Der Zeitpunkt wäre durchaus günstig gewesen, so kurz vor dem Ende der Winterpause und mit dem Aufschwung von zuletzt drei Siegen in Serie im Rücken. Werder Bremen ließ ihn am Donnerstag aber trotzdem verstreichen. Und zwar ganz bewusst. Während der offiziellen Pressekonferenz vor dem Zweitliga-Jahresauftakt gegen Fortuna Düsseldorf (Sonnabend, 13.30 Uhr) verzichtete der Verein einmal mehr darauf, die direkte Rückkehr in die Bundesliga als Saisonziel auszugeben. Heißt: Das Wörtchen „Aufstieg“, es fristet am Osterdeich auch im Januar 2022 noch immer ein Schattendasein, wabert zwar ganz bestimmt durch Kabinentrakt, Fitnessraum und Geschäftsführerbüros, nur verschwindet es eben sofort wieder, sobald sich die Verantwortlichen öffentlich äußern. Ändern wird sich das nicht so schnell, was Trainer Ole Werner aber keinesfalls als mangelnden Ehrgeiz fehlinterpretiert wissen möchte. Ganz im Gegenteil.
Für den 33-Jährigen liegt in der verbalen Zurückhaltung eine Art Grundvoraussetzung dafür, um das unausgesprochene Ziel am Ende tatsächlich erreichen zu können. „Es bringt mir doch vor allem etwas, das Ganze in kleinen Schritten zu sehen. In welcher Situation sind wir jetzt? Was können wir direkt beeinflussen? Insofern ist unser erstes Ziel, dass wir nach der Winterpause wieder gut in Tritt kommen“, sagte der Trainer. Auf diese Sprachregelung hatte er sich unter der Woche bei einem Treffen mit dem Mannschaftsrat geeinigt. Jetzt lieber keine große Schlagzeile mit dem A-Wort liefern, sondern möglichst viele kleine Überschriften durch erfolgreiche Spiele, die das Thema dann in ein paar Wochen von ganz allein in den Fokus rücken. Werner: „Wir wollen uns in eine Situation bringen, in der wir über die Dinge mitentscheiden können, wenn es im April in die heiße Phase der Saison geht.“ Gegen Düsseldorf will Werder am Samstag damit anfangen.
Durch ihren starken Jahresendspurt haben sich die Bremer in der Tabelle bis auf einen Punkt an den Relegationsplatz herangekämpft. Das soll in 2022 auf keinen Fall direkt wieder verpuffen, sondern fortgeführt werden. „Ich erwarte einen ganz heißen Tanz“, betonte Werner, der zuvor ausführlich die Stärken des Gegners hervorgehoben hatte. Der aber auch wissen dürfte, dass die Fortuna sie während der ersten 18 Saisonspiele nur äußerst selten hatte zur Geltung bringen können. Aktuell rangiert der Traditionsverein nur auf Rang 13 und darf deshalb getrost als eine der großen Enttäuschungen der bisherigen Serie bezeichnet werden. Werder geht also eindeutig als Favorit ins Spiel.
Werder Bremen: Ole Werner will von Spiel zu Spiel schauen
„Es ist zu spüren, dass meine Mannschaft erfolgreich sein will“, sagte Werner über seine Eindrücke während der Winterpause. Düsseldorf sei auf diesem Weg ein „erster, gewichtiger Baustein“. Danach – ganz unabhängig vom Ausgang der Partie – stellt sich eine neue Situation dar, die Werner wieder so angehen will, wie er jetzt Düsseldorf angeht: „Wir können nichts links und rechts liegen lassen, sondern müssen immer alle Konzentration auf den Moment richten.“ Es ist ein Credo, das in den Augen des Trainers gerade für Werder fast schon alternativlos ist, „weil du nicht im Vorwege weißt, welche Unwägbarkeiten sich dir noch bieten werden. Das hat doch das letzte halbe Jahr gerade hier in Bremen gezeigt“.
Fest steht: Eine dieser Unwägbarkeiten ist die Pandemie, ist das Coronavirus, das längst bei allen Vereinen für eine nicht vorhersehbare Personal-Lotterie gesorgt hat. Vor dem Düsseldorf-Spiel sind Werders jüngste Fälle (Veljkovic, Friedl, Füllkrug, Mbom) zwar rechtzeitig zurückgekehrt. Niemand weiß aber, wie es in einer Woche, ja nicht einmal, wie es morgen aussehen kann.
„Ich kann es nicht beeinflussen. Ich kann nur mit den Situationen, die sich daraus vielleicht ergeben, bestmöglich umgehen“, sagte Werner, dessen aktuelle Aversion gegen das Wort „Aufstieg“ womöglich auch darin begründet liegt. Wie gesagt: Erstmal Düsseldorf. Danach dann weitersehen. Und im besten Fall die eigene Position schon etwas verbessert haben. „Wir sind als Siebter der Verfolger, weil sechs Mannschaften vor uns stehen und uns in ihrem Rückspiegel sehen“, hielt Werner ganz nüchtern fest – und sprach plötzlich beinahe doch noch vom Aufstieg, ohne den Begriff dabei zu benutzen: „Unsere Aufgabe ist es, den einen oder anderen noch zu überholen.“ Vier Teams könnten am Ende schon reichen.