Peter Eilers war hörbar erleichtert. „Hinter uns liegt eine arbeitsintensive Zeit“, seufzte der Vorsitzende des Wahlausschusses beim SV Werder Bremen. Kurz zuvor hatte der Verein die sieben Kandidaten für die Wahl zum neuen Aufsichtsrat veröffentlicht. „Wir haben uns mit über 30 Interessenten beschäftigt“, berichtete Eilers als Vorsitzender des siebenköpfigen Wahlausschusses: „Über 20 haben wir angehört.“ Immerhin sieben blieben am Ende übrig – ein Novum, denn bislang bekamen die Mitglieder immer nur genau vier Kandidaten für die vier freien Posten des Kontrollgremiums vorgeschlagen. Gerne wurde dann auch en bloc gewählt.
Doch durch die sportliche Krise mit dem Abstieg in die Zweite Liga als negativen Höhepunkt ist bei Werder einiges in Bewegung geraten. Die wegen der Corona-Pandemie im vergangenen November ausgefallene Mitgliederversammlung dürfte am 5. September im Wohninvest Weserstadion so spannend wie selten zuvor werden. Auch, weil prominente und kritische Interessenten wie TV-Moderator Jörg Wontorra oder Ex-Profi Benno Möhlmann in der Liste fehlen – genauso wie Maria Yaiza Stüven Sanchez aus der Fan-Szene. Das könnte für Unmut sorgen.
„Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“, beteuert Eilers. Dass es nach dem freiwilligen Ausscheiden von Ex-Profi Marco Bode künftig keine fußballerische Kompetenz mehr im Aufsichtsrat geben wird, sieht der 79-Jährige nicht so dramatisch: „Unsere Kandidaten sind alle dem Sport zugewandt, besitzen also sportliche Kompetenz. Aber die wirtschaftliche Kompetenz war uns diesmal besonders wichtig.“ Erstmals steht in Ulrike Hiller auch eine Frau zur Wahl, allerdings nur als Ersatzdelegierte. Mit einem Platz auf dieser Nachrückerliste musste sich auch Jörg Sommer begnügen. Diese sieben Kandidaten dürfen dagegen darauf hoffen, mit dem vom Verein bereits entsandten Marco Fuchs und Axel Plaat bis 2025 den neuen Aufsichtsrat zu bilden:
Harm Ohlmeyer
aus Röttenbach/Bayern
Ein Adidas-Top-Manager will sich in den Dienst des SV Werder stellen. Harm Ohlmeyer ist seit 2017 der Finanzchef des Weltkonzerns und ist seit gemeinsamen Zeiten bei dem Sportartikel-Hersteller mit Werder-Geschäftsführer Klaus Filbry bekannt. Ohlmeyer, 53 Jahre alt, stammt aus Hoya im Kreis Nienburg und ist seit jeher Werder-Fan. Spannend wird die Frage, wie Werders Ausrüster Umbro auf den Einstieg eines Vorstandsmitglieds eines Konkurrenten in den Aufsichtsrat des Zweitligisten reagieren würde.
Oliver Spalthoff
aus Bremen
Ein Mann der Wirtschaft, für den „stürmische Zeiten“ im wahrsten Sinne des Wortes zum Geschäft gehören. Spalthoff ist Geschäftsführer des in Bremen beheimateten Unternehmens Tractebel DOC (Deutsche Offshore Consult). DOC entwickelt Offshore-konzepte und berät bei der Umsetzung. Der 51-Jährige ist Diplom-Kaufmann mit Erfahrungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Investment-Banking sowie Unternehmensberatung und widmet sich der Windenergieforschung. Er unterhält berufliche Verbindungen zum Bremer Raumfahrtunternehmen OHB, dessen Vorstandsvorsitzender Werder-Aufsichtsrat Marco Fuchs ist.
Dr. Florian Weiß
aus Starnberg
Internet-Unternehmen sind sein Fachgebiet. Seit 2014 fungiert Dr. Florian Weiß als Geschäftsführer der Jameda GmbH, einem Portal, das Ärzte und Patienten zusammenbringen will, auf dem Patienten aber auch Ärzte bewerten. Zuvor hatte der 43-Jährige als Berater oder in führender Funktion bei anderen Internetunternehmen gearbeitet. Florian Weiß promovierte am Lehrstuhl Wirtschaftswissenschaften für Ingenieure und Naturwissenschaftler der RWTH Aachen und studierte Betriebswirtschaftslehre und Publizistik.
Oliver R. Harms
aus Bremen
An der Hochschule Bremen hat Oliver R. Harms einst „Angewandte Weltwirtschaftsstudien mit Schwerpunkt China“ studiert. Heute ist er in der Hansestadt genauso zu Hause wie im Reich der Mitte. Mehr als 25 Jahre hat der 53-Jährige in Asien verbracht und in der Zeit für etliche asiatische Firmen als Berater gearbeitet oder war und ist in Aufsichtsräten vertreten. Ein Wirtschafts- und Unternehmensfachmann. In seinem Lebenslauf darf ein Hinweis nicht fehlen: Harms ist lebenslanges Mitglied bei Werder Bremen.
Henning Lühr
aus Bremen
Als ehemaliger und langjähriger Staatsrat im Bremer Finanzressort bringt der 71-Jährige – am Tag der Mitgliedersammlung feiert er seinen 72. Geburtstag – zwei Kernkompetenzen mit: Er kennt sich aus mit knappen Finanzen aus und verfügt über weit verzweigte Netze in die Bremer Wirtschaft sowie die Bremer Politik. 18 Jahre lang saß Hennig Lühr bereits im Aufsichtsrat der Bremer Weserstadion GmbH.
Dirk Wintermann
aus Großenkneten
Der Mann aus der Mitte der Fans hat es tatsächlich auf die Wahlliste geschafft. Der „WFC 27801“ aus Dötlingen, der mitgliederstärkste Werder-Fan-Club, hat Dirk Wintermann für die Kandidatur motiviert. Der 54-Jährige dürfte somit als der Fan-Vertreter unter den Bewerbern geführt werden. Beruflich ist er Geschäftsführer eines familiengeführten Handwerksbetriebs.
Alexander Schnitger
aus Bremen
Mit 36 Jahren ist Alexander Schnitger der jüngste Bewerber. Er ist Mitgesellschafter der „Unternehmensgruppe Karl Geuther“, deren Firmen im Bereich Logistik und Handel tätig sind. Schnitger gilt als gut vernetzt im Bremer Mittelstand und trägt einen in der Hansestadt prominenten Namen. Sein Großvater Artur Schnitger war bis zu seinem Tod im Jahr 2005 ein außerordentlich engagierter Bürger und privater Förderer der Stadt.