Gelächelt hat er bis zum Schluss. Auch wenn es dazu rein sportlich überhaupt keinen Grund mehr gab. Beim SV Werder Bremen spielte Jiri Pavlenka nur noch eine Nebenrolle, als Ersatzmann von Michael Zetterer glitt ihm in dieser Saison die Bundesliga-Perspektive mehr und mehr aus den Händen – und dadurch auch der EM-Traum. Der Tscheche ertrug die missliche Lage höchst professionell, ein wenig Galgenhumor war aber auch nötig, wie eine kleine Anekdote vom vergangenen Mittwoch zeigt. Am Rande des Freundschaftsspiels in Garrel ließ Werders Medienteam einen Profi nach dem anderen vor ein Smartphone treten, um abzufragen, wer im Sommer eigentlich Europameister wird. Als Pavlenka an der Reihe war, schmunzelte er kurz und antwortete: „Ich nicht.“ Zwei Worte, die saßen. Mehr Tragikomik ging kaum, das Lachen blieb als Beobachter der Szene automatisch im Halse stecken. Dann ging der 32-Jährige weiter, schrieb noch ein paar Autogramme und verschwand im Bus. Auch beim Saisonausklang in Blumenthal am Freitag streifte Pavlenka, dessen auslaufender Vertrag nach sieben Jahren an der Weser nicht verlängert wird, nicht noch einmal die Handschuhe über. Eine allerletzte Gesprächsrunde mit den Journalisten gab es ebenfalls nicht mehr – weil er selbst nicht sonderlich erpicht darauf war. Und so wurde es ein ziemlich stiller Abschied eines Mannes, der jahrelang eine zentrale Figur im Bremer Spiel war.
Künftige Station von Pavlenka noch unbekannt
„Wir haben das zusammen besprochen. Pavlas hat gesagt, dass er diesen Ausklang jetzt nicht noch einmal braucht“, sagt Trainer Ole Werner. „Er war gern mit dabei, musste jetzt aber nicht noch einmal auf dem Platz stehen.“ Schon am Samstag folgte der endgültige Schlussstrich: Pavlenka stellte ein Foto bei Instagram ein, aus einem Flugzeugfenster ist ein letzter Blick auf den Airport zu sehen. Die kurze Botschaft des Torhüters: „Time to say goodbye“. Seine künftige Heimat ist noch unbekannt.
Exakt eine Woche zuvor, im Vorfeld von Werders-Bundesligafinale gegen den VfL Bochum, war Pavlenka offiziell im Stadion verabschiedet worden. Als er den obligatorischen Bilderrahmen samt Blumenstraße erhielt, brandete noch einmal großer Applaus auf, nach der Partie kletterte der Keeper in der Ostkurve zu den Fans auf den Zaun und wurde gefeiert. 221 Pflichtspiele hat Pavlenka für Werder bestritten, allein in der Bundesliga waren es 175. Lediglich Dieter Burdenski (444), Oliver Reck (345), Günter Bernard (287) und Tim Wiese (194) bringen es auf noch mehr. Bereits kurz nach seiner Ankunft im Sommer 2017 hatte er sich aufgrund seiner starken Reflexe auf der Linie den Spitznamen „Krake“ verdient. Nachdem die Torhüterposition jahrelang ein Problemfeld bei Werder gewesen war, kehrte dort wieder Ruhe ein.
Ganz ohne Schwächephasen kam aber auch Jiri Pavlenka nicht aus. Sein Spiel mit dem Ball am Fuß war ein Dauerthema, auch in puncto Strafraumbeherrschung gab es immer wieder Kritik von der Anhängerschaft oder den Medien. Und wahrscheinlich fielen die Defizite nicht nur dort auf. Denn das ganz große Angebot, das gerade in der Anfangszeit durchaus für Pavlenka hätte hereinflattern und für einen dringend benötigten, millionenschweren Transfererlös am Osterdeich sorgen können, gab es nie. So blieb der Tscheche dem Verein erhalten und betonte mehrfach, wie wohl er sich in Bremen fühle.
Und vermutlich würde er das noch immer tun, wenn die vergangene Hinrunde aus seiner Sicht nicht komplett in die falsche Richtung gelaufen wäre. Als Nummer eins gestartet, zwang Pavlenka eine Verletzung zu einer Auszeit. Doch als er wieder fit war, hatte das Trainerteam umgeplant und Michael Zetterer zum neuen Stammtorhüter erklärt. So blieb die 2:3-Niederlage gegen Hoffenheim vom 7. Oktober des vergangenen Jahres der letzte Pflichtspieleinsatz des Schlussmannes. Pavlenka ertrug die Schmach, stellte sich voll in den Dienst der Mannschaft und soll dem Vernehmen nach auch bis zuletzt keinen zur Schau getragenen Groll gegen die Entscheider gehegt haben.
Enttäuscht ist er natürlich dennoch gewesen, nicht nur wegen der geplatzten EM-Hoffnung. Auch er hätte sich ein anderes Ende bei Werder gewünscht. Nicht unbedingt lauter, denn ein echter Lautsprecher war Jiri Pavlenka nie. Medientermine hat er lieber seinen Teamkollegen überlassen. Deshalb ist sein jetziges Schweigen durchaus nachvollziehbar. Der 32-Jährige hat bevorzugt Taten für sich in den Spielen sprechen lassen. Und das ist ihm häufig sehr gut gelungen. Im Verein haben sie das nicht vergessen – und auf den Rängen schon gar nicht. Ganz so still hätte der Abschied dennoch nicht sein müssen.