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Verkauf von Weserstadion-Anteilen Wohninvest-Angebot: Viel Aufregung, aber wenig Alternativen

Die Bremer Weserstadion GmbH ist durch die Pandemie unverschuldet in Not geraten. Das Angebot der Firma Wohninvest ist naheliegend, birgt aber auch Risiken, meint Jean-Julien Beer.
27.01.2022, 15:32 Uhr
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Wohninvest-Angebot: Viel Aufregung, aber wenig Alternativen
Von Jean-Julien Beer

Dass sich Fußballromantik und hartes Geschäft schnell in die Quere kommen, lässt sich bei Fußballstadien besonders gut beobachten. Auch in Bremen. Das Weserstadion ist für Fans ein fast schon heiliger Ort. Hier wurde Geschichte geschrieben, mit großen Emotionen.

Die Fans lieben ihr Stadion – haben aber auch das Glück, dass sie eine solche Arena nicht bezahlen müssen. Denn in der Regel gibt es im Stadion nur bei Werders Heimspielen zwei Stunden Gänsehautmomente. An den meisten Tagen ist es primär eine teure Immobilie, deren Bau, Modernisierung und Unterhalt viele Millionen Euro verschlingt. Seit Beginn der Pandemie ist selbst die Regel mit den Heimspielen außer Kraft: Volle Zuschauerränge gibt es nicht mehr. Damit fehlen die Einnahmen, mit denen sich die Bremer Weser-Stadion GmbH (BWS) über Wasser halten konnte. Als ihr die Zahlungsunfähigkeit drohte, sprangen Stadt und Verein als gemeinsame Eigentümer ein und halfen mit einer Finanzspritze in Millionenhöhe. Damit ist die finanzielle Schieflage bis zum Ende dieser Saison ausgeglichen, mehr aber nicht.

Auch wenn es den Fans in der Seele wehtat: Aus heutiger Sicht war es eher ein Glücks- als ein Sündenfall, dass sich ein Jahr vor der Pandemie ein Sponsor fand, der pro Saison drei Millionen Euro für die Namensrechte bezahlt. Seither heißt es Wohninvest-Weserstadion. Der Vertrag läuft zehn Jahre, das Geld fließt auch in der zweiten Liga. Ohne diese Einnahmen wäre das Loch in der Stadionkasse viel größer ausgefallen.

Werder war einer der letzten Bundesligaklubs, die unter wirtschaftlichem Druck diese Namensrechte zu Geld machten. In allen betroffenen Städten sorgte das für Proteste. Doch in Bremen, wo der SV Werder finanziell zu kämpfen hat, ist es mit den Namensrechten allein nicht getan. Deshalb stieß die Firma Wohninvest mit dem Plan, sich noch stärker zu engagieren, bei Werder nicht auf taube Ohren.

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Die Idee ist auf den ersten Blick gut: Die Immobilienexperten wollen die VIP-Räume samt Infrastruktur nutzen, um Plätze für mobiles Arbeiten zu schaffen – für Firmen, Start-ups oder Einzelpersonen. Weil diese Räume im Stadion unter der Woche oft ungenutzt bleiben, klingt das eher naheliegend als revolutionär. Die Probleme ergeben sich auf den zweiten Blick, weil Wohninvest im Zuge dieses Geschäfts gerne Anteile am Weserstadion erwerben würde. Ein gewisser Argwohn vonseiten der Politik ist verständlich. Warum sollte man einem Partner mit eigenen wirtschaftlichen Interessen Anteile verkaufen, den man noch nicht lange kennt? Eine Vermietung wäre weit weniger riskant.

Bei Werder sieht man die Chancen: Der Verein könnte in seiner finanziellen Krise spürbar entlastet werden, schließlich müssen in den kommenden Jahren noch Kredite von mehr als 60 Millionen Euro für den Stadionumbau zurückgezahlt werden. Zins und Tilgung sind jedes Jahr eine Herausforderung.

Die Pläne von Wohninvest sind bisher nur eine Idee. Bei all der trotzdem schon entstandenen Aufregung muss man festhalten: Eine brauchbare Alternative gibt es noch nicht. Vielleicht ändert sich das, wenn im Februar der neue Geschäftsführer der Weserstadion GmbH beginnt. Er hat zuletzt in Dresden in Zusammenarbeit mit Stadt und Land Vorteile fürs dortige Stadiongelände herausgeholt. Dass ein externer Profi die internen Kandidaten für diesen Chefposten verdrängte, kam jedenfalls überraschend.

Andererseits darf man sich nichts vormachen: Das Weserstadion taugt nicht zum Goldesel. Die Möglichkeiten sind begrenzt. Wegen des Hybridrasens ist das Stadion für Open-Air-Konzerte nicht interessant, die Arenen in Hamburg und Hannover sind zudem größer. Und außer der Werder-Spiele sind wegen der Anwohner-Problematik kaum Großveranstaltungen möglich.

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Natürlich wäre es besser, Herr im eigenen Haus zu bleiben. Doch die Pandemie könnte dazu führen, dass man sich das nicht mehr aussuchen kann. Vorsicht ist dennoch geboten. Firmen wie Wohninvest ziehen nicht als Wohltäter durchs Land, sondern haben ein Gespür für lukrative Geschäfte.

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