich im Werder-Trikot zu sehen (schmunzelt). Normalerweise gibt es im Fußball so ein Wiedersehen eher selten. Es freut mich natürlich sehr, weil es gute Jungs sind, mit denen ich mich immer gut verstanden habe. Ich finde es klasse, dass sie jetzt hier sind.

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Victor Boniface ist in der Bundesliga als Stürmer bereits bestens bekannt. Was ist er für ein Typ abseits des Rasens?

Er ist ein ruhiger Charakter und ein ganz entspannter Typ, der ohne Stress lebt. In der Kabine ist er auch eher still, macht seinen Job und geht nach Hause. Das war schon immer so – auch damals in Belgien. Mit ihm ist es einfach angenehm und entspannt.

Sie haben ihn vor vielen Jahren einmal als „Kirchturm“ beschrieben. Wie eklig ist es, gegen ihn zu verteidigen?

Für mich vielleicht etwas leichter, weil ich seine speziellen Bewegungen schon gut kenne (lacht). Er ist sehr groß und kräftig, gleichzeitig aber unglaublich schnell auf den Beinen. Dazu macht er Bewegungen, die Verteidiger oft nicht erwarten. Manchmal hat er ein paar ungewöhnliche Dribblings drauf. Er ist für seine Größe technisch enorm stark.

Cameron Puertas hingegen haben bisher wenige Fans und Beobachter aus Deutschland spielen sehen – auf was für eine Art Fußballer können sich die Werder-Fans freuen?

Cameron ist besonders bei Standards sehr stark und sammelt insgesamt viele Scorerpunkte. Außerdem sucht er häufig den Abschluss von außerhalb des Strafraums. Er ist ein Spielertyp, der Möglichkeiten erkennt, die andere vielleicht gar nicht sehen. Manchmal schießt er aus Positionen, bei denen man denkt: Das geht doch gar nicht – und dann trifft er. Er ist zielstrebig zum Tor und mutig in seinem Spiel.

Unter anderem durch die beiden Transfers ist die Euphorie rund um Werder wieder groß. Es gab aber auch eine Aussage von Ihnen nach dem Spiel in Frankfurt, dass man sich Sorgen machen müsse, falls auf dem Transfermarkt nichts mehr passiert. Hatten Sie zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Bedenken?

Nein, Sorgen hatte ich nicht. Ich war immer überzeugt davon, dass noch etwas passieren wird. Jetzt bin ich sehr gespannt und freue mich darauf, zu sehen, wie es wird, wenn wir erstmals in der neuen Konstellation zusammenkommen. Für uns geht es jetzt erst so richtig los.

Gab es bei all den Verletzungen in der Vorbereitung bei Ihnen mal den Gedanken: „Das darf doch nicht wahr sein…“?

Natürlich haben wir uns auch intern darüber ausgetauscht. Es gibt immer mal Saisons, in denen Verletzungen gehäuft auftreten – und dann wieder Jahre, in denen kaum etwas passiert. So wie es in dieser Vorbereitung gelaufen ist, habe ich es in meiner Karriere aber tatsächlich noch nicht erlebt.

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Viele bezeichnen Werder von außen aktuell als Wundertüte – auch wegen der vielen späten Neuzugänge. Was denken Sie: Was ist mit dieser Mannschaft in dieser Saison möglich?

Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer einzuschätzen. Ich kenne zum Beispiel die Jungs wie Yuki (Yukinari Sugawara, Anm. d. Red.) oder Isaac (Schmidt, Anm. d. Red.) noch gar nicht richtig, weil sie erst kurz vor dem Leverkusen-Spiel zu uns gestoßen sind. Es ist wichtig, dass wir uns als Team schnell kennenlernen. Positiv ist auf jeden Fall, dass wir inzwischen einen sehr guten und konkurrenzfähigen Kader haben.

Sie haben im Sommer Ihren Vertrag vorzeitig verlängert und kurz danach gesagt, dass Werder für Sie „ein Gefühl“ ist. Können Sie dieses Gefühl etwas konkreter beschreiben?

Für mich bedeutet das, dass hier alles vorhanden ist, um erfolgreich zu sein. Das Weserstadion ist für mich einfach der Wahnsinn. Meine Freunde und Familie freuen sich jedes Mal riesig, wenn sie hier zu einem Spiel vorbeikommen. Werder ist ein großer Verein, der in der Vergangenheit schon große Erfolge gefeiert hat. Die Voraussetzungen sind definitiv da – und deshalb fühlt es sich für mich besonders an.

Würden Sie sagen, Werder ist schon jetzt die schönste und erfolgreichste Station Ihrer Karriere?

Ja, das kann man so sagen. Ich habe zwar auch mit Union Saint-Gilloise schöne Dinge erlebt, aber Werder ist für mich nochmal ein Stück darüber.

Ist Bremen für Sie bereits Heimat geworden?

Heimat ist schwer zu sagen, weil ich aus Antwerpen komme, und das für mich die schönste Stadt überhaupt ist. Aber ich fühle mich hier mit meiner Familie auf jeden Fall schon sehr wohl. Wenn ich in der Länderspielpause nach Antwerpen zu meinen Eltern fahre, ist das trotzdem noch einmal ein ganz besonderes Gefühl von „nach Hause kommen“.

Leben Ihre Frau und Ihre Tochter eigentlich dauerhaft mit Ihnen in Bremen?

Die meiste Zeit schon. Wenn wir Auswärtsspiele haben, sind sie häufiger in der Heimat. Außerdem ist meine Frau aktuell schwanger, und die Geburt ist in Belgien geplant. Deshalb ist sie mit meiner Tochter jetzt für einige Wochen nicht hier.

Sie sprechen es an: Im Oktober werden Sie zum zweiten Mal Vater – diesmal von einem Sohn. Wie groß ist die Vorfreude auf die schlaflosen Nächte?

(lacht) Bei meiner Tochter war das zum Glück gar nicht so schlimm, da hatten wir kaum Probleme mit dem Schlaf. Wir sind einfach sehr gespannt auf den Nachwuchs und freuen uns riesig, wenn es bald losgeht. Wie bei meiner Tochter wird es natürlich auch für den Kleinen sofort ein Werder-Trikot geben.

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Was bedeutet es Ihnen, Vater zu sein?

Es verändert einfach alles. Man schaut ganz anders auf die Welt. Wir leben für unsere Kinder. Vorher ist man selbst immer das Wichtigste, aber sobald man Kinder hat, verschiebt sich das komplett. Es ist verrückt, was da im Kopf passiert – für mich ist es das Schönste, was es auf dieser Welt gibt.

Zurück zum Fußball: Im Sommer standen Sie kurz vor einer Nominierung für die belgische Nationalmannschaft. Wie sieht der Kontakt mit dem Nationaltrainer aktuell aus?

Wir hatten im Sommer kurz Kontakt, weil es die Möglichkeit gab, dass ich nachrücke. Das hat dann aber nicht funktioniert. Vor der jetzigen Länderspielpause gab es keinen weiteren Austausch.

Was würde es Ihnen bedeuten, für die belgische A-Nationalmannschaft aufzulaufen?

Größer geht es eigentlich nicht. Das würde mir alles bedeuten. Wenn das passieren sollte, wäre es für mich ein wahrgewordener Traum.

In der belgischen Elf spielen viele internationale Top-Stars. Glauben Sie, dass Sie für eine Nominierung mit Werder europäisch spielen müssten?

Ich glaube nicht, dass es zwingend notwendig ist. Aber wenn man international spielt, kommt man irgendwann wohl nicht mehr daran vorbei (lacht). Entscheidend ist das aber nicht. Die Qualität in der Bundesliga ist hoch genug, um sich auch so zu empfehlen.

Seit Sie bei Werder sind, ging es Schritt für Schritt nach oben: Platz neun, dann Platz acht – also müsste jetzt Platz sieben folgen, oder?

(lacht) Guter Versuch. Wir wollen auf jeden Fall das Maximum aus dieser Mannschaft herausholen. Es macht Spaß, dass wir aktuell so viel frischen Wind im Team haben. Natürlich wollen wir das Beste erreichen, aber zuerst müssen wir als neue Mannschaft zusammenfinden und eine gemeinsame Energie entwickeln. Dann bin ich selbst gespannt, wo wir am Ende stehen.

Zum Abschluss noch ein Blick aufs Toreschießen: Gegen Leverkusen wären Sie beinahe zu Ihrem ersten Treffer für Werder gekommen. Ihr Kopfball landete aber an der Latte, Karim Coulibaly hat immerhin abgestaubt. Haben Sie sich trotzdem ein wenig geärgert?

Nur kurz. Eigentlich habe ich den Ball gut gegen die Laufrichtung des Torwarts gesetzt, aber er wollte sich einfach nicht senken und ging deshalb nur an die Latte. Trotzdem habe ich mich natürlich auch sehr für Karim gefreut, dass er sein Tor gemacht hat – er hat in seinem Debüt-Spiel so viel erlebt wie andere in 30 Jahren (lacht). Aber klar: Jetzt wird es auch Zeit, dass bei mir mal einer reingeht.

Haben Sie das Gefühl, dass es in dieser Saison so weit sein wird?

Ja, davon bin ich überzeugt. Sollte es wider Erwarten nicht passieren, dann muss ich der Mannschaft etwas anderes zurückgeben – was genau, müsste ich mir dann noch überlegen. Aber ehrlich gesagt beschäftige ich mich gar nicht groß damit, weil ich mir sicher bin, dass das Tor fallen wird.

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