Natürlich kennt er die Zahl. Ganz genau sogar. Aber nicht etwa, weil Marvin Ducksch selbst akribisch Statistik über seine Profikarriere führen würde, nein. Er kennt sie, „weil sie mir immer wieder gesteckt wird“, sagt der Stürmer des SV Werder Bremen schmunzelnd, der während des Auswärtsspiels gegen seinen Ex-Club FC St. Pauli (Samstag, 13.30 Uhr) seinen persönlichen Rekord von 18 Toren in einer Saison einstellen könnte. „Mein Fokus liegt natürlich darauf, dass wir das Spiel gewinnen, aber klar ist das mit dem Rekord auch eine gute Sache“, betont Ducksch, der am Mittwoch in einer Medienrunde Rede und Antwort stand. Dabei ging es neben erzielten Toren unter anderem auch um weniger Erfreuliches, um ein großes Ziel, eine große Schwäche – und eine Art Liebesbotschaft. Marvin Ducksch über …
… das Aufstiegsrennen: So eng wie im Frühjahr 2022 ging es an der Spitze der Zweiten Liga lange nicht zu. Lediglich zwei Punkte liegen nach dem 28. Spieltag zwischen dem Spitzenreiter Werder (52) und dem Vierten Schalke (50) – ein Abstand, der zu diesem Zeitpunkt seit Einführung der Drei-Punkte-Regel in der Saison 1995/1996 nie geringer war. Was bei den Fans für einen erhöhten Pulsschlag sorgt, lässt Marvin Ducksch allerdings kalt. „Ich beschäftige mich damit gar nicht so viel“, sagt der Stürmer – und macht eine ganz einfache Rechnung auf: „Wenn wir unseren Job machen, dann ist es egal, wie eng die Tabelle ist. Dann bleiben wir nämlich oben.“ Und dennoch: Ganz so nüchtern geht der 28-Jährige dann doch nicht in den Endspurt. „Mega heiß“ sei er auf die drei anstehenden Topspiele gegen St. Pauli, Nürnberg und Schalke, wobei Ducksch auf das Erstere ganz besonders brennen dürfte. Schließlich verbindet ihn mit dem Club vom Kiez eine nicht ganz einfache Geschichte.
... die Station St. Pauli: Es war eine dieser Beziehungen zwischen einem Fußballer und einem Verein, für die irgendwann einmal die Kategorie „großes Missverständnis“ erfunden wurde, denn mit Marvin Ducksch und dem FC St. Pauli hat es einfach nicht geklappt. „Ich hatte dort keine schöne Zeit“, blickt der Angreifer zurück, der von Juli 2016 bis Januar 2017 in zwölf Partien lediglich zwei Tore erzielt hatte, daraufhin für anderthalb Jahre nach Kiel verliehen wurde, seinen Torrekord aufstellte – und trotz laufenden Vertrags partout nicht nach Hamburg zurück wollte. St. Paulis Präsident Oke Göttlich drohte Ducksch damals mit der Tribüne, der Ärger zog sich über Wochen, ehe Fortuna Düsseldorf ihm ein Ende setzte und Ducksch fest verpflichtete. Trotz dieser Querelen – der grundsätzliche Blick des Stürmers auf den Kiezclub ist ein positiver geblieben: „St. Pauli ist für mich weiterhin ein geiler Verein, der ganz klar in die Bundesliga gehört.“
... die Gelbe Gefahr: Vier sind es schon, und werden es fünf, dann wäre das schlecht – für Marvin Ducksch, aber natürlich auch für Werder Bremen. Ins Topspiel beim FC St. Pauli geht der Torjäger mit der Hypothek einer drohenden Sperre, sollte er eine weitere Gelbe Karte sehen. Sorgen macht er sich deshalb aber nicht. „Ich habe meine vier Gelben Karten alle wegen Meckerns bekommen“, sagt Ducksch – und schlussfolgert daraus: „Wenn ich das in den Griff bekomme, beende ich die Saison auch mit vier Gelben Karten.“ Der Trend spricht dabei klar für den Stürmer: Seine bis dato letzte Verwarnung liegt nämlich schon lange zurück. Ducksch kassierte sie während des 1:1 im Hinspiel gegen St. Pauli, weil er seinem Unmut über eine Abseitsentscheidung etwas zu vehement Luft machte.
... Liebesgrüße von der Leine: Noch einmal würde er es sicher nicht so machen. Das hat Martin Kind, der Geschäftsführer von Hannover 96, nun gegenüber der „Neuen Presse“ erklärt und den Verkauf von Marvin Ducksch an Werder Bremen damit öffentlich bereut. „Schöner wäre, wenn er noch da wäre“, sagte Kind, der den Stürmer im August für 3,5 Millionen Euro gen Weser hatte ziehen lassen und seitdem mit ansehen muss, wie Ducksch Tore schießt – während Hannovers Offensive mehr als nur lahmt. Zum Vergleich: Vor seinem Wechsel hatte Ducksch wettbewerbsübergreifend drei Saisontore für Hannover erzielt, womit er bis heute eine bessere Quote aufweist als seine 96-Nachfolger Lukas Hinterseer (keine Tore), Hendrik Weydandt (1) und Cedric Teuchert (2). „Ich schaue mir noch alle Spiele von Hannover an“, sagt Ducksch – und spricht seinem Ex-Verein Mut zu: „Es ist schade, dass die Mannschaft so weit unten steht. Ich gehe aber davon aus, dass sie am Ende den Klassenerhalt schafft.“
... seine Zukunft: Bis 2024 läuft Ducksch' Vertrag bei Werder, und der Stürmer erweckt derzeit nicht den Eindruck, dass er zeitnah, womöglich schon im Sommer, andere Wege gehen könnte. „Ich bin glücklich hier, weil bei Werder alles für mich passt“, sagt Ducksch. Ob das allerdings auch bei einem verpassten Aufstieg so bleibt? Unwahrscheinlich, aber auch nicht unmöglich. Gegenüber der „Sport Bild“ hatte der 28-Jährige unlängst erklärt: „Sollte es nicht klappen, dann versuchen wir es in der neuen Saison wieder.“