Lange Zeit wirkte es wie ein Versteckspiel. Mit einem offenen Geheimnis. Denn bereits Mittwoch hatte die DeichStube berichtet, dass der SV Werder Bremen kurz vor dem Schließen des Transferfensters doch noch seinen Topstürmer Niclas Füllkrug verlieren würde. Der 30-Jährige hat sich am Donnerstag dann auf den Weg zu Borussia Dortmund gemacht, um dort den Medizincheck zu absolvieren. Sogar Fotos waren irgendwann aufgetaucht, die Füllkrug vor der BVB-Geschäftsstelle mit einem schwarz-gelben Trikot in der Hand zeigten. Doch die offizielle Bestätigung, die gab es erst um 21 Uhr. Vorher warteten die Dortmunder noch die Auslosung der Champions League ab. Jene internationale Bühne also, auf der sich Füllkrug demnächst in der Gruppenphase gegen so illustre Namen wie Paris St. Germain, AC Mailand und Newcastle United beweisen darf. 14 Millionen Euro Ablöse lässt sich der amtierende Vizemeister den Wechsel kosten, spätere Bonuszahlungen können die Summe weiter steigen lassen.
Werder will zeitnah Nachfolger präsentieren
„Borussia Dortmund ist ein sehr besonderer Verein. Ich habe mich riesig über das Angebot gefreut, denn der Schritt zu diesem Club ist genau der, den ich mir gewünscht habe“, wird Füllkrug, der einen Vertrag bis zum 30. Juni 2026 unterschrieben hat, auf der Internetseite seines neuen Arbeitgebers zitiert. „Beim BVB habe ich die Chance, mich als Spieler weiterzuentwickeln und neue Erfahrungen zu sammeln. Ich brenne auf die Aufgaben, die anstehen und will mit dieser Mannschaft so erfolgreich wie möglich sein. Das Stadion mit seinen außergewöhnlichen Fans als BVB-Profi zu erleben, kann ich kaum erwarten.“
Nicht ganz so euphorisch fiel die Reaktion verständlicherweise an der Weser aus – wenngleich die millionenschweren Einnahmen ein Trost sein dürften. „Wir haben von Beginn der Transferperiode an gesagt, dass wir Niclas sehr gerne halten wollten, uns aber zusammensetzen müssen, wenn ein Angebot reinkommt, das für alle Beteiligten passt. Das war jetzt der Fall, so dass wir am Ende die Entscheidung getroffen haben, Niclas zu verkaufen“, erklärte Clemens Fritz als Werders Leiter Profifußball. „Wir danken ,Fülle‘ für die herausragenden Leistungen in den letzten Jahren und wünschen ihm in Dortmund alles Gute.“
Am Osterdeich geht es nun darum, einen adäquaten Ersatz aufzutreiben. „Natürlich wollen wir noch etwas machen. Da sind wir dran“, betonte Fritz. „Ich denke aber, dass das eher am Freitag der Fall sein wird.“ Bis Freitagabend, 18 Uhr, haben die Verantwortlichen noch Zeit, um einen neuen Stürmer zu präsentieren, danach schließt das Transferfenster in Deutschland. „Wir haben mehrere Optionen, aber sicherlich gibt es auch einen Favoriten. Wir müssen am Ende schauen, was umsetzbar ist.“ Laut der französischen Sportzeitung „L’Équipe“ sollte Sekou Mara von Premier-League-Absteiger FC Southampton ein heißer Kandidat sein, doch nach Angaben der „Bild“ hat der englische Club eine entsprechende Anfrage der Bremer abgeblockt. Und zwar endgültig, wie es heißt.
Füllkrug soll rund sechs Millionen Euro verdienen
Fest steht zudem: Sportlich ist der Weggang von Torjäger Füllkrug ein herber Verlust. In den vergangenen beiden Jahren mauserte sich der Torjäger zum absoluten Leistungsträger, stieg zum Nationalspieler auf, wurde Torschützenkönig in der Bundesliga und zu einer Art Bremer Lebensversicherung. So gesehen wäre es nur zu verständlich, wenn jetzt ein ähnlicher Spielertyp verpflichtet werden würde. „Wir wären schlecht beraten, wenn wir versuchen würden, einen Spieler mit einer exakten Kopie des anderen Spielers zu ersetzen“, erklärte Chefcoach Ole Werner jedoch. „Wichtig ist, dass man schaut, welche Elemente der neue Spieler mitbringen kann, um der Mannschaft zu helfen.“ Wie genau diese aussehen sollen, blieb noch im Dunkeln. „Vorher möchte ich noch nicht über irgendwelche Skills sprechen. Man kann aber davon ausgehen, dass es natürlich ein Stürmer ist, in dem wir die Qualität sehen, dass er uns weiterhilft“, sagte Clemens Fritz. „Trotzdem: Egal wer kommt, wir sollten da alle auch ein wenig Geduld mitbringen.“
Niclas Füllkrug soll derweil laut „Sport1“ in Dortmund sechs Millionen Euro pro Jahr verdienen – und damit doppelt so viel wie im jüngst ausgehandelten Kontrakt, der bei eine Verlängerung an der Weser zum Tragen gekommen wäre. Doch beide Seiten hatten sich eine Hintertür offengelassen, falls es noch ein passendes Angebot geben sollte. Dieses ist jetzt da. Bei der Borussia ist die Mittelstürmer-Position eigentlich mit Angreifer Sebastien Haller besetzt, doch der Offensivmann dürfte Anfang 2024 für die Elfenbeinküste am Afrika-Cup teilnehmen und damit längere Zeit in der Bundesliga fehlen. Füllkrug will aber nicht nur in dieser Zeit auf sich aufmerksam machen, sondern gern schon vorher. Schließlich steht im kommenden Jahr die Heim-EM an, für die er sich empfehlen will.
„Niclas hat über Jahre hinweg seine Torgefahr unter Beweis gestellt und in der vergangenen Saison die Torjägerkanone gewonnen. Dank starker Leistungen ist er mit Recht eine wichtige Säule im Sturmzentrum der Nationalmannschaft“, lobte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl Werders bisherigen Vize-Kapitän. „Niclas brennt für die Aufgabe bei Borussia Dortmund. Wir freuen uns auf diesen positiven Typen, der sich für unseren Club zerreißen wird.“ Mit welcher Vehemenz er das tut, hat er jahrelang bei Werder bewiesen.