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Taktik-Analyse Punkt gegen den Meister: Ole Werner bleibt sich treu

Werder Bremen punktet gegen Meister Bayer Leverkusen. Das Team von Trainer Ole Werner trat zu keinem Zeitpunkt als Außenseiter auf. Gerade das war das Erfolgsrezept, meint Taktikanalyst Tobias Escher.
27.10.2024, 11:29 Uhr
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Von Tobias Escher

Auf den ersten Blick sieht Werder Bremens Heimbilanz miserabel aus. Zwei Punkte haben sie aus vier Spielen geholt. Torverhältnis: 2:8. Ein Blick auf die Gegner relativiert jedoch Werders Sieglos-Serie: Gegen Borussia Dortmund (0:0) und den überraschend starken SC Freiburg (0:1) hielt Werder gut mit. Einzig gegen Rekordmeister Bayern München gab es eine 0:5-Klatsche.

Das bislang beste Heimspiel lieferte Werder am Sonnabend ab. Gegen Bayer Leverkusen gelangen Werder nicht nur die ersten Heimtore dieser Saison. Der umjubelte Punktgewinn dürfte auch die Stimmung im Verein heben. Werder kann sich auf die Fahnen schreiben, dem amtierenden Meister auf Augenhöhe begegnet zu sein.

Werner bleibt sich treu

Ole Werner liebt Kontinuität. Selbst gegen Double-Sieger Leverkusen sah er keinen Anlass, seine Marschroute zu verändern. Im Vergleich zum 4:2-Sieg in Wolfsburg nahm er nur einen Wechsel vor: Der angeschlagene Anthony Jung musste zunächst auf der Bank Platz nehmen, für ihn begann Amos Pieper. Das bedeutete, dass Leonardo Bittencourt erneut als Sechser neben Senne Lynen zum Einsatz kam.

Nicht nur personell, sondern auch taktisch setzte Werder auf die altbekannten Mittel. Die Bremer versuchten von der ersten Minute an, das Spiel an sich zu reißen. Die Dreierkette eröffnete das Spiel flach, während die Außenverteidiger weit vorrückten. Um im Aufbauspiel dennoch eine Überzahl zu behalten, ließ sich Bittencourt immer wieder in die Abwehr fallen.

Leverkusen machte in der Anfangsviertelstunde keine Anstalten, Werders Aufbauspiel zu pressen. Anstatt wie gewohnt im 3-4-3 mit drei Angreifern anzulaufen, zog sich Leverkusen in einem 5-4-1 zurück. Sie hielten die ballnahen Räume kompakt. Werder musste zwar einige Male Angriffe abbrechen, konnte aber insgesamt das Spiel dominieren.

Wirtz findet nicht ins Spiel

Werder konnte in der Anfangsphase das eigene Spiel durchziehen. Werder-Fans bekamen die altbekannten taktischen Elemente zu Gesicht: Mitchell Weiser rückte als Rechtsverteidiger immer wieder in die letzte Linie vor. Marco Grüll rückte von der halbrechten Position ins Zentrum, wo auch Marvin Ducksch sich umtriebig zeigte. Mit flachen Kombinationen über drei Stationen spielte Werder die eigenen Stürmer frei.

Im weiteren Angriffsverlauf setzte Werder auf Verlagerungen. Auch dieses taktische Mittel kennen Werders Anhänger: Bei Flanken wird der Ball bewusst auf den zweiten Pfosten geschlagen. Dort bietet sich der ballferne Außenverteidiger an. Dieser kann den Ball aufs Tor köpfen oder zurück an den Elfmeterpunkt legen. Werder kam über dieses taktische Mittel zu Chancen.

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Leverkusens Offensive blieb lange Zeit abgemeldet. Ihre Versuche, die halblinke Seite zu überladen, liefen ins Leere. Julian Malatini bewachte Florian Wirtz eng. Selbst wenn dieser von der halblinken Seite ins Zentrum wechselte, verfolgte Malatini ihn. Leverkusens wichtigster Kreativspieler war in der ersten Halbzeit abgemeldet.

Leverkusen findet nach und nach ins Spiel

Werder mag optisch das Spiel dominiert haben. Sie gingen trotzdem mit einem Rückstand in die Pause. Jeremie Frimpong zündete in der 30. Minute den Turbo, seine Flanke von der rechten Seite verwandelte Victor Boniface. Es war Leverkusens einziger Schuss aufs Tor in der ersten Halbzeit.

Leverkusen hatte schon in den Minuten zuvor Werders Ballbesitz-Monopol gebrochen. Sie liefen Werder nun früher an. Granit Xhaka rückte vor, um Bittencourt zu stellen. Zugleich spielte der Meister seine eigenen Ballbesitzphasen geduldiger aus. Werder setzte Leverkusens Doppelsechs nicht konsequent unter Druck, sodass Leverkusen Ball und Gegner laufen ließ.

Nach der Pause intensivierte sich Leverkusens Dominanz. Linksaußen Wirtz tauschte die Position mit Rechtsaußen Martin Terrier. Der Franzose hielt die Position als Linksaußen stärker. Damit band er nicht nur Weiser defensiv, sondern öffnete auch Räume für Linksverteidiger Alexander Grimaldo. Der Spanier zog in die Mitte und kontrollierte gemeinsam mit Xhaka und Robert Andrich das Zentrum. Während der Ballbesitz in der ersten Halbzeit noch ausgeglichen war, sammelte Leverkusen nach der Pause 65% Spielanteile.

Werner geht auf‘s Ganze

Wie bereits in der ersten Halbzeit fiel das Tor entgegen dem Spielverlauf: Werder nutzte einen Fehlpass von Edmond Tapsoba zu einem Gegenangriff, Ducksch köpfte den Ball ins Tor (74.). Leverkusen konnte mit dem folgenden Angriff die Führung jedoch zurückerobern. Erneut wurden ein schneller Antritt und eine flache Flanke Werder zum Verhängnis. Felix Agu drosch den Ball ins eigene Tor (77.).

In den Schlussminuten ging Werner volles Risiko. Werders Trainer brachte nach und nach mehr Offensivspieler. Die eingewechselten Spieler reichten einen Notizzettel herum, auf dem eine unorthodoxe Formation gestanden haben dürfte: In den Schlussminuten griff Werder im 3-1-3-3 an. Im zentralen Mittelfeld agierte hierbei Derrick Köhn hinter Romano Schmid und Ducksch.

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Werners Schachzug ging auf: Schmid erzielte den Ausgleichstreffer (90.). Köhn zog sich daraufhin auf die Linksverteidiger-Position zurück. Werder verteidigte die Führung ins Ziel – und das mit einer Doppelsechs aus Schmid und Ducksch.

Über neunzig Minuten betrachtet war das Unentschieden keineswegs unverdient. Werder überzeugte gerade in der ersten Halbzeit mit Spielfreude und Mut. Selbst gegen den Meister setzt Werner auf offensiven Fußball. Werders Fans dürften nach diesem Spiel Hoffnung schöpfen, dass das Nebelhorn noch bei vielen Heimspielen tröten darf.

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